Kreis Lörrach Blaues Kreuz meldet Insolvenz an

Michael Werndorff
Das Blaue Kreuz in Lörrach zählt pro Jahr bis zu 300 Hilfesuchende. Foto: Michael Werndorff

Ein vorläufiges Insolvenzverfahren soll die Fortführung der Geschäftstätigkeit sichern.

Der Trägerverein für die Suchtkrankenhilfe des Blauen Kreuzes in Lörrach hat Insolvenz angemeldet. Der Antrag hat unter anderem mit Kürzungen der Zuschüsse des Landkreises zu tun, wie der vorläufige Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Michael Schneider, im Gespräch mit unserer Zeitung bestätigte.

Der Antrag wurde mit einer drohenden Zahlungsunfähigkeit begründet, konkretisiert Schneider. Zur Sicherung der zukünftigen Insolvenzmasse und Gewährleistung einer geordneten Fortführung der Geschäftstätigkeit wurde ein vorläufiges Insolvenzverfahren angeordnet. Die laufenden Gehälter der Angestellten seien bis einschließlich März über das Insolvenzgeld der Agentur für Arbeit abgesichert. Der Anwalt betonte, dass die Beratungsstelle geöffnet bleiben soll und Patienten sowie Hilfesuchende weiterhin beraten würden:

Verwaltung muss den Rotstift ansetzen

Im November hatte der Sozialausschuss des Kreistags wegen der schwierigen finanziellen Lage des Landkreises den Rotstift angesetzt und Einsparpotential ausgelotet. Die freiwilligen Leistungen des Kreises seien eine der wenigen Stellschrauben, an denen überhaupt gedreht werden könne, machte die Landrätin im Vorfeld der Verabschiedung des Kreishaushalts 2024 deutlich. Im Sozialbereich stehe nämlich vieles gar nicht zur Disposition.

So wurden die Suchthilfeträger bereits im Juli dazu aufgefordert, Ideen für die Kürzung von Fachkraftstellen auszuarbeiten. Im Vorfeld der Haushaltsberatungen warnten Ilona Fritz-Schild, Leiterin der Suchthilfe, und Frank Meißner, Leiter der Drogen- und Jugendberatungsstelle in Lörrach, im Rahmen eines Pressegesprächs im November vor den Sparmaßnahmen. Damals hieß es, dass noch geprüft werden müsse, ob das Blaue Kreuz seine Beratung mit einer nur noch geringen Förderung des Landkreises einstellen müsse. Alle vier Suchthilfeträger im Landkreis – das Blaue Kreuz, die Villa Schöpflin, der Arbeitskreis Rauschmittel (AKRM) sowie der Baden-Württembergische Landesverband für Prävention und Rehabilitation (bwlv) – sähen mit großer Angst den Kürzungsmaßnahmen entgegen, hieß es damals.

Thematische Schnittmengen vorhanden

Laut Landratsamt wurde von den Trägern selbst festgestellt, dass es beim bwlv und dem Blauen Kreuz große thematische Schnittmengen gebe, die gebündelt werden sollen. Die fachliche Prüfung durch den kommunalen Suchtbeauftragten ergab, dass es für 75 Prozent der vom Blauen Kreuz bedienten Zielgruppe bei anderen Trägern – unter anderem dem bwlv – Angebote gibt. Bisherige Alleinstellungsmerkmale des Blauen Kreuzes seien die konfessionelle Ausrichtung sowie das Thema Sucht im Alter, wie die Auswertung zeigt. Dies umfasse rund 25 Prozent des Angebotes.

Die im Lenkungsausschuss Kommunales Netzwerk Sucht vertretenen Kreisräte hatten der Verwaltung den Auftrag erteilt, zu prüfen, ob aus Sicht des Blauen Kreuzes eine Förderung von 0,25 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) ermöglicht, das Angebot in diesem Rahmen fortzuführen. Sollte dies nicht der Fall sein, würde die Förderung des Blauen Kreuzes eingestellt werden. „In den nachfolgenden Gesprächen und in Schreiben hat das Blaue Kreuz die Frage der Fortführung der Beratungsstelle mit einer Förderung von 0,25 VZÄ nicht beantwortet, sondern andere, weitergehende Förderungen in die Verhandlung eingebracht“, verweist das Landratsamt auf Nachfrage unserer Zeitung auf die Beschlussvorlage der Verwaltung.

Gespräch mit Kreis-Verwaltung geplant

„Aufgrund dessen soll die Förderung des Blauen Kreuzes eingestellt werden. Dies wird vermutlich erst zum 1. Januar 2025 zum Tragen kommen, da die Leistungsvereinbarungen fristgemäß gekündigt werden müssen“, heißt es weiter.

Wie das Landratsamt weiter mitteilte, soll es noch ein Gespräch mit dem Insolvenzverwalter geben. Dem wollte die Verwaltung nicht vorweggreifen. Im Vorfeld der Verabschiedung des Kreishaushalts 2024 warnte Meißner davor, dass die gemeinsam mit der Verwaltung erarbeiteten Grundlagen nicht mehr umgesetzt werden könnten. Dies könne längere Wartezeiten auf einen Beratungstermin bedeuten, was den Erfolg der Beratung deutlich minimiere. „Einige Menschen werden wir mit Sicherheit verlieren.“

Das Blaue Kreuz in Lörrach, bei dem drei Mitarbeiter in Teilzeit angestellt sind, zählt bis zu 300 Klienten pro Jahr. In den 40 Jahren seit Bestehen dürften es mehr als 10 000 Fälle gewesen sein, wie die Verantwortlichen der Beratungsstelle im Herbst gegenüber unserer Zeitung sagten.

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