Kreis Lörrach Aufgeben kommt nicht in Frage

Adrian Steineck

Klimaschutz: Erik Mehrle ist Begründer der „Fridays for Future“-Ortsgruppe Lörrach.

Kreis Lörrach - Erik Mehrle wählt deutliche Worte, wenn er über das Klima spricht. „Es geht nicht darum, ob wir im Sommer 28 oder 29 Grad als Durchschnittstemperatur haben, sondern darum, ob wir noch die Kurve kriegen für die Zukunft unseres Planeten“, sagt der 16-Jährige. Erik Mehrle ist Begründer der „Fridays for Future“-Ortsgruppe Lörrach und Organisator der monatlich stattfindenden Schülerproteste.

Monatliche Schülerproteste

Die „Fridays for Future“-Proteste mobilisieren weiter die Schüler, auch in Lörrach. Zwar war die Resonanz am vergangenen Freitag mit 420 Teilnehmern geringer als zuletzt – bei der Premiere gingen 650, bei der zweiten Auflage 730 Schüler auf die Straße –, dennoch ist Erik Mehrle zufrieden. „Dass die Resonanz etwas zurückgegangen ist, liegt auch daran, dass viele Schulen die freitäglichen Demonstrationen zu Beginn stärker toleriert haben als jetzt.“ Allen Kritikern, die monieren, dass die jungen Demonstranten lieber die Schulbank drücken sollten, hält er entgegen: „Wir würden liebend gerne die Schule besuchen, wenn unsere Klimapolitik so wäre, dass wir morgen noch einen Planeten haben.“

Einem der im Zusammenhang mit den freitäglichen Demonstrationen meistzitierten Satz schließt Mehrle sich vorbehaltlos an: „Warum sollte ich für eine Zukunft lernen, die irgendwann nicht mehr existiert?“ Auch die oft vorgetragene Behauptung, dass es den Schülern lediglich um das Schule schwänzen ginge, entspricht nicht seiner Erfahrung. „Viele Teilnehmer basteln aufwendige Plakate, hinter denen mehr Zeit und Arbeit stecken als in zwei Unterrichtsstunden Mathe“, sagt er. Zudem ist er überzeugt: „Auch wenn jemand vielleicht nur zum Spaß mitläuft, kriegt er doch thematisch über die Redebeiträge sehr viel mit.“

Lörracher Gruppe hat rund 700 Mitglieder

Den Anstoß zur Gründung des Lörracher „Fridays for Future“-Ablegers erhielt der 16-Jährige über die Berichterstattung in den Medien. „Ich bin dann auf die Website der Bewegung gegangen und habe dort die Anregung gefunden, entweder der lokalen Ortsgruppe beizutreten oder eine neue zu gründen, wenn es noch keine gibt.“

So rief Mehrle, der in Weil am Rhein wohnt, die Ortsgruppe Lörrach ins Leben, die sich weitgehend über WhatsApp organisiert und der derzeit 700 Mitglieder angehören. Längst steht auch mehr als eine Generation für eine nachhaltigere Klimapolitik auf: Dass mit den beiden Initiativen „Parents for Future“ und „Grandparents for Future“ auch viele erwachsene Unterstützer mit demonstrieren, ist für Erik Mehrle ein Indiz dafür, dass ein Umdenken einsetzt.

Mehrle betrachtet Personenkult mit Skepsis

Von dem Personenkult um die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg, welche mit ihren freitäglichen Sitzstreiks vor dem schwedischen Parlament die Klimabewegung ins Rollen brachte, distanziert sich Mehrle hingegen. „Ich denke, dass Greta das so auch nicht wollen würde, denn ihr geht es allein um die Sache.“ Als Trägerin des Friedensnobelpreises hingegen sei sie prädestinierter als etwa US-Präsident Donald Trump, der von seinen Anhängern ebenfalls als potenzieller Anwärter ins Gespräch gebracht wurde.

Abseits der Demos im Jugendparlament aktiv

Auch abseits der freitäglichen Demos ist der 16-Jährige politisch engagiert. So gehört er seit dieser Wahlperiode dem Weiler Jugendparlament an, das sich am Mittwoch zu seiner ersten Sitzung getroffen hat. Auch als Jugendsprecher der Grünen ist Mehrle aktiv, wenngleich er betont: „Die Grünen und Fridays for Future haben nichts miteinander zu tun.“

Die Demonstrationen seien überparteilich ausgerichtet. So wurde im Vorfeld der Kommunal- und Europawahlen zwar während der Demonstrationszüge fleißig dafür geworben, Wählen zu gehen, aber es wurde keine bestimmte Partei empfohlen. Wenngleich Mehrle mit seinen 16 Jahren selbst noch nicht an der Europawahl teilnehmen durfte – dies darf man erst ab 18 –, ist er mit dem guten Abschneiden der Grünen natürlich sehr zufrieden.

Bleibt angesichts des achtjährigen Gymnasiums (G8) und seines vielfältigen Engagements überhaupt noch Zeit für andere Hobbys? „Wenig“, schmunzelt Mehrle. Er höre gerne Musik, schaue gelegentlich eine Serie an und trete manchmal als Poetry-Slammer auf. „Aber nur, wenn ich gerade Texte geschrieben habe.“ Dies mit vollem Einsatz zu betreiben und zu wissen, dass er bis zu einem bestimmten Termin für einen Auftritt etwas geschrieben haben müsse, dafür fehle ihm derzeit tatsächlich die Zeit.

Ökostrom für’s Oberrhein-Gymnasium?

Auch am Oberrhein-Gymnasium, wo er die zehnte Klasse besucht, setzt Mehrle sich für ein Umdenken ein. „Ich habe mit der Schulleiterin bereits darüber gesprochen, ob wir künftig Ökostrom beziehen und die Mülltrennung noch stärker pflegen“, sagt er. Aber: „Das wird dieses Schuljahr vermutlich nicht mehr.“

Aufgeben aber kommt für Erik Mehrle nicht in Frage: „Die Hoffnung ist noch da, aber sie wird jeden Tag geringer.“

www.fridaysforfuture.de/regionalgruppen

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