^ Kleines Wiesental: Eine Schneise der Verwüstung - Kleines Wiesental - Verlagshaus Jaumann

Kleines Wiesental Eine Schneise der Verwüstung

Gerald Nill

Nonnenmattweiher: Vor 100 Jahren ereignete sich ein Dammbruch / Wassermassen stürzten zu Tal

Kleines Wiesental-Bürchau/-Neuenweg - Als der Damm des Nonnenmattweihers am frühen Nachmittag des 1. März 1922 brach, wurde das obere Kleine Wiesental mit zerstörerischer Kraft von einer ungeheuren Flutwelle erfasst. Der Großvater von Harald Senn hielt die Folgen des Hochwasser-Ereignisses damals mit seiner Kamera fest.

Der in Bürchau lebende Nachfahre hat jetzt alle Dokumente in einer kleinen Broschüre zusammengefasst. „Überschwemmung im Kleinen Wiesental“ titelte die Freiburger Zeitung zwei Tage nach dem Unglück in ihrer Ausgabe, als das ganze Ausmaß der Flut bekannt war.

Im ersten Moment seien die Bewohner völlig überrascht gewesen, als sich die Wassermassen ins Tal ergossen. „Die Menschen hatten ja kein Telefon und waren ahnungslos“, weiß Harald Senn aus Erzählungen. In Bürchau seien die Schweine, die draußen herumliefen, in Sicherheit gebracht worden; Mobiliar wurde aus dem Erdgeschoss nach oben geschafft.

Einen Eindruck der elementaren Gewalt, die aus dem kleinen Karsee am Köhlgarten herrührte, vermitteln die Fotos von Wilhem Senn. Der Enkel wundert sich heute, woher der Opa die Schwarzweiß-Kamera, die noch mit Glasplatten zur Belichtung funktionierte, bereits im Alter von zehn Jahren hatte. Jedenfalls machte dieser damit für die Menschen im Kleinen Wiesental am 1. März 1922 Aufnahmen von historischem Wert, die das Ausmaß der Schäden vermitteln.

Harald Senn, dessen Schwiegertochter Stephanie Senn beim Zusammenstellen einer Broschüre mithalf, zeigt ein Foto aus dem Klemmbachtal, das eine mindestens 25 Meter breite Geröllschneise der Verwüstung zeigt.

Wie konnte das Unheil geschehen? Im Nachhinein weiß man mehr. Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände: das einsetzende Tauwetter nach einer langen Frostperiode, die den See hatte zufrieren lassen, dann Schmelzwasser und Regen, was zu einem Anstieg des Pegels am Nonnenmattweiher führte. Schließlich müssen sich Eisschollen über den aufgeschütteten Damm geschoben haben, die die Austrittsstelle regelrecht aufrissen.

Ein Foto zeigt, wie Bewohner später am geborstenen Damm stehen und in eine etwa fünf Meter tiefe Schneise blicken, was einen Eindruck vermittelt, welche Kraft die Fluten entwickelten. Fast noch eindrucksvoller dann die Aufnahme der winzigen Personen, die auf der wasserleeren Sohle im See reichlich verloren stehen. Dieses Bild lässt die abgeflossene Wassermenge erahnen.

Das Gebäude, das am stärksten in Mitleidenschaft gezogen wurde, war die Homberger Sägemühle im Sägemättle vor Neuenweg. „Die Kraft des Wassers riss die Wasserzufuhr zum Antrieb des Sägewerks weg“, berichtet Senn, „und sie verursachte im Untergeschoss erhebliche Schäden.“

Vom Lagerplatz wurden Stämme, Balken und Bretter mitgerissen, die teilweise bis nach Bürchau geschwemmt wurden. Auf einem weiteren Foto sieht man, wie eine Brücke weggerissen wurde, die in die Siedlung Sägemättle führte.

Mehrere Häuser an der Belchenwiese wurden von den Fluten unter Wasser gesetzt, weil sich Treibholz und mitgerissene Bäume vor den Brücken stauten. Harald Senn staunt, dass eine kleine Bogenbrücke aus Stein beim Haus der Familie Fritz Gutmann dem Druck standhielt. „Die Flutwelle suchte sich danach einen Weg talwärts auch über die Landstraße“, berichtet Senn, der alle Aufnahmen seines Großvaters digitalisiert hat.

Ein weiteres Bild des damals 22-jährigen Wilhelm Senn zeigt Bewohner, die die Landstraße und Vorgärten von Dreck, Schlamm und Schwemmgut säubern. „Selbst der Holzplatz des Sägewerks in Tegernau stand noch unter Wasser“, hat sich Harald Senn erzählen lassen. „Die Wassermassen sind bestimmt stundenlang geströmt, bis der Nonnenmattweiher ganz leer war“, schätzt er. Rückblickend sei es ein kleines Wunder, dass außer den beträchtlichen Sachschäden kein Mensch und kein Tier durch den Dammbruch zu Schaden kam.

Das kostbare Fotoarchiv von Wilhelm Senn, das aus insgesamt 800 Aufnahmen besteht, zeigt, wie nach dem Unglück anfangs nur ein kleiner Damm am Nonnenmattweiher wieder aufgeschüttet wurde und der See mit seiner markanten Torfinsel einen niedrigen Wasserstand hatte.

Erst 1934 wurde der See, der ursprünglich der Fischzucht und dem Regulieren des Wasserstandes für Getreidemühlen und Sägewerke im Kleinen Wiesental gedient hatte, wieder zur alten Höhe aufgestaut.

Ein letztes Foto Wilhelm Senns zeigt, wie der Nonnenmattweiher, der inzwischen auch zu einem beliebten Naherholungsziel geworden war, wieder voll gelaufen ist und mit einer gut besuchten Einweihungsfeier übergeben wird. Eine richtige Seebühne sei angelegt worden mit Pontons aus alten, leeren Güllefässern.

Der Dammbruch am Nonnenmattweiher sei es wert, dass sich die Bewohner des Kleinen Wiesentals daran zurückerinnern, findet Harald Senn, der auch einen Beitrag dazu im Gemeindeblatt verfasst hat. Eine 16-seitige Broschüre mit originalen Aufnahmen kann für einen kleinen Unkostenbeitrag bei Senn bestellt werden. E-Mail-Kontakt: „haraldsenn@t-online.de“.

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