^ Kandern: Töpferkunst so weit das Auge reicht - Kandern - Verlagshaus Jaumann

Kandern Töpferkunst so weit das Auge reicht

Ines Bode
Hingucker: Ein perfekter Esstisch - sogar mit Rosen. Foto: Ines Bode

Keramikmarkt in Kandern

Gewittergesichter und solche, die dem Betrachter die Zunge rausstrecken; andere Gesichter lachen, haben aber böse Augen: Im Töpferhandwerk sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, wie die kreativen Objekte bei der jüngsten Auflage des Keramikmarktes bewiesen.

Grimmige Motive

Ein antikes Thema, klärt Jörg Treiber aus Ettenheim auf. Wasserspender habe es etwa an gotischen Kathedralen gegeben. Seine Wasserspender sind die Abläufe von Blumenkästen und -töpfen. Ursprünglich waren es runde Öffnungen, die zu illustren Gesichtern wurden. Sein Stand in der Fischermühle zeigt eine Vielzahl an Unikaten, wo der Humor Pate stand. Ob er auch Engel mache, wurde er schon gefragt, was er verneinte – lieber die grimmige Mimik. Es ist ruhig am Samstagnachmittag. Kein Gedränge, kein Gequetsche, so dass die Anbieter Zeit für ein Schwätzchen haben. Genaues Hingucken lohnt sich auch bei Juliane Craemer aus Schwörstadt. Sichtbar favorisiert sie Pastellfarben.

Geschirr in Pastellfarben

Zarte Eleganz verströmt ihr blaues, graues und rosafarbenes Geschirr. Gegenüber bei Hildegard Dill-Franke aus Kaiserslautern geht es um Kunstobjekte. Zwei schwarze Figürchen im Anzug-Look zieren viele Exponate. Die meisten haben den Kopf eines Vogels. Es gehe ihr um die Körperhaltung. Ein Pärchen sitzt synchron auf einem, ja, was eigentlich? Ein Kanu? Craemer freut sich über Mutmaßungen. Sie wolle Raum für Interpretation lassen, erklärt die studierte Psychologin. Noch ulkiger wird’s bei Eva von Ruckteschell. Einem Eyecatcher gleich präsentiert sie ein „Weinendes Schloss“. Immer wieder bleiben Besucher stehen. Eine Oma rätselt mit den Enkeln, was sich damit anfangen ließe. „Für Blumentöpfe“ schlägt das Mädchen vor. Doch womöglich gehe es kaputt? „Nein“, meint die Schöpferin aus Freiburg. Keramik halte einiges aus, es sei denn, sie falle runter. Das Schloss sei eine Wettbewerbsarbeit und erhielt gar einen Preis in Hüfingen, berichtet Ruckteschell. „Die Rosen weinen“, findet sie.

Gewollt unvollendet

Ihre Technik versprüht den Vintage-Charme, mit unförmigen Rosen und schiefen Gefäßformen. „Unvollendet“, nennt es die Kunstschaffende, soll heißen: Absolut gewollt. Eine Mutter mit zwei Kindern und einer sehr großen Tasche inspiziert derweil den Stand mit sehr kleinen Ketten. Kindliche Anhänger zieren Tiergesichter. Eine schöne Idee. Das gilt auch für die Auslagen auf dem „Eck-Podest“ des Blumenplatzes. Schön und schöner werden die Einzelstücke, etwa acht Butterdosen in gleicher Größe aber unterschiedlich in Muster und Farbe. Geradezu herrschaftlich kommt das Geschirr daher, das in betagt wirkenden Schränken und auf einem Tisch-Stühle-Ensemble thront. Aufwändig und liebevoll gearbeitet etwa kleine Kannen, mit Dekor versehen. Den geriffelten Deckel ziert ein kunstvoller Knopf plus Henkel aus gewundenem Draht und praktischem Holzgriff. Wie im Märchenfilm.

In Pastellfarben: Keramik wie im Märchenfilm. Foto: Ines Bode

Zurück auf dem Platz geraten schöne runde Tassen ins Auge. Runde halten den Tee länger warm als gerade, gibt Ina Arb Auskunft. Zudem sei es ein schönes Gefühl, ein bauchiges Trinkgefäß in den Händen zu halten.

Dem Ruf Kanderns gefolgt

Erstmals sei die aus dem Kreis Biberach stammende Keramikerin in Kandern, das ganz klar einen Ruf als Töpferadresse habe. Einen Ruf, wenngleich drei Nummern kleiner, hat sich auch Ines Verschl aus Emmendingen erarbeitet. Mitten im Durchgang hat sie zwei gedeckte Tische platziert, die mit herrlichen Rosensträußen punkten. Damit sich die Leute ihre Exponate besser vorstellen können, sagt sie. Ihre Stammkunden kaufen gern nach, und fragen nach Neuem. Dieses Mal seien dies eckige Platten. Darauf, wie daheim alles aussehen könnte, setzte auch Ruth Eigelshoven. Es verdeutlicht sich, schwarz ist ihre Farbe. Ein Grund ist der Kontrast. Rote Peperoni zieren schwarzes Essgeschirr. Ein Blickfang. Und es gibt Eier. „Hart gekocht und heute schon mehrfach angesprochen“, wie sie schmunzelt. Die beiden Frauen aus Emmendingen erzählen unabhängig, es werde jedes Jahr besser.

Die Geschäfte laufen

Die Geschäfte laufen. Stehen indes, und zwar auf sicherem Boden, das tat ein großes Gefäß, ähnlich einem Gurkentopf. Ein prachtvoller Topf. Sein Schöpfer aus Lahr spricht von einer Vase. Darin kann man sich ein Stück Treibholz vorstellen. Nebenan zieht Baron Münchhausen die Blicke auf sich. Und ein paar Meter weiter Max und Moritz beim Schornstein angeln. Der Baron sei eine Auftragsarbeit, den habe er zweimal angefertigt und der Zwillingsbaron werde nicht verkauft, schmunzelt der Töpfer aus Villingen-Schwenningen. Jutta Becker reiste aus Karlsruhe an, und brachte Tassen mit einem Sprung mit. Bei näherem Hinsehen entpuppte sich der Sprung als feines graues Blütengespinst. „Meine Lieblingsblume, der Doldenblütler“. Daheim horte sie viele Ideen, und beim Tassensprung respektive Blütengespinst habe sie ein wenig ums Eck gedacht, lässt sie an ihrer fantasievollen Arbeit teilhaben.

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