Kreis Lörrach Bürger sind uneins über Kommunalpolitik

Maja Tolsdorf
Für die Mehrheit der Baden-Württemberger geht es im Juni zur Urne, um die Gemeinde -und Kreisräte zu wählen. Foto: Pixabay

Der Baden-Württemberg-Check kommt zu dem Ergebnis, dass sich etwas mehr als die Hälfte der Bürger an der Kommunalwahl beteiligen wollen. Die Kandidaten der Lörracher Kreistagswahl berichten von politisch interessierten Kreisbewohnern.

Die Stimmung ist mies, die Menschen blicken den nächsten Monaten eher skeptisch bis pessimistisch entgegen. Dies ist das Ergebnis des Baden-Württemberg-Checks, einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach. Diese hat sich jüngst auch mit den bevorstehenden Kommunalwahlen beschäftigt und neben dem Interesse daran auch abgefragt, wie die Wähler entscheiden, wo sie ihr Kreuz machen wollen. So seien 62 Prozent der baden-württembergischen Bevölkerung entschlossen, an den Kommunalwahlen im Juni teilzunehmen.

Inhalte sind wichtig

Bei der Entscheidung für bestimmte Kandidaten und Parteien seien den Wahlberechtigten vor allem Inhalte wichtig: 68 Prozent machen ihre Wahlentscheidung von den Zielen und Programmen der Parteien und Kandidaten vor Ort abhängig, 54 Prozent von der Haltung der Parteien und Kandidaten zu bestimmten Projekten. Aber wie bringen Politiker ihre Botschaft an den Bürger? Unsere Zeitung hat bei den Kreistagskandidaten und -fraktionen nachgefragt, die zusätzlich zum persönlichen Kontakt auch andere Kanäle zur Kommunikation nutzen, mit unterschiedlicher Gewichtung.

So sucht die Grünen-Kreistagsfraktion ebenso Möglichkeiten zum Gespräch mit den Bürgern wie die Freien Wähler. So seien die Grünen „möglichst viel und oft vor Ort präsent“, wie Margarete Kurfeß auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt.

Kontakt über alle Kanäle

Dazu besuchten die Grünen-Fraktionsmitglieder Veranstaltungen, Vereine oder Schulen. Die Freie-Wähler-Fraktion sei regelmäßig Firmen und Institutionen zu Gast,  um sich über mögliche Aufgaben und Problemstellungen der Kreispolitik zu informieren, wie Martin Bühler mitteilt. Wolfgang Fuhl (AfD) schreibt auf Anfrage, dass er sich im Wahlkampf „bisher im Wesentlichen auf persönliche Gespräche“ beschränkt. Denn Social Media werde überschätzt, sei aber in gewissem Umfang nötig. Die FDP nutzt für den Kontakt zu den Bürgern sämtliche Kanäle: das direkte Gespräch ebenso wie Telefon und Social Media. Auch die CDU nutzt mehrere Kanäle, um ihre Programme und Kandidaten vorzustellen.

Klaus Eberhardt (SPD) steht seit 2012 regelmäßig in einer Bürgersprechstunde für Fragen und Anregungen der Bürger zur Verfügung, wie er auf Anfrage mitteilt. Zur Coronazeit hatte er diese per Facebook angeboten, was als weitere Kontaktmöglichkeit erhalten blieb.

Will man die Bürger über kommunale Inhalte erreichen, gelinge dies laut Baden-Württemberg-Check vor allem über die Themen Wohnungsbau, Ärzteversorgung, Flüchtlingssituation und Verkehrspolitik. 62 Prozent der baden-württembergischen Bevölkerung halten es für besonders wichtig, dass in ihrer Stadt beziehungsweise ihrer Gemeinde mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird. Knapp jeder Zweite fordert von Politik und Verwaltung, dass sie sich verstärkt um eine ausreichende Versorgung mit Ärzten bemühen, 38 Prozent eine bessere Bewältigung der Flüchtlingssituation, ebenso viele einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Die Sanierung von Straßen halten 36 Prozent für besonders dringlich, die Schaffung von Kinderbetreuungsmöglichkeiten 31 Prozent und die Bekämpfung des Lehrermangels 30 Prozent. Teilweise ist die Agenda von persönlicher Betroffenheit geprägt.

Image durchwachsen

 Das Image der Kommunalpolitik ist, entsprechend der allgemein zumeist pessimistisch eingeschätzten Perspektive, eher durchwachsen. Von denjenigen, die sich ausgeprägt für das Geschehen interessieren, bewundern 62 Prozent das Engagement der Räte für kommunalpolitische Anliegen. Das empfinden aber nur 29 Prozent derjeniger, die sich kaum oder gar nicht dafür interessieren. 37 Prozent der Interessierten sind alles in allem mit den Politikern ihrer Kommune zufriedne, von den Desinteressierten nur 14 Prozent. Trotz nicht allzu zuversichtlicher Gesamtstimmungslage der Wähler, sprechen die Lörracher Kreistagskandidaten aber von einer Offenheit gegenüber der Kommunalpolitik. „Wir glauben, dass die Bürger offen gegenüber politischen Botschaften sind, das haben insbesondere die Demonstrationen für die Demokratie gezeigt“, teilt Martin Bühler (FW) auf Anfrage mit. Von lebendigen Diskussionen vor Ort, bei denen sich die Wähler je nach Betroffenheit stark einbringen, schreibt Klaus Eberhardt (SPD) in seiner Mitteilung.

Auch Margarete Kurfeß (Grüne) spricht von der Bereitschaft von Bürgern, über die politische Sachlage zu sprechen, nachdem sie ihre Anliegen vorbringen konnten. Dass die Wähler politisch interessiert sind, aber erwarten, dass man sich mit ihren Argumenten auseinandersetzt, schreibt Christian Renkert (CDU) in seiner Mitteilung. Christoph Hoffmann (FDP) sieht nach den „lähmenden Merkel-Jahren und der Corona-Krise eher ein gesteigertes Interesse, sich politisch wieder einzubringen“. Steigende Sozialausgaben durch gesetzliche Vorgaben und Migration gingen für ihn einher mit hohen Steuern, wachsender Verwaltung und einer Wirtschaftsflaute.

Hoffmann meint: „Das sind wichtige Felder für offene Diskussionen. Und hier gibt es einen großen Bedarf an Diskussionen und Lösungen.“ Dass die Wähler mehrheitlich offen seien, die politischen Parteien aber nicht, weil sie unterschiedliche Interessen verfolgten, meint Wolfgang Fuhl (AfD).

Kritik an Kommunalpolitik

Im Rahmen der Studie wird am Image aber auch Kritik geäußert. So finden 33 Prozent der Bürger, dass es in der Kommunalpolitik viele Wichtigtuer gebe. 31 Prozent sind der Meinung, dass Kommunalpolitiker vor allem ihre eigenen Interessen verfolgten.

Nur 24 Prozent der Wähler glauben, dass ohne Kommunalpolitiker in ihrer Gemeinde nichts laufen würde, 22 Prozent sind der Meinung, dass in der Kommunalpolitik häufig heimlich Absprachen getroffen würden und 14 Prozent der Bevölkerung, dass man als Kommunalpolitiker nicht wirklich Einfluss hat.

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