Kreis Lörrach Deutschland in Zeitlupe erleben

Denis Bozbag

Radtour: Gerhard Zickenheiner ist in sieben Tagen 850 Kilometer durch sechs Bundesländer gefahren

Kreis Lörrach - „Auf dem Fahrrad erlebt man die Welt wie in Zeitlupe unter dem Vergrößerungsglas. Es gibt kein schnelles Vorbeirauschen an Land und Leute wie im Auto oder Zug. Man fängt eine Erlebniswelt mit all seinen Sinnen ein.“ So beschreibt Gerhard Zickenheiner, Grünen-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Lörrach-Müllheim, seine gesammelten Eindrücke bei der siebentägigen Radtour von Berlin zurück in seinen Heimatort Adelsberg am Südhang des Zeller Blauen.

„Man wird mit einer Fülle von Wahrnehmungen konfrontiert, die sehr bereichernd ist.“ Es sei einfach eine tolle Art zu reisen, die Zickenheiner jedem ans Herz legen könne.

Sein Weg führte ihn alleine auf seinem Tourenrad mit Rennradlenker und zwei Gepäcktaschen über Schotter- und Sandwege oder Bundesstraßen durch die sechs Bundesländer Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg in flaches und bergiges Gebiet bis in eine Höhe von 815 Metern.

Seine Übernachtungen in einfachen Pensionen musste er vorab wegen Corona reservieren. Das Wetter spielte mit, nur für eine Stunde habe es einmal geregnet. Dafür habe es aber reichlich Gegenwind gegeben – keinen politischen, sondern ganz realen. Eine Windböe hätte ihn einmal auf der Strecke fast in einen Graben geworfen.

Die einzig größeren Städte auf seiner Route waren Weimar und Heilbronn. 850 Kilometer habe er letztendlich mit eigener Muskelkraft zurückgelegt und ein paar Tage gebraucht, um sich von den Anstrengungen zu erholen.

Doch nicht nur die Schönheit der Landschaften, die sich von Bundesland zu Bundesland homogen aneinanderschließen, ohne dass man dies auf den ersten Blick mitbekommt, beschäftigten den Abgeordneten während seiner Reise.

Auch politische Themen gingen ihm durch den Kopf: „Unser System fördert die einseitige, gewinnmaximierte Nutzung der Agrarflächen. Besonders im Osten des Landes sah ich sehr viel großflächigen Monokulturanbau. Felder, die vom Wegrand bis fast an den Horizont reichen, ausgemergelte, ökologisch wertlose Böden, die nur unter Einsatz von viel Dünger und meist künstlich bewässert ihre Erträge liefern. Das ist nicht nachhaltig. Dabei gehen momentan 80 Prozent der EU- Fördergelder für die Agrarwirtschaft an die 20 Prozent der größten Landwirtschaftsbetriebe. Wir müssen die Art und Förderung der Landwirtschaft umstellen mit dem Ziel einer nachhaltigen, ökologischen und klimaverträglichen Bodennutzung und zwar so, dass die Landwirte davon leben können und Lust auf ihre wichtige Arbeit haben.“

Zum Thema Radwege und deren Zustand erklärte Zickenheiner im Gespräch mit unserer Zeitung: „Was den Ausbau der Infrastruktur für die Fahrradwege angeht, sehe ich bundesweit durch die Bank noch sehr großen Nachholbedarf. Es fehlen vielerorts die Schnittstellen zwischen einzelnen Radwegpassagen, auf dem überwiegenden Teil der Strecke gab es weder Radspur noch Radweg. Es fehlen bundeseinheitliche Vorgaben zur Planung der Radwege. Es braucht zudem klare Regeln für ihren Unterhalt zum Beispiel bei der Frage, ab wann ein Sanierungsbedarf vorliegt. Es ist unglaublich, über was für Stolperfallen man sich da teilweise retten muss.“

Auch einige Begegnungen mit Einheimischen hätten sich unterwegs ergeben so wie in einer Thüringer Waschstraße, wo er seine Fahrradkette vom Staub befreien musste. Dort traf er einen 50-jährigen Mann, der seinen mausgrauen Wagen reinigte und erfuhr von ihm, dass man hier im Osten glücklich sei und es sich lohne, hierzubleiben mit einer schön ausgebauten Infrastruktur, zu der unter anderem ein dicht getaktetes ÖPNV-Netz gehöre.

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