Kleines Wiesental Lesermeinung: Windkraft im Kleinen Wiesental

Markgräfler Tagblatt
Patricia Fromm kritisiert die Windkraft-Gegner. (Symbolbild) Foto: Archiv

„Wir können den Schwarzwald nicht unter eine Käseglocke packen.“

Es wird ein sehr persönlicher Brief, in dem ich keine Fakten und wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern nur meine Wahrnehmung der Meinungsäußerungen der Windkraftgegner beschreiben möchte. Er ist notwendig geworden, weil ich die Art, wie die mögliche Nutzung der Windkraft im Kleinen Wiesental seit einigen Wochen an den Pranger gestellt wird, als unerträglich empfinde. Immer schon habe ich eine bereichernde Streitkultur befürwortet. Dazu gehören Respekt vor den Personen und der Wahrheit. Beides vermisse ich bei den Windkraftgegnern.

Angefangen mit den Beweggründen derjenigen, die sich gegen Windräder aussprechen. Sie sind nicht klar. Die sachlichen Argumente für die Nutzung der Windkraft haben bisher noch keinerlei spürbaren und tatsächlichen Gegenwind erfahren. Vieles was bisher gegen Windkraft vorgebracht wurde, ist für mein Empfinden völlig aus der Luft gegriffen. Warum wird nicht gesagt: „Ich möchte kein Windrad in der Nähe meines Zuhauses“ anstatt sich als Möchte-gern-Naturschützer zu gebärden? Das wäre sehr viel ehrlicher.

Wer tatsächlich Natur und Umwelt schützen möchte, macht dies ihretwillen und uneigennützig und um die Bewahrung der Schöpfung willen. Was ich zur Zeit erlebe, wirkt sehr egoistisch und entbehrt jeglicher Grundlage für eine breite Unterstützung. Schlimmer noch, es kommt der Eindruck auf, dass einige wenige Personen andere Menschen für sich einspannen, um persönliche Ziele zu verfolgen. Da ich jahrelang Umweltaktivistin war und im Herzen immer noch bin, erlaube ich mir, beurteilen zu können, ob die Aktivitäten dem Wohl der Allgemeinheit dienen sollen oder nicht. Und sie tun es nicht.

Wer von den Gegnern hat sich, zum Zeichen der Ablehnung von Atommülltransporten, an einen Castor gekettet? Wer von den Gegnern ist, zum Zeichen der Ablehnung von Atomkraftwerken, auf ein solches geklettert, um gegen diese, jegliches Leben verachtende Stromproduktion zu protestieren? Oder waren die Gegner vor Ort, als Frankreich in der Südsee Atombomben getestet hat? Nein, das passierte ja weit weg. Mir war das Thema damals schon wichtig, und ich habe mich engagiert. Nun aber kann ich vergleichbare Protestformen, die irgendwo beweisen würden, dass SchwarzwaldGegenwind sich um der Sache willen engagiert, nirgends finden. Windkraft ablehnen und keine Alternativen anbieten, wirkt wenig überzeugend.

Es geht nicht nur um Windkraft, sondern es geht um Ideen, wie wir noch über viele Generationen und überall auf der Welt nachhaltig (über-)leben können. Der Schwarzwald ist nicht die einzige Region auf der Welt, die einmalig, schön und erhaltenswert ist. Auch hier im Schwarzwald leben Menschen, die täglich Strom verbrauchen. Wie bringt man das nun zusammen? Jeder fährt auf dem Heimtrainer und produziert auf diese Weise den benötigten Strom? Das will keiner. Die Bundesregierung hat eine gute Entscheidung getroffen aus der Atomenergie auszusteigen, auch wenn sie viel zu spät kam. Die EWS hatten in den 90er Jahren den Mut, den großen Energiekonzernen die Stirn zu bieten und haben ihr lokales Stromnetz in Schönau übernommen.

