^ Kandern: Zwei Mumien und zwei Vermisste - Kandern - Verlagshaus Jaumann

Kandern Zwei Mumien und zwei Vermisste

Birgit-Cathrin Duval
Die Baronin (v. r.) mit ihren Liebhabern Rudolf Lorenz und Robert Philippson Anfang der 1930er-Jahre Foto: Waldo Schmidt

Im Jahr 1929 wandert ein Wollbacher auf die Galapagos-Insel Floreana aus und kommt wenige Jahre später unter mysteriösen Umständen ums Leben. Unsere Serie erzählt die Geschichte von Friedrich Ritter und der „Galapagos-Affäre“.

Im fünften Teil berichten wir, wie neue Einwanderer das Leben auf Ritters Farm „Frido“ auf den Kopf stellen:

Mit der Ankunft neuer Aussiedler im August 1932 ist Schluss mit dem Einsiedlerleben, das sich Ritter zeitlebens gewünscht hat. Angelockt von den schwärmerischen Reportagen, die sie in diversen Zeitschriften und Zeitungen über Dore und Friedrich Ritter gelesen haben, kommt Heinz Wittmer mit seiner schwangeren Frau Margret, Sohn Harry und zwei Schäferhunden nach Floreana. Sie finden alles andere als ein Südseeparadies vor. Margret Wittmer schreibt später in ihrem Buch „Postlagernd Floreana“: „Wir wagen kaum zu atmen. So trostlos sieht alles aus. Und hier wollen wir leben. Hier soll das Paradies sein?“ Anders als Ritter und Strauch flüchteten die Wittmers vor der Wirtschaftskrise in Deutschland und in der Hoffnung auf ein gesundes Klima für ihren kranken Sohn Harry.

Auch Dore und Friedrich sind der resoluten Margret nicht geheuer. Über Ritter schreibt sie: „Wenn ich ihm allein begegnet wäre, wäre ich wahrscheinlich vor Angst davongelaufen.“ Und für Dore, die sich für Philosophie und fernöstliche Lehren interessiert, hat sie nichts übrig. Als Nachbarn respektieren sie sich, bleiben aber auf Abstand.

Baronin landet an

Am 18. September 1932 bricht auf der Nachbarinsel Isabela ein Vulkan aus. Über dem Meer bilden sich glutrote Wolken. Eine apokalyptische Stimmung hängt über der Insel. Als wäre der Vulkanausbruch ein Vorbote der kommenden Ereignisse.

Mitte September oder Anfang Oktober 1932 landet ein Schiff an. Es bringt die lang ersehnte Post und unerwartet neue Besucher: Die österreichische angebliche Baronin Eloise Wagner de Bousquet mit ihren Liebhabern Rudolf Lorenz und Robert Philippson.

Die Baronin, die sich gerne mit Pistole und Reitpeitsche zeigt, hegt große Pläne. Sie erklärt sich zur Kaiserin von Floreana und schildert den perplexen Siedlern, dass sie ein Luxushotel für reiche amerikanische Yachtbesitzer aufbauen will. Das Leben auf der Insel gerät zum Dschungelcamp. Ein erster heftiger Streit entbrennt um die einzige Quelle. Selbst während der Dürreperioden nimmt die „Baronin“ ausgiebige Bäder, dessen seifige Abwässer in Dores Küche enden, und sie stiehlt sogar das Milchpulver, das für Margrets Baby bestimmt ist. Auch andere Lieferungen, sogar die Post wird von ihr beschlagnahmt.

Die Konflikte schwelen weiter und als Ritter sich schriftlich an den Gouverneur wendet, bezirzt die Baronin diesen bei einem Inselbesuch derart, dass er ihr für ihre Pläne großzügige Unterstützung zusagt. Schließlich will sie ja den Tourismus auf der Insel ankurbeln.

Stoff für die Klatschpresse

All das bietet der Klatschpresse neuen Stoff und zieht in der Folge noch mehr neugierige Besucher an, die mit ihren Schiffen Floreana einen Besuch abstatten.

Rudolf Lorenz plagen gesundheitliche Probleme, sein Gejammere geht der Baronin auf die Nerven. Nebenbuhler Philippson verprügelt ihn immer wieder und die beiden missbrauchen den gefügigen Lorenz als Arbeitssklaven. Er kommt häufig zu den Wittmers und auch zu Dore und Friedrich und beklagt sein Schicksal. Er will nur noch fort von der Insel. Die Wittmers bieten ihm vorübergehend eine Bleibe an.

Im März 1934 kommt die Baronin zu den Wittmers und verkündet, dass Freunde sie und Philippson eingeladen hätten, mit nach Tahiti zu segeln. Lorenz solle auf die „Hacienda Paradiso“, wie sie ihre bescheidene Behausung nennt, (die Hotelpläne wurden nie verwirklicht), aufpassen.

Drei Tage später kommt Lorenz zu den Wittmers zurück. Die Baronin und Philippson seien fort, am Strand hätte er einige Spuren entdeckt. Die Baronin hätte einen großen Teil ihrer Sachen ausgeräumt, erklärt er den Wittmers.

Todesursache unklar

Dore Strauch schildert die Ereignisse ganz anders. Sie und Friedrich hätten an jenem Tag gegen zwölf Uhr mittags einen Schrei gehört. Als sie gemeinsam zur Hacienda gehen, bemerkt Dore, dass sich einige der wichtigsten Besitztümer der Baronin noch an Ort und Stelle befinden. Die Baronin und Philippson bleiben verschwunden, Lorenz ergreift die nächste Gelegenheit, die Insel zu verlassen. Mit dem Norweger Nuggerud und seinem Fischkutter verlässt er Mitte Juli Floreana.

Doch das Schiff sollte nie sein Ziel, die Insel Chatham, erreichen. Am 21. November findet die Crew eines amerikanischen Fischdampfers auf der Marchena-Insel zwei mumifizierte Leichen. Es sind die sterblichen Überreste des Norwegers und Rudolf Lorenz, die auf der unbewohnten Insel qualvoll verdurstet sind.

Die Baronin und Philippson sind spurlos verschwunden, Lorenz ist tot. Ritter schildert gegenüber Zeitungen, dass er an einen Selbstmord glaube, dann wiederum beschuldigt er Heinz Wittmer. Hat womöglich Friedrich Ritter die Baronin auf dem Gewissen?

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