^ Kreis Lörrach: Damit Bauern konkurrenzfähig bleiben - Kreis Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Kreis Lörrach Damit Bauern konkurrenzfähig bleiben

Michael Werndorff
Viele landwirtschaftliche Betriebe stehen unter großem finanziellen Druck. Foto: Michael Werndorff/Michael Werndorff

Landwirte sehen unter anderem ihre Wettbewerbsfähigkeit bedroht.

„Wir brauchen eine verlässliche Politik, die keine falschen Hoffnungen weckt“, fordert Michael Fröhlin, Vorsitzender des Kreisverbands Müllheim des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV). Die Bundespolitik habe sich verrannt, moniert der 43-Jährige.

Mitte Dezember hatten Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner im Bundeshaushalt 2024 geplant, dass es zur Abschaffung der Rückvergütung der Energiesteuer für Agrardiesel und zu einer Kfz-Steuer für Traktoren und Erntemaschinen kommen soll.

Daraufhin kam es zu bundesweiten Protesten. Die Bundesregierung hatte am 4. Januar angekündigt, auf die Abschaffung der Begünstigung bei der Kraftfahrzeugsteuer für Forst- und Landwirtschaft zu verzichten. Indes: Den Bauern reicht dieser Schritt nicht aus. „Wir beharren darauf, dass die Rückerstattung der Energiesteuer nicht weggenommen wird. Das ist unser Ziel“, erklärte Heinz Kaufmann, BLHV-Verantwortlicher für den Landkreis Lörrach und Betreiber des Seebodenhofs in Efringen-Kirchen.

Bauern sehen Kampfansage

Derweil sehen die heimischen Bundestagsabgeordneten ebenfalls Handlungsbedarf: Takis Mehmet Ali (SPD) sei sich des Drucks bewusst, der angesichts der Haushaltslage auf der Bundesregierung laste. „Aber im Interesse der heimischen Lebensmittelproduktion und deren Wettbewerbsfähigkeit sollten wir keine Konsolidierung auf dem Rücken der Landwirte in diesem Land vornehmen“, schreibt er in einem Brief an Landwirtschaftsminister Özdemir.

Die vorgesehene Streichung der Steuervergünstigung für Agrar-Diesel werde seitens der Betroffenen als „Kampfansage an die deutsche Landwirtschaft“ empfunden, welche die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte gegenüber anderen europäischen Mitbewerbern gefährde. Und weiter: „Es ist nicht akzeptabel, dass wir die Anforderungen an unsere Landwirte stetig erhöhen, es aber gleichzeitig an der dafür notwendigen Unterstützung mangeln lassen“, erklärt der Sozialdemokrat. Ohne Zuschüsse würde zum Beispiel die Tierhaltung in Deutschland verschwinden, und das Fleisch werde im Ausland unter noch schlechteren Bedingungen für die Tiere produziert, warnt Fröhlin im Gespräch mit unserer Zeitung.

Unfaire Bedingungen

Christoph Hoffmann (FDP) ist der Ansicht, dass die Rahmenbedingungen für die Landwirte bisher schon unfair seien. „Die vorgesehene Änderung bringt viele bäuerliche Betriebe unter die Gewinnschwelle, daher sollte die bisherige Erstattungshöhe beibehalten werden. Auf die Landwirte kommen durch die Erhöhung der LkW-Maut und des CO2-Preises bereits gestiegene Kosten zu.“ Die Erhöhung des Mindestlohns stelle ebenfalls eine große Hürde für die deutschen Landwirte dar. Und weiter: „Die Preise in den Supermärkten für heimische Produkte können sich nicht mit Preisen aus Spanien oder anderen Importländern messen lassen.“

Auch mit der endlosen Bürokratie würden die Landwirte gegängelt. Und es sei keine Trendwende in Sicht. Die Politik der EU mit immer strengeren Vorschriften erschwere das Leben der Landwirte und dämpfe die Motivation, den Betrieb aufrechtzuerhalten – gerade bei den kleineren oder Familienbetrieben.

„Ich kann die Landwirte verstehen, die aufgeben. Sie haben mit Wettbewerbsnachteilen zu kämpfen und werden mit unnötigen komplizierten Gesetzen konfrontiert“, erklärt Hoffmann, der „auf der Seite der südbadischen Bauern stehe“. Einem Bundeshaushalt, der den Agrardiesel verteuert und die Kfz-Steuer für landwirtschaftliche Fahrzeuge vorsieht, wolle er sicher nicht zustimmen. Stattdessen plädiert er dafür, bei den Sparmaßnahmen andere Haushaltstitel in den Blick zu nehmen.

Volle Unterstützung

Volle Unterstützung für die Anliegen der Landwirte äußert auch CDU-Bundestagsabgeordnete Diana Stöcker. „Die Streichung der Agrardiesel-Rückvergütung und das Aus der Kfz-Steuer bürdet den Betrieben jetzt erhebliche Mehrkosten auf. Dadurch wird die Landwirtschaft pro Jahr mit einer Milliarde Euro zusätzlich belastet. Nach der Streichung der Rückerstattung wäre Deutschland mit den Niederlanden zusammen Spitzenreiter in der Steuer- und Abgabenbelastung für Landwirte“, verdeutlicht die Christdemokratin. Weiter erklärt sie: „Wir sollten den allgemeinen Kontext nicht vergessen. Bereits jetzt sind viele Landwirte in ihrer Existenz bedroht.“

Das Fass läuft über

Vergessen werde in der jetzigen Diskussion unter anderem die Reduzierung des Bundeszuschusses zur Berufsgenossenschaft und die Absenkung der sogenannten Bauernmilliarde für die Anschaffung von umweltgerechten Maschinen. Für die Landwirte wurde ein Fass zum Überlaufen gebracht. „Sie gehen zurecht auf die Straße und haben eine legitime Form des Protests gewählt. Unsere Landwirte brauchen eine neue politische Kultur der Wertschätzung.“

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading