Kreis Lörrach Damit die Digitalisierung gelingt

Die Oberbadische
Die Mobilität, wie wir sie kennen, wird sich zunehmend verändern. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Studium Generale: Andreas Knie über die Digitalisierung der Mobilität / Zeichen des Wandels erkennen

Die Lörracher Duale Hochschule Baden-Württemberg setzt ihre Reihe Studium Generale fort. Bei der heutigen Veranstaltung ab 18 Uhr im Georg H. Endress Auditorium, Hangstraße 46-50, steht die Digitalisierung der Mobilität im Mittelpunkt.

Kreis Lörrach. Andreas Knie, Politikwissenschaftler am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und Hochschullehrer an der TU Berlin, beleuchtet den Stand der Dinge und beschreibt auch die Kehrseite der Digitalisierung wie Big-Data, Privatsphären-Auflösung und Überwachungsrisiken. Adrian Steineck sprach mit dem Referenten im Vorfeld der Veranstaltung.

Frage: Sie monieren das Ende der Privatsphäre. Aber was ist denn falsch daran, wenn etwa ein Auto im Falle eines Unfalls automatisch einen Notruf absetzt und dabei auch mein Standort bekanntgegeben wird?

Es ist nichts Falsches, wenn ein Auto nach einem Unfall ein Notruf absetzt. Das Problem beim Auto ist, dass wir zu Viele vom Gleichen haben. Ursprünglich haben wir alle den Traum vom privaten Glück gelebt, mit eigenem Haus, eigenem Garten und natürlich auch eigenem Auto. Infrastrukturen wurden gebaut, Steuervorteile gewährt und das Auto als dominantes Verkehrsmittel in die Verkehrsrechtspraxis eingeschrieben. Jetzt haben wir knapp 700 Autos auf 1000 Menschen in Deutschland. Jetzt müssen wir über einen neuen Traum nachdenken.

Frage: Wie lange wird es Ihrer Meinung nach dauern, bis etwa der Verbrennungsmotor durch die E-Mobilität ersetzt ist und die Leute kopfschüttelnd auf diese umweltunfreundliche Art der Technik zurückblicken?

Das hängt von uns ab, von unserem Mut und unserer Intelligenz. Städte wie Paris oder Stadtstaaten wie Singapur haben das Ende von Neuzulassungen für das Jahr 2030 bereits verkündet. China und Kalifornien denken bereits intensiv darüber nach. Das bedeutet, dass die volumenstarken und ausstrahlungsstarken Märkte das Ende des Verbrenners klar kommunizieren. Die deutsche Politik wäre also gut beraten, in Deutschland diese Entwicklung zumindest im Rahmen von Experimentierräumen vorwegzunehmen.

Frage: Hat da nicht die Erdöl-Lobby auch noch ein Wörtchen mitzureden?

Ja, natürlich. Aber wenn wir alle mitmachen, wenn der neue Traum eine digital vernetzte, postfossile Mobilität wahr wird, dann wird auch die Erdöl Lobby Ihre Arbeit umstellen. Es gilt immer noch der Satz von Oskar Wilde: „Nichts ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“

Frage: Halten Sie Feinstaubplaketten und Fahrverbote wie etwa in Stuttgart für den richtigen Weg?

Das kann nur ein erster Schritt werden. Stuttgart muss zum Zukunftslabor für Mobilität werden. Der ÖPNV wird durch digitale Plattformen ergänzt und ausgebaut, die Pendlerströme durch CoWorking Spaces an den Stadträndern verringert, und alles wird natürlich elektrisch betrieben.

Frage: Deutschland ist eine Autobauer-Nation mit BMW, Audi & Co. Aber im Bereich E-Mobilität ist das US-amerikanische Unternehmen Tesla führend. Befürchten Sie, dass der Industriestandort Deutschland - auch angesichts der Konkurrenz aus Asien - über kurz oder lang zumindest im Bereich Automobile aufs Abstellgleis gerät?

Ja, wenn Deutschland nicht erkennt, dass der Verbrennungsmotor ausläuft, dann läuft die deutsche Autoindustrie auch aus. Die Hersteller haben in der Geschichte des Autos immer nur auf politischen Druck hin reagiert. Vom Katalysator über den Sicherheitsgurt oder den Airbag, Innovationen mussten immer erzwungen werden. Die deutschen Hersteller lieben Diesel- und Ottomotoren, da sind sie am besten, da machen sie die meisten Gewinne. Man muss sie zu Veränderungen zwingen.

Frage: Die Politik gibt vor, dass ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos, also keine Benziner mehr, auf Deutschlands Straßen unterwegs sind. Halten Sie das für realistisch?

Die Politik gibt eben nichts vor. Sie muss diese Ziele aber festlegen und mit den Beteiligten darüber beraten, wie der Umbauplan aussehen kann. Menschen sind auch im Verkehrsverhalten wandelbar. Stein- und Braunkohle sind ein gutes Beispiel wie man den Strukturwandel verschlafen, ignorieren und dann nur noch entsorgen kann. Wer nicht frühzeitig die Zeichen des Wandels erkennt und den Mut zum Umsteuern hat, der hinterlässt trostlose Landschaften mit enttäuschten Menschen und kaputten Biografien.

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