^ Kleines Wiesental: Ein Schleier der Verzauberung - Kleines Wiesental - Verlagshaus Jaumann

Kleines Wiesental Ein Schleier der Verzauberung

Markgräfler Tagblatt

Kulturhaus Ried: Vierte Doppel-Lesung mit den Autoren Ulrike Ebert und Wendelinus Wurth

Die vierte Doppel-Lesung im Kulturhaus Ried glich von Beginn an einem Zusammentreffen alter Freunde: Initiator Markus Manfred Jung und die beiden Autoren Ulrike Ebert aus Lörrach und Wendelinus Wurth aus Gutach kennen sich bereits seit Studienzeiten.

Von Dirk Friberg

Kleines Wiesental-Raich. In diese familiär-freundschaftliche Atmosphäre integrierten sich auch die Gäste. Die angeregten Gespräche schon beim Sektempfang ließen fast vergessen, dass man zu einer Lesung zusammengekommen war.

Sonja Eiche, Vorsitzende des Brauchtumsvereins, unter dessen Dach die AG Kulturhaus solche Veranstaltungen ausrichtet, begrüßte die erwartungsvoll Platz nehmenden Gäste und übergab das Wort an Jung, der die in Lörrach gebürtige und in Freiburg lebende Autorin Ulrike Ebert dem Publikum als gute Freundin vorstellte.

Die Autorin begann, einen „Lebensfaden“ aus Sicht der Protagonistin zu spinnen: Zu Beginn war es das Kind, das schilderte, wie es die umgebenden Dinge wahrnimmt: staunend, beobachtend, fasziniert, mitunter auch schon wertend. Ulrike Ebert malte mit ihren Worten Bilder auf eine imaginäre Leinwand, die sich in den Köpfen der gebannten Zuhörer zu einem faszinierenden Film zusammenfügten: So wurde das Muster eines großen langen Teppichs im elterlichen Haus zu einer geheimnisvollen Landschaft, die es Schritt für Schritt zu entdecken galt.

Zeitreise in ein Frauenleben

Dann folgten Wahrnehmungen aus der Sicht eines heranwachsenden Mädchens, das noch immer die Dinge um sich herum neugierig, fast begierig in sich aufnimmt, aber bereits beginnt, diese zu hinterfragen. Zuletzt war es die Sicht einer in sich ruhenden, zufriedenen und versöhnten reifen Frau, die diese „Zeitreise“ beendete.

Zum Abschluss ihrer Lesung las die Autorin noch aus ihren in alemannischer Mundart verfassten Werken vor: zunächst eine poetische, detailreiche Betrachtung der Fauna eines Gartens, abschließend eine philosophische Tagbetrachtung eines „Lumpazis“, einer scherzhaft-veralteten Bezeichnung für einen Vagabunden.

In der Pause kredenzten Sigrid Fricker und Bettina Bohn vom Organisationsteam eine appetitlich angerichtete Häppchenplatte aus zahlreichen Wurst- und Käsespezialitäten. Dermaßen gut versorgt, nahmen die Gäste erwartungsvoll Platz, um nun auch weiter geistige Nahrung aufzunehmen.

Jung stellte seinen Jugendfreund „Wendel“ vor, den aus Renchen stammenden und inzwischen in Gutach wohnenden Wendelinus Wurth, einen vielfach ausgezeichneten Autor und Verlagsinhaber. Dieser trug auf Nieder-Alemannisch „Geschichten aus dem Leben“ vor. Quasi literarisch an den vorangegangenen Imbiss anfügend, begann er mit einer Schilderung einer jugendlichen Betrachtung von Erdäpfeln, die sich nicht nur im Feuer zu einer schwarzkrustigen Köstlichkeit verwandeln ließen, sondern sich auch hervorragend als Wurfgeschosse eigneten.

Mit seiner bildhaften Schilderung ließ sich nicht nur seine eigene Herkunft aus der Landwirtschaft unschwer verbergen – es gelang ihm zudem, die Zuhörer in ihre eigene Jugend zurückzuversetzen.

Nach seiner liebevollen Schilderung des alljährlich stattfindenden Weinrebenschnittes eines jungen Mannes unter den gestrengen Augen des in die Jahre gekommenen kritischen Weinbauern-Vaters, dem man es nur schwerlich recht machen konnte, erntete der Jüngling letztlich – durch waghalsigen einhändigen Einsatz einer Baumschere auf einer hohen Leiter – doch noch anerkennende Worte des Alten.

Auch die nächste Geschichte handelte von einem Generationen-Konflikt.

Den Abschluss von Wurths Lesung bildeten kurze und prägnante Texte, die – wie ein Zeigefinger – unmittelbar auf die im Titel genannten Objekte und Anlässe hinwiesen – wie „Der Grund“, „Karneval“, der am Baum verbliebene Apfel vom letzten Jahr und, abschließend, an Pflanzen denkend: „Impressionen“.

Reger Austausch nach Ende der Lesung

Nach dem offiziellen Ende der Lesung fanden sich Vortragende und Zuhörer am Büchertisch zusammen, tauschten sich über das eben Gehörte lebhaft aus, und etliche Werke wurden mit einer persönlichen Widmung versehen.

Danach stand man noch lange im lebhaften Gespräch beisammen: Es schien, als wolle man den Schleier des bezaubernden Augenblicks, der bei der Lesung entstanden war, nicht lüften und sich unter diesem verweilend und die Zeit vergessend, weiter austauschen.

Die inzwischen im vierten Jahr stattfindende Lesereihe „Rieder Lesung“ im Rieder „Kulturhuus“ der gleichnamigen AG im Verein „Brauchtum im Kleinen Wiesental“ wird mitveranstaltet und unterstützt vom „Förderkreis deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg“.

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