„Wo immer wir können“, unterstütze das Erzbistum Freiburg die Aufarbeitung durch eine unabhängige Kommission. Dafür stehe er auch als Generalvikar persönlich. Neben der detaillierten Aufarbeitung, die durch die AG Aktenanalyse bereits seit 2018 laufe, habe das Bistum auch das Präventionsprogramm gegen Missbrauch deutlich gestärkt. Und: „Wir setzen es entschieden durch.“ Viele Menschen bewegt und berührt derzeit ein weiteres Thema: Mehr als hundert queere (homosexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie nicht-binäre) Menschen aus dem Herzen der Kirche haben mit der Initiative „out in church“ öffentlich über ihre oft schmerzhaften Erfahrungen berichtet.
Dazu Neubrand wörtlich: „Die Mitarbeitenden, die an der Initiative teilgenommen haben, müssen in der Erzdiözese Freiburg keinerlei Konsequenzen fürchten. Homosexuelle Menschen sind in der Kirche willkommen. Eine Kirche, wie ich sie mir wünsche, begrüßt mit Freude alle, die sich zur Botschaft Jesu bekennen.“
Möller: „Höchste Zeit“
„Es muss schonungslose Aufklärung geben“, fordert Pfarrer Gerd Möller, Dekan des Dekanats Wiesental, im Gespräch mit unserer Zeitung. Es sei höchste Zeit, genau hinzuschauen und zu analysieren – „auch, wenn es dabei ans Eingemachte des verfassten Systems der Kirche geht“. Es gehe einzig und allein um die Menschen, an denen sich die Kirchenmänner schuldig gemacht haben.
Wichtig ist für Möller, dass im Rahmen der Aufarbeitung die Nöte der Opfer und Betroffenen und nicht die Befindlichkeiten der Täter in den Fokus gerückt werden. „Die Aufarbeitung wird in jedem Fall eine schwere Kost für uns, es führt aber kein Weg dran vorbei, und das Thema wird uns lange, lange Zeit nicht loslassen.“
Mit Sorgen beobachtet Möller die steigende Zahl der Kirchenaustritte – „eine Beobachtung, die wir allerdings schon seit den 1950er Jahren machen“. Jeder einzelne Austritt stelle das soziale und caritative Wirken auf die Probe. Der Mitgliederrückgang habe indes verschiedene Ursachen und sei nicht ausschließlich eine Reaktion auf die aktuelle Diskussion.
Als Gründe nennt der Dekan zum einen die demografische Entwicklung, zum anderen die Tatsache, dass viele zwar getauft, mit der Kirche aber zeitlebens nie sozialisiert gewesen seien. Diese Gruppe nehme vielfach den Missbrauchsskandal zum Anlass, sich abzumelden und damit von der Kirchensteuer zu „befreien“. Anm. d. Red.: Im Dekanat Wiesental – Landkreis Lörrach, ohne Bad Bellingen, Schliengen und Schwörstadt-Dossenbach – gibt es aktuell rund 56 000 Katholiken.
Langer: Ja zu Maria 2.0
„Ich bin erschüttert, wie viele die Unwahrheit gesagt haben“, reagiert Christa Langer, Vorsitzende der Lörracher Frauengemeinschaft St. Peter, auf den Skandal. Dem gealterten Papst Benedikt XVI könne man allenfalls zugestehen, dass er von schlechten Beratern umgeben sei.
Trotzdem hält Langer fest: „Wir bleiben in der Kirche verankert. Sie ist für uns ein Ort der Stärkung im Glauben und in der Gemeinschaft.“ Staat und Gesellschaft wären ohne die immensen sozialen Leistungen der Kirche „arm dran“. Die engagierte Kirchenfrau setzt auf den synodalen Weg.
Ohne Wenn und Aber bekennt sich das Team St. Peter zur uneingeschränkten Gleichstellung von Frau und Mann in der katholischen Kirche: „Wir stehen zur Bewegung Maria 2.0“, unterstreicht Langer und ist überzeugt: „Eine Kirche ohne Frauen ist nicht vorstellbar. Da würde alles zusammenbrechen.“