Kreis Lörrach „Der ländliche Raum braucht Freiheit und Möglichkeiten“

Michael Werndorff
Am 9. Juni findet eine Kombi-Wahl aus Europa-, Kreistags-, Gemeinderats- und Ortschaftswahl statt. Foto:  

Im Vorfeld der Kreistagswahl am 9. Juni steht die FDP unserer Zeitung Rede und Antwort.

Im Vorfeld der Kreistagswahl am 9. Juni stehen die Parteien unserer Zeitung Rede und Antwort.

Die finanzielle Situation des Landkreises ist prekär. Der Sparkurs und das Erfüllen der Pflichtaufgaben überschatten viele Bereiche. Wo sehen Sie in der neuen Legislaturperiode noch Gestaltungsspielraum?

Der finanzielle Gestaltungsspielraum wird tatsächlich auf ein Minimum schrumpfen. Es muss aber auch nicht jeder Bereich der Gesellschaft politisch gestaltet werden. Ich hoffe auf die Erkenntnis vieler Kollegen, dass Vertrauen und Gestaltungsfreiheit für die Bürgerschaft insbesondere in schwierigen Zeiten ein sehr gutes Mittel sind, vorwärts zu kommen. Vieles wird im Dorf oder Stadtteil vor Ort sehr pragmatisch und effektiv gelöst, wenn man die Leute nur machen lässt.

Die Kreiskliniken stecken tief in den roten Zahlen: Der Kreis hat bereits mehrmals Hilfe in Millionenhöhe geleistet. Was muss neben der Restrukturierung noch geschehen, damit der Betrieb wieder gesunden kann?

Das Wichtigste ist, dass wir es schaffen, die vielen Vorteile und Verbesserungen, die das neue Zentralklinikum mit sich bringt, auch in die Mitarbeiterschaft und vor allem Kreiseinwohnerschaft zu transportieren.

Ich vernehme vielerorts noch etwas Skepsis. Alternativen gibt es jetzt ohnehin keine anderen, deswegen werbe ich für die positive Vision „Eröffnung Zentralklinikum“. Schon in Kürze haben wir Landkreisbewohner ein neues, modernes, toll ausgestattetes Klinikum mit bester Versorgung und die Mitarbeiter ein modernes, schönes Arbeitsumfeld auf dem neuesten Stand der Zeit.

Der Landkreis hat mit der Sozialstrategie einen erfolgreichen Weg eingeschlagen. Welche Ansatzpunkte jenseits der Strategie sehen Sie, um die hohen Sozialausgaben im Landkreis in den Griff zu bekommen?

Die erfolgreiche Sozialstrategie sollten wir konsequent fortführen. Im Sozialdezernat wird gute Arbeit geleistet. Was sicherlich auch positive soziale Auswirkungen hat, ist eine gute Förderung der ehrenamtlichen Arbeit im gesamten Kreis. Vom Sportverein bis zur Rettungsorganisation. Überall, wo Menschen sich gemeinschaftlich engagieren, wird die Gesellschaft stabiler, und Personen finden eine Gemeinschaft, die sonst auch mal durchs Raster fallen. Deswegen gilt es, ehrenamtliche Strukturen bei einem Sparkurs besonders zu schützen.

Wie kann dem Auseinanderklaffen des Verhältnisses von städtischem und ländlichem Raum entgegengewirkt werden? Und welche Themen stehen für Sie ganz oben auf der Agenda, damit der ländliche Raum nicht abgehängt wird?

Im ländlichen Raum im Kreis Lörrach gibt es unglaublich viel Engagement. Die Menschen wollen oftmals ihr Lebensumfeld selbst aktiv gestalten. Nicht selten verhindern aber wieder bestimmte Auflagen den Erhalt einer Räumlichkeit, oder ein Gesetz blockiert eine gute Initiative.

Der ländliche Raum braucht Freiheit und Möglichkeiten. Ermessensspielräume sollten überall wo möglich genutzt werden. Auch müssen wir aufpassen, dass urbane Vorstellungen von Klima- und Umweltschutz auf Kosten des ländlichen Raumes nicht übertrieben werden.

Die Integration von Asylsuchenden ist eine Herausforderung, die auch den neuen Kreistag beschäftigen wird. Was muss geschehen, damit gesteckte Ziele erreicht werden?

Die Wichtigkeit ehrenamtlicher Vereine und Strukturen habe ich bereits hervorgehoben. Sie sind auch ein idealer Ort für Integration. Die anderen Angebote wie Sprachförderung sind vorhanden. Es ist keine populäre Position, aber ich finde, wenn dies nicht reicht, muss letztlich auch der Druck erhöht werden. Integration sehe ich zu einem großen Teil auch als Bringschuld der Migranten. Ich sehe schon auch, dass es manchem in unserem System etwas zu bequem gemacht wird. Dies klingt sozial. Man macht den Menschen damit aber keinen Gefallen.

Welcher Punkt Ihres Wahlprogramms genießt für Sie höchste Priorität?

Eine gesunde Finanzpolitik, die ideologiefreie sachliche Entscheidungen trifft und den Bürgern wieder mehr Handlungsspielräume gewährt sowie den Bürgern Vertrauen schenkt.

Beim Blick in die Wahlprogramme der anderen Parteien: Bei welchem Vorschlag stellen sich Ihnen die Nackenhaare hoch?

Überall da, wo einer was regeln möchte, was ein anderer zu tun hat. Dieser Versuch, aus einer moralischen Überheblichkeit heraus bis in die private Lebenseinstellung der einzelnen Bürger herein, vieles staatlich zu steuern, stellt mir nicht nur die Nackenhaare auf, sondern ich sehe das auch als das größte Zukunftsproblem unserer Gesellschaft. Das hat noch nirgends auf der Welt langfristig funktioniert.

Die Müllgebühren treiben die Bürger um. Bereits jetzt zeichnet sich eine erneute Erhöhung ab. Wie kann der Kreistag gegensteuern, um die Kostenspirale mittelfristig zu stoppen?

Das ist genau so ein Beispiel: Wir hatten im Kreis eine fast ideale Situation der Abfallbeseitigung. Anstatt diese grenzüberschreitende Sondersituation im Kreis Lörrach anzuerkennen, wurde von oben herab die Biotonne dem Kreis aufgezwungen.

Aus einer moralisch überheblichen Position heraus wurde damals die Biotonne als das grüne Allheilmittel in Sachen Abfallwirtschaft inszeniert. Jetzt bekommen alle die Quittung dafür. Ich könnte mir auch gut vorstellen, die Biotonne mit ihren tatsächlichen Kosten den Nutzern zu berechnen, anstatt die Kosten auf alle umzuverteilen. Wer dann zu Hause selbst kompostiert, könnte viel Geld sparen.

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