Kreis Lörrach 50-Euro-Grenze soll kommen

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Einkaufstourismus: Bundeskabinett will Bagatellgrenze im Einkaufstourismus beschließen

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will ab nächstem Jahr Einkaufstouristen aus der Schweiz die Rückerstattung der Mehrwertsteuer kürzen. Nun liegt ein Kompromiss vor, über den das Bundeskabinett heute entscheiden wird.

Von Michael Werndorff und Denis Bozbag

Kreis Lörrach. Demnach sollen Schweizer die Mehrwertsteuer erst zurückbekommen, wenn ein Einkauf die Marke von 50 Euro – zunächst waren 175 Euro im Gespräch – überschreitet. Ziel ist es, den deutschen Zoll bei der Bearbeitung der Flut „grüner Zettel“ zu entlasten und den hohen bürokratischen Aufwand zu reduzieren. Scholz setzt darauf, dass die Schweizer nach Einführung der 50-Euro-Grenze nicht mehr wegen kleiner Einkäufe nach Deutschland kommen. Sobald allerdings eine digitalisierte Abwicklung der Mehrwertsteuererstattung funktioniere, solle die Bagatellgrenze wieder abgeschafft werden, heißt es in der Kabinettsvorlage.

Die geplante Einführung einer Warenwertgrenze bei der Mehrwertsteuererstattung für Schweizer Einkaufstouristen werde von deutschen Unternehmen der Grenzregion weitgehend akzeptiert. Man sei froh darüber, dass das deutsche Finanzministerium die Grenze von zunächst 175 Euro auf 50 Euro gesenkt habe. Dies sagte gestern der Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, Claudius Marx. Viele Mitglieder der Industrie- und Handelskammer hätten sich dafür eingesetzt, dass die Bagatellgrenze nur bis zur Einführung einer digitalen Abwicklung vorgesehen sei. Man sei zufrieden, dass Berlin deren Bedenken aus der Grenzregion berücksichtigt habe, sagte Marx.

Handelsverband warnte vor Verlusten

Ähnlich wie die IHK hatte auch der Handelsverband Südbaden gegen eine Bagatellgrenze von 175 Euro protestiert und Tausende Unterschriften von Beschäftigten im Handel gesammelt. IHK und Handelsverband warnten vor dem Verlust zahlreicher Arbeitsplätze in der Grenzregion, sollten Schweizer Kunden wegbleiben, weil sie nicht mehr von der vollen Rückerstattung der deutschen Mehrwertsteuer profitieren können.

Kreistag gegen hohe Bagatellgrenze

Zu diesem Thema hat der Lörracher Kreistag Mitte Mai ein Schreiben an die Wirtschafts- und Finanzminister des Bundes und der Länder verabschiedet, in dem eine Bagatellgrenze von 175 Euro abgelehnt und die Umsetzung eines digitalen Verfahrens gefordert wird.

Laut IHK-Geschäftsführer Bertram Paganini liege der durchschnittliche Einkaufswert der Schweizer Kunden derzeit im unteren bis mittleren zweistelligen Euro-Bereich. Eine Bagatellgrenze von 175 Euro hätte 90 bis 95 Prozent des Umsatzes betroffen, erklärte der Experte im Rahmen der Kreistagssitzung. Selbst bei 50 Euro sah er einen Umsatzverlust von 25 Prozent.

Der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster begrüßt den nun gefundenen Kompromiss zur zeitlich begrenzten Bagatellgrenze: „Sie darf aber nur bis zur Einführung der digitalen Abwicklung gelten“, lässt sich der Politiker in einer Mitteilung zitieren.

„Die strenge zeitliche Befristung der Wertgrenze ist wichtig.“ Die unterschiedlichen berechtigten Belange würden mit diesem Kompromiss unter einen Hut gebracht: Wertschöpfung in der Region einerseits und Entlastung der Zollbeschäftigten andererseits. „Wichtig ist das Bekenntnis zur digitalen Abwicklung der Mehrwertsteuerrückerstattung, denn erst sie bringt eine wirkliche, umfassende Entlastung. Das muss jetzt mit Hochdruck umgesetzt werden“, fordert Schuster.

Wertgrenze von 175 Euro ist vom Tisch

Die Einführung einer Wertgrenze von 175 Euro sei damit vom Tisch. „175 Euro sind eben gerade keine Bagatelle!“, hebt Schuster hervor. Er bekräftigt mit Blick auf den Einzelhandel, dass der Schweizer Einkaufstourismus ein wesentlicher Faktor für die lokale Wirtschaftskraft in der Grenzregion sei. „Eine Wertgrenze von 175 Euro hätte einen beträchtlichen ökonomischen Schaden ausgelöst. Der heimische SPD-Landtagsabgeordnete Rainer Stickelberger zeigt sich mit dem Kompromiss zufrieden: „Dieser entspricht dem, was die SPD-Abgeordneten aus der Region seit 2015 fordern. Wir halten eine Bagatellgrenze in Höhe 50 Euro für eine maßvolle Regelung, die der Belastung der Zollverwaltung, des Verkaufs und der heimischen Einkäufer durch die Mehrwertsteuerrückerstattung Rechnung trägt und dabei nicht zu Wettbewerbsnachteilen führt“, betont Stickelberger.

FDP-Bundestagsabgeordneter Christoph Hoffmann schreibt in einer Stellungnahme, dass mit der Wertgrenze schätzungsweise die Hälfte der Belege wegfällt, die Zöllner an der Grenze bisher abstempeln. „Mir ist wichtig, dass wir dauerhaft Vernunft schaffen: die Kaufkraft der Schweizer in Südbaden halten und die Zöllner zu entlasten.“ Scharfe Kritik übt der FDP-Politiker an der Bundesregierung, die in Sachen digitaler Lösung nichts zustande gebracht habe.

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