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Kreis Lörrach Der Biber erobert die Region zurück

Michael Werndorff
Auch dieser Baum steht nicht mehr lange: An der Wiese in Lörrach-Stetten hinterlässt der Biber seine Spuren. Foto: Michael Werndorff

Einst ausgestorbene Tierarten breiten sich wieder aus und führen zu Konflikten.

Die Nager, die schon ausgerottet waren, sind zurück. Doch nicht jeder freut sich darüber, schließlich kann es zu Konflikten mit Land- und Waldnutzern kommen, wenn das größte Nagetier Europas Bäume fällt und Gewässer aufstaut.

Zunächst sei es erfreulich, dass in einer dicht besiedelten Kulturlandschaft ehemals ausgestorbene und seltene Arten zurückkehren, sagt Michael Kauffmann, Dezernent für den ländlichen Raum im Landratsamt, im Gespräch mit unserer Zeitung. Schätzungen zufolge gibt es in Baden-Württemberg rund 8000 Biber.

Biber gestalten Lebensraum

„So erfreulich das für den Natur- und Artenschutz ist, ist es auch eine Herausforderung für den bewirtschaftenden Menschen“, weiß der Experte. Signifikant beim Biber: Wie kein anderes Säugetier ist der Biber in der Lage, sein Lebensumfeld selbst zu gestalten, indem er Gewässer anstaut, reguliert, Dämme baut und dort Gehölze bevorratet, die er im Winter als Nahrung braucht. „Das führt zu Kollisionen mit den Interessen der Menschen vor Ort.“

Was die Rückeroberung angeht, steht der Landkreis Lörrach erst am Anfang: Während der Biber schon vor einigen Jahren in Bayern und im Oberschwäbischen stark aufgetreten ist und dort massive Konflikte auslöst, ist die Lage hierzulande noch entspannt. Den Nager gibt es am Ober-, Hochrhein, in der Wiese und zunehmend in deren Nebengewässern. „Die Wirkung, die der Biber dort entfaltet, ist wegen der geringen Population noch überschaubar“, gibt der Experte Entwarnung.

Wirtschaftliche Schäden

Gleichwohl stellt die Verwaltung fest, dass insbesondere Grünland durch kleinere Anstauungen überflutet wird. Sogar im Wald gab es schon Bereiche, wo Gewässer angestaut wurden und die Bäume im Wasser standen. In der Folge starben die Bäume ab. „Mit diesen Entwicklungen wird man in den kommenden Jahren vermehrt konfrontiert sein.“

Problematisch sei es auch, wenn das Tier Dämme und Uferbefestigungen beschädigt. „Dann treten massive Schäden auf, auch wirtschaftlicher Art.“ Entlang der Wiese in Lörrach-Stetten lassen sich derzeit Spuren des Nagetiers sehen: Angenagte Stämme und umgelegte Bäume. „Der Biber ist eben Bestandteil unserer Natur, und es ist hinnehmbar, dass er sich ernährt und entlang der Gewässerläufe seinen Lebensraum gestaltet“, macht der Dezernent deutlich. Die Gewässerrandstreifen sind besonders geschützt, sodass eine natürliche Entwicklung ermöglicht wird. „Kurzum, der Biber darf Bäume fällen.“

Lage im Blick behalten

Problematisch wird es aber in landwirtschaftlichen Bereichen, sodass ein Eingreifen nötig werden kann. Dabei hat das Landratsamt einen genauen Blick auf die Ausbreitung des Bibers in der Region. Die Untere Naturschutzbehörde ist gerade dabei, ehrenamtliche Biberbeauftragte zu gewinnen, die das Geschehen beobachten und beurteilen sollen. Laut Kaufmann gibt es eine ganze Palette von bewährten Maßnahmen, die bei Konflikten für Abhilfe sorgen sollen. „Ziel ist ein Mit- beziehungsweise ein Nebeneinander von Mensch und Tier.“

Dass die Biber in der Regio wieder heimisch sind, ist laut Biberexpertin Bettina Sättele auf zwei Zuwanderungsrichtungen zurückzuführen: Zum einen über Donaueschingen, zum anderen von Süden aus der Schweiz, wo private Naturschützer die Tiere wieder angesiedelt haben. In Baden-Württemberg sei indes keine Initiative ergriffen worden. Anders als beim Biber sorgt die Rückkehr des Wolfes für erhitzte Gemüter. Die Wiederbesiedlung durch den Wolf ist für die Landbewirtschafter, insbesondere für die Nutztierhalter, ein äußerst relevantes Thema“, stellt Kaufmann fest.

Extensive Weidetierhaltung und Wölfe seien zwar nicht unvereinbar, eine Vereinbarkeit stelle aber sehr hohe Anforderungen. Derzeit setzt der Landkreis durch Beratung und Förderung Herdenschutzmaßnahmen um. Konkret geht es um den Bau von Elektrozäunen, was aber wegen der Topografie im Südschwarzwald nicht in allen Bereichen funktioniert.

Schutz vor Wölfen

Herdenschutzmaßnahmen sind Kaufmann zufolge ein wichtiger Baustein, letztlich könnten sie das Thema Wolf aber nicht befrieden. Darüber hinaus brauche es weitere Ansätze. Zu begrüßen sei, dass für die Rinderhaltung im Rahmen eines Projekts Ansätze für den zumutbaren Herdenschutz entwickelt wurden. Es ist keineswegs so, dass ein wolfssicherer Zaun für die Rinderhaltung als notwendige Schutzmaßnahme zwingend vorausgesetzt wird. Abhilfe sehen Experten im sogenannten geführten Weidegang, das heißt: Jungtiere sind nicht alleine auf der Weide, sondern in Begleitung erfahrener Mutterkühe.

Mittlerweile gibt es auch eine Vereinbarung von Bund und Ländern, wie man zukünftig mit der Entnahme von Wölfen umgeht. So soll es deutlich vereinfacht werden, Wölfe zu erlegen. Das wiederum setzt voraus, dass der zumutbare Herdenschutz überwunden wurde. Und weil dieser niederschwellig angesetzt wurde, besteht laut Kauffmann nun eine gute Möglichkeit, Wolfsbestände im Schwarzwald aktiv zu managen.

Einheitliches Meinungsbild

Während sich Landwirte zum Teil Sorgen um ihre Weidetiere machen, blickt die Bevölkerung weitgehend gelassen auf die Rückkehr von Wölfen nach Baden-Württemberg. Das zeigt die Umfrage zum Thema Umwelt- und Naturschutz im Urteil der baden-württembergischen Bevölkerung im Rahmen des neuesten BaWü-Checks. Knapp jeder Zweite begrüßt es, dass es im Land seit einigen Jahren wieder Wölfe gibt, nur jeder Fünfte findet das nicht gut; weiteren 20 Prozent ist das egal.

Dabei fällt das Meinungsbild in Stadt und Land laut Erhebung sehr einheitlich aus. Sowohl im ländlichen Raum wie auch in den Großstädten befürwortet jeweils eine relative Mehrheit, dass sich Wölfe wieder in Baden-Württemberg ansiedeln. Risiken sieht die Bevölkerung insbesondere für die Landwirte, die Viehzucht betreiben, weit weniger für Menschen und Tiere im allgemeinen.

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