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Kreis Lörrach Behörde mit Arbeit überhäuft

Valentin Radonici
Auch im Kreis Lörrach gibt es lange Wartezeiten und nicht bearbeitete Anträge. Aus diesem Grund wurde die Ausländerbehörde personell stark aufgestockt. Foto:  

Die Ausländerbehörde Lörrach muss einen schwierigen Spagat meistern

Lange Wartezeiten und nicht bearbeitete Anträge sind nicht nur bundesweit bei Ausländerbehörden ein Problem, sondern beschäftigen auch den Landkreis Lörrach. Dies verdeutlichte Cornelia Wülbeck vom Dezernat II: Recht, Ordnung & Gesundheit des Landkreises Lörrach, beim Jahrespressegespräch des Landratsamts am 7. Dezember 2023.

Wülbeck weist bei der Lage im Landkreis auf die Bertelsmann- Studie „An den Grenzen – Ausländerbehörden zwischen Anspruch und Alltag“ vom Oktober hin. Die dort beschriebene Situation treffe zu 95 Prozent auf die Problematik im Kreis zu.

In der Studie wird deutlich, wie sich die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter von Ausländerbehörden über Jahre verändert hat. So geben 92 Prozent der Befragten an, dass sich die Arbeitsbelastungen stark erhöht und der Umgang mit einer komplexen Rechtsmaterie zugenommen habe.

Damit die Prozesse vereinfacht werden, hatte der Bund das Onlinezugangsgesetz (OZG) ins Leben gerufen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass 53 Prozent der befragten Mitarbeiter der Behörden selber nicht damit rechnen, dass die Maßnahmen durch das Gesetz ihre Arbeit erleichtern. Zusammenfassend sind der Studie zufolge die größten Baustellen der Ausländerbehörden: Personalmangel, Digitalisierungshemmnisse, Wartezeiten, Rückstau und intransparente Entscheidungen.

Wülbeck erklärte die Situation im Landkreis wie folgt: „Ich habe öffentlich in der Vergangenheit oft gesagt, dass wir im Bereich Ausländerbehörde am Anschlag arbeiten. Diese Situation ist gleichbleibend. Wenn man alleine auf die Anzahl ausländischer Personen im Landkreis Lörrach und bundesweit schaut, dann wir deutlich, dass diese Zahl sich in den letzten zehn Jahren jeweils verdoppelt hat. Durch diese Zunahme sind auch andere Bereiche beeinflusst. Eine ähnliche Tendenz ist entsprechend auch beim Thema Verpflichtungserklärungen und Einbürgerungen zu beobachten.“

Fachkräfteeinwanderung und restriktive Maßnahmen

Um diese Zunahme und diese Herausforderungen zu meistern, habe man die Ausländerbehörde des Landkreises in diesem Jahr stark aufgestockt. Wie schwer der Alltag für die Mitarbeiter ist, würden die zwei Kernaspekte zeigen, mit denen sich die Mitarbeiter beschäftigen müssten.

Auf der einen Seite sei da das Leisten im Sinne der Integration und Fachkräfteeinwanderung, wie es in der Bevölkerung vielleicht als positive Einwanderung wahrgenommen werde. Sei es durch das Chancenaufenthaltsgesetz, die Fachkräfteeinwanderung oder die erleichterte Einwanderung.

Auf der anderen Seite gebe es gleichzeitig den Konflikt, restriktiv sein zu wollen. Dies bedeute verstärkt Abschiebungen zu forcieren, um die Zahlen zu steuern. Wülbeck: „So entsteht ein laufender Spagat, der von den Mitarbeitern bewältigt werden muss. Es sind zwei Aspekte, die teilweise von der Gesetzgebung kaum mehr in Einklang zu bringen sind.“

Dieser Zustand führe dazu, dass die Prozesse immer komplexer würden. Es entständen immer neue Zusatzparagrafen in den Gesetzen, um in die eine oder andere Richtung zu steuern, und das mache die Aufgabe äußerst komplex und schwierig. Angesichts der Tatsache, dass die Behörde diverse Leistungen langfristig (man selbst hätte es lieber kurzfristig) digitalisieren wolle, habe sie alleine 195 verschiedene Leistungen im Kontext Aufenthaltstitel, mehr als 50 Prozesse im Bereich der Fachkräfteeinwanderung und über 31 verschiedene Abschiebungshinderungsgründe identifiziert. Dies zeige die Komplexität von diversen Duldungsmöglichkeiten. Sei es zur Ausbildung, für Leute die inzwischen Qualifikationen erhalten hätten, oder bei Kindern oder Jugendlichen, die im Integrationsprozess seien.

Stellenzuwachs von 7,5 Stellen bei der Behörde

Wülbeck verdeutlicht die Problematik zwischen restriktiven Maßnahmen und Integrationsunterstützung: „Die Beispiele zeigen: Es beißt sich irgendwo und lässt sich kaum noch miteinander vereinbaren und wird immer komplexer. Wir haben praktisch immer weiter fortschreitende Gesetze, um irgendwie diese Themen in beide Richtungen auszusteuern.“

Der Landkreis habe einen Stellenzuwachs von aktuell 7,5 Stellen. Noch würden die Behörden aber nicht den Mehrwert spüren. Man sei optimistisch für 2024, jedoch sei es ein enorm hoher Einarbeitungsaufwand. Die Mitarbeiter in der Behörde müssten geschult werden, um diese ganzen komplexen Verfahren bearbeiten zu können. Wülbeck verdeutlicht die schwere Lage: „ Die Mitarbeiter bei der Komplexität der verschiedenen Gesetze immer auf dem aktuellen Schulungsstand zu halten und vor allem die Attraktivität solcher Stellen noch zu sichern, ist angesichts des Problems fast ein Ding der Unmöglichkeit.“

Das System ist praktisch in sich blockiert

Die Bereiche Einbürgerung, Verpflichtungserklärungen-und Familienzusammenführungen seien hierbei noch nicht berücksichtigt. Genauso das Thema Aufenthalt zu Bildung (Studium). Von solchen Punkten hänge für die einzelnen Personen sehr viel ab.

Hierdurch würden sich für Ausländer Fragen entwickeln: Wie schnell könnten sie hier ins Land kommen? Können sie ihr Studium aufnehmen? Können sie ihre Arbeit aufnehmen? Hinzu komme, dass viele Aufenthaltstitel nur sehr kurz befristet seien. Das bedeute, einige Fälle habe man noch nicht bearbeitet, sondern manche würden halbjährig ablaufen, andere gingen drei und manche fünf Jahre. Da werde auch deutlich, wie sich das System in sich praktisch blockiere.

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