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Kreis Lörrach Damit der Bundestag kleiner wird

Michael Werndorff
 Foto: pixabay

Umfrage: Heimische Bundestagsabgeordnete äußern sich über Wahlrechtsreform

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. Der Bundestag soll kleiner werden, genauer gesagt von derzeit 736 Mitgliedern auf 598 Abgeordnete schrumpfen. Darüber wird schon lange diskutiert. Mit dem Vorschlag der Ampelfraktionen nimmt das Vorhaben Fahrt auf. Unsere Zeitung wollte wissen, wie die heimischen Bundestagsabgeordneten den Reformvorschlag bewerten.

Hätte die Reform bereits bei der vergangenen Bundestagswahl gegriffen, wäre der Wahlkreis Lörrach-Müllheim nicht mehr durch einen direkt gewählten Abgeordneten im Parlament, sondern nur über Liste vertreten, berichtet „ZeitOnline“. Eine unabhängige Analyse der Bertelsmann-Stiftung bestätigt das Ergebnis. Diana Stöcker (CDU) hätte laut Auswertung das Ticket nach Berlin nicht lösen können, ebenso Takis Mehmet Ali (SPD). Indes wäre Christoph Hoffmann (FDP) über den Listenplatz in den Bundestag eingezogen.

Hoffmann: Guter Vorschlag

Der FDP-Abgeordnete spricht gegenüber unserer Zeitung von einem guten Vorschlag. So bestimme das Ergebnis der Zweitstimmen die Zusammensetzung des Bundestags. Die Anzahl der Mitglieder wird deutlich vermindert auf rund 600. „Das ist ein großer Fortschritt im Sinne des Steuerzahlers, aber auch für die Effizienz der parlamentarischen Arbeit. Es käme auch zu keiner Vergrößerung der Wahlkreise, was Bürgernähe ermöglicht“, erklärt Hoffmann.

Union übt Kritik

Derweil kommt große Kritik seitens der Union: Diana Stöcker: Der Vorschlag ist höchst problematisch und undemokratisch. Denn er wird dazu führen, dass direkt gewählte Kandidatinnen und Kandidaten nicht in den Bundestag einziehen.“ Gewählten Wahlkreiskandidaten das Mandat zu verweigern, sei eine Missachtung des Wählerwillens, des Rechtsstaats- und Demokratieprinzips, schreibt sie auf Anfrage unserer Zeitung. „Dieses Vorgehen wird die Politikverdrossenheit der Bürger weiter verstärken“, warnt Stöcker.

Die Union rege sich naturgemäß auf, weil die Übervorteilung der CSU damit beendet wird, macht Hoffmann deutlich. Und weiter: Die Kritik, dass die Erststimme entwertet wird, sei falsch. „Wenn der oder die Abgeordnete über Erststimmen bisher mit sehr wenig Prozent, zum Beispiel 22 Prozent gewählt worden ist, könnte das Mandat entfallen. Die Gefahr, dass Wahlkreise deshalb verwaisen, ist sehr gering, da meist ein Abgeordneter über die Liste dabei ist, der vielleicht fünf oder zehn Prozent weniger Erststimmen hat“, erklärt der FDP-Abgeordnete. Das sei ein kleines Opfer im Vergleich zu einem deutlich kleineren Parlament. „Für den superseltenen Fall, dass bei der Wahl kein Kandidat des Wahlkreises zum Zuge kommt, kann man im laufenden Verfahren noch Lösungen finden“, ist Hoffmann überzeugt.

Frage der Glaubwürdigkeit

Für Takis Mehmet Ali (SPD) ist die geplante Wahlrechtsreform und die damit einhergehende Verkleinerung des Bundestages eine Frage der Glaubwürdigkeit von Politik und Parlament. Denn die ständige Erweiterung des Bundestages stelle bereits jetzt eine große Herausforderung für die Arbeits- und Funktionsfähigkeit sowie die Finanzierbarkeit des Parlaments dar. „Wir müssen also sicherstellen, dass der Bundestag funktionsfähig bleibt und seine verfassungsmäßigen Aufgaben erfüllt. Insofern ist unser Vorschlag zur Wahlrechtsreform ein Zeichen dafür, dass auch das Parlament reformbereit ist und bei der Modernisierungspolitik der Ampel mitzieht.“ Und weiter: Eine Verzerrung der Sitzverteilung wie bisher durch unausgewogene Überhangmandate sei nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

Stöcker präsentiert derweil einen Alternativvorschlag, und zwar eine Aufteilung auf 299 Direktkandidaten, die bisherige Erststimme, und 299 Listenkandidaten, die bisherige Zweitstimme, ergeben 598 Abgeordnete. Jeder direkt Gewählte ziehe in den Bundestag ein, der Rest werde über die Listen nach Verhältniswahlrecht entsprechend der Stärke der Parteien vergeben. Überhang- und Ausgleichsmandate seien dann auch hier nicht mehr notwendig.

Für Hoffmann liegen die Vorteile einer Wahlrechtsreform auf der Hand: „Der Vorteil ist ein kleineres Parlament und ein weiterer ist, dass die Demokratie sich via Ampel-Koalition selbst reformiert und damit die Demokratie stärkt.“

Politische Gesamtleistung

Und Mehmet Ali sieht in dieser Reform erhebliches Potenzial für ein modernes Mandatsverständnis. Direktmandate würden künftig in das Gesamtverhältnis der sogenannten Hauptstimmen des jeweiligen Bundeslandes gesetzt. Somit garantierten geschwächte und knappe Direktmandate keinen Einzug in den Bundestag mehr. „Es wird künftig auf die politische Gesamtleistung der Parteien ankommen.“

Indes würde die Reform der vorgeschlagenen Art für den heimischen Wahlkreis schwerwiegende Auswirkungen haben, ist Stöcker überzeugt. Denn die Besonderheiten des Dreiländerecks und die damit zusammenhängenden Problemstellungen seien in Berlin nicht bekannt, erklärt die CDU-Politikerin. „Wer transportiert die Anliegen des Wahlkreises, wenn nicht die/der sich im Wahlkreis besonders engagierende Wahlkreisabgeordnete?!“

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