Kreis Lörrach Der Arzt ist „nur“ der Lotse

Peter Ade
regelmäßige Blutzuckerkontrolle ist ein Bestandteil der Therapie Foto: pixabay

Diabetes mellitus, kurz Zucker, gilt als eine der ältesten bekannten Volkskrankheiten.

Bewegung, Bewegung und nochmal Bewegung. Für Michael Maraun, Chefarzt und Diabetologe am Kreiskrankenhaus Schopfheim, ist das der beste Schutz vor Zuckerkrankheit. Und wenn es einen doch „erwischt“, dann gilt erst recht: Bewegung, Bewegung und nochmal Bewegung, dazu eine ausgewogene Ernährung.

Laut der „diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe“ leiden rund acht Millionen aller Deutschen an der komplizierten Stoffwechselstörung. Während Diabetes Typ 1 eher bei jüngeren Menschen auftritt, liegt das mittlere Alter für das Auftreten von Typ-2-Diabetes bei 62 Jahren. Allerdings gibt es auch immer mehr junge Erwachsene, die von der Krankheit betroffen sind.

Die gute Nachricht: Bereits frühzeitig lassen sich Risikofaktoren des Typ-2-Diabetes identifizieren. Im Idealfall kann die Krankheit durch eine entsprechende Anpassung des Lebensstils verhindert werden. Erkennungszeichen sind unter anderem ein starkes Durstgefühl, Energielosigkeit, Niedergeschlagenheit bis hin zur Depression, Vergesslichkeit, erhöhte Urinausscheidung und schlecht heilende Wunden.

Schlimme Folgen

Da derlei Symptome bei vielen Erkrankungen auftreten können, wird der Typ-2-Diabetes häufig eher als Zufallsdiagnose erkannt. Harmlos ist die „Zuckerkrankheit“ jedoch keinesfalls, denn unbehandelt kann sie zu erheblichen Komplikationen führen: irreparable Nervenschäden, Nierenversagen, Erblindung und Durchblutungsstörungen in Füßen und Beinen, oftmals mit Amputationsfolgen. Wird ein Diabetes vom Typ-2 frühzeitig behandelt, kann die Therapie oft sogar ohne die Einnahme von Medikamenten erfolgen – bei knapp 40 bis 50 Prozent aller Betroffenen reicht eine Änderung des Lebensstils aus. Sollte das nicht (mehr) genug sein, stehen blutzuckersenkende Medikamente zur Verfügung.

Nur in sehr schweren Fällen ist das regelmäßige Spritzen von Insulin die einzige Option. Schon daher lohnt es sich, die unterschiedlichen Typ-2-Diabetes-Risikofaktoren zu kennen und sie am besten schon im Vorfeld zu beseitigen.

Jeder Elfte betroffen

In Baden-Württemberg ist bei etwa jedem 14. Einwohner ein Diabetes mellitus Typ 2 bekannt. Jeder elfte Einwohner ist bei Berücksichtigung auch von noch nicht erkannten Erkrankungen wahrscheinlich bereits von einem Diabetes mellitus Typ 2 betroffen.

Der Begriff Zuckerkrankheit geht darauf zurück, dass unbehandelte Diabetiker mit ihrem Urin Zucker ausscheiden und dieser dadurch süßlich schmeckt – was Ärzte früher nutzten, um Diabetes zu erkennen. Medizinisch korrekter ist jedoch der Ausdruck Diabetes mellitus.

Leistungsschwäche ist ebenfalls ein häufiges Diabetes-Anzeichen. Denn bei Zuckerkranken ist zwar viel energiereiche Glukose im Blut vorhanden. Diese kann aber nicht in die Zellen gelangen, um verwertet zu werden. So entsteht innerhalb der Zellen ein Energiemangel. In der Folge fühlen sich die Menschen oft kraftlos und sind körperlich weniger leistungsfähig.

Die meiste Glukose, die der Körper am Tag braucht, ist fürs Gehirn bestimmt. Ein Glukosemangel beeinträchtigt deshalb die normale Gehirnfunktion. Er kann Konzentrationsschwäche und Müdigkeit bis hin zu schweren Bewusstseinsstörungen und Koma auslösen.

Leben ohne Beschwerden

Wer ein paar Dinge beachtet – vor allem hinsichtlich der Ernährung und des Blutzuckerspiegels – kann trotz Zuckerkrankheit ein beschwerdefreies Leben führen und Folgeschäden vermeiden.

Der Schopfheimer Diabetologe Maraun schwört auf Bewegung und vor allem die Bereitschaft, die Krankheit aktiv anzugehen. „Diabetes kann man nicht beim Arzt abgeben“, sagt der Mediziner, der sich im Umgang mit Betroffenen vor allem in der Rolle des Lotsen sieht.

Im Übrigen: Zu viele Kilos auf der Waage erhöhen nicht nur das Risiko, an Diabetes mellitus zu erkranken, sondern sind auch ein Faktor für das „metabolische Syndrom“. Dabei handelt es sich um eine unglückliche Kombination aus Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, einem erhöhten Cholesterinspiegel sowie abdominaler Fettleibigkeit. Diese Faktoren können das Auftreten von weiteren Folgeerkrankungen und das allgemeine Mortalitätsrisiko deutlich erhöhen.

Rat der Experten

Die Empfehlung des Experten: Treiben Sie mindestens fünfmal die Woche moderaten Sport: beispielsweise Joggen, Spazieren, Schwimmen oder Radfahren. Bauen Sie außerdem auch im Alltag mehr Bewegung ein – nehmen Sie die Treppe, parken Sie das Auto weiter von ihrem Zuhause entfernt, kaufen Sie sich einen höhenverstellbaren Stehschreibtisch fürs Homeoffice oder stehen Sie während der Arbeit stündlich mindestens einmal auf und gehen Sie jeweils einige Minuten auf der Stelle – die Möglichkeiten sind endlos.

Eine vollwertige und vegane Ernährung kann darüber hinaus nicht nur beim Abbau von Übergewicht helfen, sondern auch für einen gesünderen Stoffwechsel sorgen. Sie enthält außerdem viele Ballaststoffe, unterstützt die Gewichtsabnahme und kann zu hohe LDL-Cholesterinwerte regulieren.

Die regionale Interessenvertretung für Diabetiker befindet sich im Kreiskrankenhaus Schopfheim, Schwarzwaldstraße 40 – dort ist das Diabetes- und Schulungszentrum untergebracht.

info@dizescho.de

Homepage: www.dizescho.de

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