Damit die Sicherheit gegeben werden konnte, dass kein einziger Cent mehr in Atomkraftwerke fließen würde, sondern in den Ausbau regenerativer Energieformen. So. Und wenn wir diesen Planeten weiterhin in angenehmer Weise bevölkern wollen, müssen wir uns klar machen, dass der Planet selbst endlich ist ebenso wie fossile Energieträger, und nur die Sonne unendlich Energie auf diese Erde schickt, zusammen mit ihren Ablegern Wind und Wasser. Die Frage ist nur – wie zapfen wir diese Energien an, um sie möglichst nachhaltig für alles Leben auf diesem Planeten zu nutzen? Steht es uns zu, Scheuklappen anzulegen, nicht über den Tellerrand beziehungsweise den eigenen Gartenzaun zu schauen? Können wir uns hinstellen und sagen: „Die Windräder gefallen mir nicht“? Können wir es uns so einfach machen? Wenn es um Landschaft zerstörende Aktivitäten der Menschen geht, fällt mir vieles ein, was mit Sicherheit mehr natürlichen Lebensraum zerstört und Flora und Fauna bedroht als Windräder. Straßen beziehungsweise Transportwege in der Luft und zu Wasser – sind für mich zum Beispiel Eingriffe in die Landschaft, die für viele Tiere und Pflanzen oder ganze Ökosysteme das Aus bedeuten. Nur – wer möchte auf Mobilität verzichten? Oder wie wäre ein Blick auf den Tagebau. Dort werden riesige Flächen umgegraben, Dörfer umgesiedelt, Landschaften völlig unkenntlich gemacht.

Wofür? Um Kohle abzubauen, die teilweise für die Stromerzeugung genutzt wird – eine der uneffektivsten Arten Elektrizität zu produzieren, weil es hohe Verluste auf dem Weg von der Kohle zum Stromabnehmer gibt. Gutachten wurden für und wider Windräder erstellt. Ja, die Auftraggeber haben einen Einfluss auf das Ergebnis der Gutachten. Den Auftraggebern liegen verschiedene Punkte am Herzen und entsprechend werden diese Punkte gut be-/ge-achtet. In Sachen Windräder haben sich tatsächlich viele intelligente Menschen einen Kopf gemacht. Es wurden Lebensräume von der Windkraftnutzung ausgespart, die als wertvoll für die Natur insgesamt oder für einzelne Spezies erachtet wurden.

Es gibt ausgewiesene Flächen, auf denen Windräder potenziell gebaut werden dürfen. Was noch nicht heißt, dass das auch geschieht. Das werden erst weitere Untersuchungen erweisen. Manche Gemeinden haben sich die Mühe gemacht, einen Flächennutzungsplan für die Windkraft zu erarbeiten. Wer sich damit befasst hat, weiß, wie aufwendig und zeitraubend das ist. Wäre das nicht geschehen, hätten die Gemeinden gar keinen Einfluss darauf, wo Windräder überall gebaut werden könnten, weil dann potenziell interessante Standorte für Windräder von den entsprechenden Grundstückseigentümern an Windradinvestoren verpachtet oder verkauft werden könnten. Was macht also mehr Sinn? Wo waren die Stimmen der Gegner oder deren konstruktive Kritik in den letzten sechs Jahren? Ein Gedanke noch zu den Windrädern als Baumaßnahme. Ja, noch sind sie ein ungewohnter Anblick. Gehen wir zurück in der Geschichte. Wie haben wohl vor einigen Jahrhunderten die ersten Windmühlen auf die Bevölkerung gewirkt? Ich kenne keine überlieferten Aussagen, aber ich kann mir vorstellen, dass sie sehr skeptisch betrachtet worden waren. Für mich steht fest, dass wir den Schwarzwald nicht unter eine Käseglocke packen können, unter die keine Windräder passen. Wir brauchen überall eine dezentrale Energieversorgung mit einem nachhaltigen Mix aus den uns zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energien.

  • Patricia Fromm, Wies

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