Kleines Wiesental „Ein magischer Ort für Tanz“

Markgräfler Tagblatt

Kultur: Internationales Tanzfestival ist vom Rosenhof in Schwand in den Weideschuppen Wies umgezogen

Das Kleine Wiesental entwickelt sich immer mehr zu einem Tanzmekka. Nachdem das Internationale Tanzfestival aus dem Kulturraum Rosenhof in Schwand in den Weideschuppen nach Wies umgezogen ist, spielen jetzt auch die Wetterkapriolen keine Rolle mehr.

Von Jürgen Scharf

Kleines Wiesental. Treue Rosenhof- und Festivalbesucher erinnern sich, dass früher schon mal Wasser vom Zeltdach über der Freilichtbühne floss und weggewischt werden musste. Das kann in dieser Halle, in der sonst Traktoren und Lkws stehen, so schnell nicht mehr passieren.

Zudem hat der Kulturraum in die Infrastruktur investiert, mit einem Tanzboden, der zwar für die Tänzer etwas hart ist, aber viel Fläche bietet. Das Bühnenlicht wurde perfektioniert mit installierten Scheinwerfern, so dass der urige Holzschuppen inzwischen „ein magischer Ort“ für Tanz“ geworden ist. Rosenhof-Chefin Pilar Buira Ferre betont denn auch, dass sich die Künstler in der Wieser Halle „total glücklich fühlten“. Auch das „Tete a tete“ mit den Zuschauern würde den Tänzern sehr gefallen.

Alle vier Abende waren sehr gut besucht, zwei sogar ausverkauft. Man erlebte große Tanzkontraste bei den gastierenden internationalen Compagnien. Auf einen spektakulären Abend voller Vitalität, Sprungkraft, Wahnsinnsdruck und Sogwirkung durch synchrone Gruppenbewegungen der Compagnie Linga aus der Schweiz („Flow“) folgte ein eher ruhiger Abend, der aber auch mit 75 Besuchern voll besetzt war.

Aus Paris war dazu der Choreograf und Tänzer Martin Grandperret gekommen, zusammen mit der Tänzerin Anusha Emrith, die unter dem Titel „Les autres Soi“ einen Tanzabend der anderen Art vorstellten: mehr sinnlicher Natur, begleitet von einer Kombination Querflöte/Saxophon (Samy Thiébault) mit klassisch-moderner Musik. Da ist ständig ein Gehen und die beiden Körper durchqueren einen Raum, als wäre es ihre Lebensgeschichte. Davor waren vier kurze Tanzfilme zu sehen, ein Lockdown-Projekt von und mit Tänzern des Basler Balletts.

Hat das Festival mit einer getanzten und erzählten Geschichte mit zwei Tänzern und großen Puppen der Thomas Noone-Compagnie aus Barcelona angefangen, so war der letzte der abwechslungsreichste mit vier sehr unterschiedlichen Kurzchoreografien.

Elf junge Tänzerinnen und Tänzer, die an der Basel Dance Academy studieren und auf dem Weg zu einer Tanzlaufbahn sind, stellten sich ganz in Weiß gekleidet und mit leuchtenden Stirnlampen in einer Choreografie von Frank Fannar Pedersen vor, den Tanzfans als grandiosen Solisten vom Basler Ballett kennen. Effektvoll inszeniert, wie sich die Nachwuchstänzer im Dunkeln mit den Lichtern bewegen und schon hervorragende Ensembledisziplin zeigen.

Zwei Gruppenchoreografien bildeten die Klammer des Abends, während dazwischen zwei sehr verschiedene Soli zu sehen waren. Linda Pilar Brodhag aus Argentinien, die von der Folkwang-Schule kommt, zeigte subtilen Ausdruckstanz zu einem besonderen Sounddesign mit Wassermusik und Tropfgeräuschen. Eine anfänglich noch ruhige Bewegungsstudie über einen Wellenschlag, der dann aber immer mehr in wogende Wellenbewegen übergeht bis hin zum bedrohlichen Wellengang. In einem richtigen Strudel flutet es dann zum Höhepunkt hin.

Eher exzentrisch, expressiv und extrem im Zittern und Verrenken ist die Körpersprache von Michael Bronczkowski, einem tollen Tänzer, wie auch das Publikum durch starken Applaus bestätigte, der in einem Stück zusammen mit dem Choreografen Kirill Berezowski die Geschichte eines balinesischen Rituals („Tag der Stille“) darstellte.

Beim Festival dieses Jahres gab es ein Thema: Menschen. Darauf bezog sich auch das Stück „Citoyen“ von Pilar Buire Ferre, das sie mit drei Mitgliedern ihres Ensembles „Vis à Vie“ einstudiert hat und in dem sie selber mittanzte. Es ist eine Hommage an Menschen, die ein neues Zuhause suchen. Eine Fluchtgeschichte, wie sie sich tagtäglich in der Immigrantenszene abspielt, wo viele tausend Menschen fliehen müssen. Das Schlussbild deutete ein Schiff an und eine Welle, die immer weitergeht.

Die Choreografie ist noch nicht ganz vollendet; sie soll einmal 45 Minuten dauern und im Herbst auf Einladung beim Leipziger Tanzfestival gezeigt werden.

Von „vier intensiven Tagen“ sprach die Festivalleiterin beim Finale und bedankte sich für die Leidenschaft der Besucher, die den Weg ins Kleine Wiesental gefunden haben. Sie meint, es brauche solche neuen Impulse von Kultur im ländlichen Raum.

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