Kreis Lörrach Das Einkaufserlebnis bleibt getrübt

Denis Bozbag
Die Textilbranche gehört derzeit zu den am stärksten von Corona betroffenen Handelssparten (Archivfoto). Foto: Die Oberbadische

Handel: Mehrwertsteuersenkung ist mit Kosten und Aufwand verbunden / Textilbranche leidet weiter

Regio - Die befristete Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent stößt beim Handel auf wenig Euphorie. Zu groß ist der Aufwand, Kassensysteme und Preisauszeichnungen für Millionen von Artikeln anzupassen. Zudem hat der Lockdown das Einkaufs- und Freizeitverhalten verändert. Das Onlinegeschäft gehöre zu den Gewinnern der Krise, berichtet Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, Claudius Marx, im Gespräch mit unserer Zeitung.

„Viele unserer Mitglieder haben uns mitgeteilt, dass sie mit der Senkung der Mehrwertsteuer in erster Linie Kosten und Aufwand hatten“, sagt Marx. Preisauszeichnungen zweimal – am Beginn und am Ende eines überschaubaren Zeitraums – taggenau umzusetzen, verursache zudem leicht Kosten, die über dem gewährten Nachlass lägen.

„Die Nachfrage nach Konsumgütern des täglichen Bedarfs wie Lebensmitteln und Hygieneartikeln ist konstant geblieben. Dagegen hat sich bei den hochpreisigen Gebrauchsgütern wie Autos, Laptops oder Möbeln die Mehrwertsteuersenkung in einem höheren Absatz niedergeschlagen“, berichtet Peter Spindler, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Südbaden.

Im Bereich Kleidung und Schuhe befinde sich der Handel indes gut 20 Prozent unter dem Umsatz der Vorjahreszeitspanne. „Dies liegt daran, dass aufgrund der Corona-Einschränkungen die Anlässe fehlen, sich modisch neu auszustatten. Geburtstagsfeiern, Taufen oder Hochzeiten finden nicht mehr im üblichen Rahmen statt oder werden auf das kommende Jahr verschoben“, weiß Spindler. Auch mit dem Arbeiten im Homeoffice habe die Nachfrage nach entsprechender Bürokleidung wie Anzügen und Blusen deutlich nachgelassen.

Der Lockdown kam zu einem Zeitpunkt, an dem die Textilbranche den höchsten Umsatz des Jahres generiere. Dieser Verlust könne für das laufende Jahr nicht mehr wettgemacht werden.

Während die Textilbranche also an den Folgen der Pandemie immer noch zu knapsen hat, gibt es Gewinner in anderen Sparten: Gute Umsätze verbuchen derzeit die Baumärkte, Gartencenter und Einrichtungsläden. „Es ist ganz klar ein Trend zu erkennen, sich in den eigenen vier Wänden wohlfühlen zu wollen“, konstatiert Spindler.

„Es gibt einige wenige Bereiche, die einen Boom erfahren haben, dazu zählen unter anderem die Fahrradgeschäfte“, hält Marx fest. „Wir konnten zudem bisher nicht feststellen, dass es den kleineren Geschäften schlechter ergangen ist. Die Lage und die Erholung des Einzelhandels hängen stark mit der Entwicklung der jeweiligen Innenstadt zusammen. Die ist von Ort zu Ort unterschiedlich.“

Generell gehe es den meisten Innenstädten im IHK-Bezirk Hochrhein-Bodensee, verglichen mit anderen Regionen in Deutschland, aber etwas besser. Die Kunden aus der Schweiz seien dafür ein wichtiger Faktor. Auch die Touristen bildeten eine tragende Säule.

Klarer Gewinner ist der Online-Handel

Der Online-Handel gehört laut Spindler und Marx zu den klaren Gewinnern der Krise, und Paketdienste haben Hochkonjunktur. „Nicht wenige Kunden, die zuvor in die Innenstädte gingen, haben sich an das Online-Shopping gewöhnt, und manche werden vielleicht nicht oder nicht sofort zum stationären Einzelhandel zurückkehren“, befürchtet der IHK-Hauptgeschäftsführer. Auch leide die Innenstadt als Ort der Freizeitgestaltung noch darunter, dass Menschen um ihre Arbeit fürchteten oder kurzarbeiten und ihr Geld zusammenhalten müssten. Hinzu komme, dass Einkaufen mit Mundschutz und Mindestabstand das Erlebnis trübe. Viele verzichteten noch immer auf nicht unbedingt nötige Einkaufe aus Angst vor einer Ansteckung.

„Anschaffungen aufschieben und sich erst einmal auf den notwendigen täglichen Bedarf konzentrieren: Dieses Verhalten ebbt aber langsam ab, es etabliert sich eine neue Normalität mit Corona.“

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