Kandern „Wir leben nicht auf einer Insel“

Zoë Schäuble

Landwirtschaft: Werner Räpple betont die Notwendigkeit von Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit

Kandern -  Das vor einem Jahr erlassene Biodiversitätsstärkungsgesetz, das unter anderem ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Naturschutzgebieten ab dem 1. Januar 2022 vorsieht, stellt viele Landwirte vor besondere Herausforderungen. Gesetze wie dieses, welche die Artenvielfalt langfristig schützen und bewahren sollen, haben auch wirtschaftliche Auswirkungen, weiß Werner Räpple, Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV).

Wie sich Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit verbinden lassen, zeigen Modellbetriebe wie der Holzener Sutterhof. Interessierte landwirtschaftliche Betriebe können vom Regierungspräsidium Freiburg und dem Ministerium Ländlicher Raum Baden-Württemberg Fördermittel in Anspruch nehmen, um Projekte wie den Schutz der Biodiversität und die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln umzusetzen. „Das seit 2019 etablierte Netzwerk von Modellbetrieben soll auf lange Sicht flächendeckend ausgeweitet werden“, erklärt Räpple.

Seit 2015 bekommen Landwirte mit dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) vom Land Unterstützung für ihre nachhaltig wirtschaftenden und ökologischen Betriebe. „Weil die Landwirte, die ökologischen Landbau betreiben – und dabei eine besonders umwelt- und tiergerechte Form der landwirtschaftlichen Erzeugung umsetzen – oftmals weniger erwirtschaften als mit der konventionellen Landwirtschaft, werden sie mit dem FAKT-Programm unterstützt.“ Teilnehmer müssen bestimmte Anforderungen erfüllen und werden von einer unabhängigen Stelle kontrolliert.

Dass seitens der Landwirte eine große Bereitschaft besteht, in ihren Betrieben ökologisch und damit umweltschonend zu wirtschaften, beweist unter anderem die große Anzahl der am Programm teilnehmenden Höfe. Räpple verdeutlicht: „Wenn die entsprechende Unterstützung da ist, zeigt die Erfahrung, dass die Landwirte sehr offen sind.“

Biodiversität und Ernährungssicherung

Dem Präsidenten des BLHV ist es ein besonderes Anliegen, die Gesamtheit der Thematik nicht aus dem Blick zu verlieren: „Biodiversität zu stärken, aber gleichzeitig die Ernährungssicherung zu gewährleisten – das ist nicht immer leicht miteinander zu vereinbaren.“ Beispielhaft könne man dies am Getreide- oder Maisanbau verdeutlichen. „Beim Getreideanbau sät man Niedrigsaaten wie Klee mit aus. Wenn das Getreide abgeerntet wird, lässt man den Klee stehen. Der Kleeacker kann dann über das Jahr hinweg als Tierfutter verwendet werden.“

Aber nicht alle umweltschonenden Maßnahmen lassen sich so einfach anwenden und sind zeitgleich wirtschaftlich. „Am Sutterhof wird ein Gemisch aus Mais und Bohnen gepflanzt. Die Bohnensaat ist allerdings sehr teuer.“ Zudem könne vom Mais so nicht mehr das reine Korn verwendet werden und der Anbau werde als Tierfutter verarbeitet. „In diesem speziellen Fall lässt sich das so umsetzen, da die Sutters Fleckvieh halten.“

Eine Versamung des stehengelassenen Unkrauts zwischen dem Saatgut und die Wetterbedingungen führten aber auch dazu, dass der Druck auf den Boden immer weiter wachse und die Kulturpflanze bisweilen deutlich belaste.

Betriebe stehen im Wettbewerb

Mit Beschlüssen und Programmen wie dem Biodiversitätsstärkungsgesetz werde die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit mitunter auf die Probe gestellt. „Wir produzieren und wirtschaften im europäischen Binnenmarkt. Die Grenzen sind offen zu Drittländern. Wir leben nicht auf einer Insel und die Landwirtschaft muss zusehen, wie sie wettbewerbsfähig bleibt.“

Trotz dieser Umstände blickt Räpple positiv gestimmt in die Zukunft: „Die Modellbetriebe eignen sich ideal, um Vorhersagen zu treffen und Bilanz zu ziehen.“ So könnten künftig weitere Maßnahmen zur Stärkung der Biodiversität umgesetzt und die Landwirtschaft ökologisch und wirtschaftlich geführt werden.

Werner Räpple ist selbst als Winzer und Obstbauer in Oberrotweil am Kaiserstuhl tätig. Seit fast vier Jahrzehnten ist er in führenden berufsständischen Ämtern aktiv. 1981 begann seine Laufbahn in Südbaden mit der Wahl zum Vorsitzenden des Bundes Badischer Landjugend (BBL). Es folgten Stationen als Vorsitzender des Kreisverbands Freiburg des BLHV (1990 bis 2005) und als dessen Vizepräsident von 1991 bis 2003. Seit 18 Jahren ist er Präsident des BLHV.

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