Kreis Lörrach Die fetten Jahre sind vorbei

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Kreistag: Haushalt 2020 verabschiedet / Hebesatz steigt auf 32,1 Prozent / „Auf Kante genäht“

Kreis Lörrach - Eine insgesamt schlechtere Haushaltslage, steigende Personal- und Sozialausgaben sowie eine unterdurchschnittliche Entwicklung der Steuerkraftsumme. Hinzu kommen weitere Risiken in Höhe von 4,7 Millionen Euro: Die Beratungen zum Haushalt 2020 standen anders als im Vorjahr unter keinen guten Vorzeichen. Gestern hat der Kreistag das Zahlenwerk einstimmig verabschiedet. Mit diesem steigt der Hebesatz der Kreisumlage auf 32,1 Prozent.

Das Zahlenwerk sei mit erheblichen Risiken verbunden, erklärte Landrätin Marion Dammann bei der Einbringung des Haushalts für das Jahr 2020 vor wenigen Wochen, der einen Hebesatz von 32,41 Prozent vorsah. Man habe es nicht für möglich gehalten, mit erheblichen Risiken in die Haushaltsberatungen zu starten. „Wir hoffen, dass dieses Risiko nur teilweise zum Tragen kommt“, sagte sie eingangs der Sitzung.

Seither wurde in den vorberatenden Ausschüssen an kleinen Stellschrauben gedreht, damit die zehn Millionen höher ausfallende Kreisumlage, also jene Finanzmittel, welche die Gemeinden an den Kreis zahlen müssen, etwas nach unten korrigiert werden konnte. „Tatsächlich ist es gelungen, einige Positionen zu verändern, auch durch höhere Schlüsselzuweisungen nach der November-Steuerschätzung“, erklärte CDU-Fraktionschef Paul Renz in seiner Haushaltsrede. Aber durch zusätzlich einzuplanende Aufwendungen, unter anderem für die Umsetzung der Klimaschutz-Beschlüsse oder Mehraufwendungen bei der Schülerbeförderung, seien diese wieder einkassiert worden. Am Ende habe es aber keinen Spielraum mehr für weitere Ausgabenreduzierungen gegeben.

War das Ziel einiger Fraktionen, einen Hebesatz nicht über 32 Prozent zu erreichen, schlug er einen Kompromiss von 32,1 Prozent vor, was eine um 1,7 Millionen Euro niedrigere Kreisumlage bei einem Haushaltsvolumen von rund 286 Millionen bedeutet. Um dies zu erreichen, wurde eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer beantragt, die letztlich alle Fraktionen mittrugen.

„Der Ansatz, die Einnahmen aus der Grunderwerbssteuer zu erhöhen, ist korrekt. Wenn man sich vergegenwärtigt, wie ungebremst die Grundstückspreise in den Städten und Gemeinden des Landkreises steigen, wird der notwendige Betrag von 722 000 Euro im nächsten Jahr sogar übertroffen werden“, erklärte Ulrich May (FW). Zudem merkte er an, dass die Kreisumlage kein Geldbeschaffungsmechanismus für den Landkreis sei. „Städte und Gemeinden dürfen nicht überfordert werden“, verwies er auf die mittelfristige Finanzplanung: „Wenn man darauf schaut, kann einem angst und bange werden.“ Denn für das Jahr 2021 sei für den Haushaltsausgleich ein Mehraufkommen bei der Umlage von 8,5 Millionen Euro eingeplant.

Deutliche Kritik kam vonseiten der Grünen, die bereits im vergangenen Jahr gegen eine Absenkung des Hebesatzes waren. Fraktionschef Bernd Martin sprach in diesem Zusammenhang von einem Bilanztrick, indem die Verwaltung die Grunderwerbssteuer unrealistisch hoch ansetzen müsse. „Wir meinen, es wäre falsch, jetzt noch einmal eine Reduzierung der Kreisumlage zu beschließen.“ Der Haushaltsvollzug sollte im Jahr 2020 zu einem Überschuss statt eines Defizits führen. Dann hätte man Rücklagen, um in den folgenden Jahren, wenn es Kommunen vermutlich deutlich schlechter gehe, eine Ansteigen der Kreisumlage zu verhindern. „So können Kreis und Kommunen wichtige Investitionen besser finanzieren.“ Voraussetzung hierfür sei aber eine strenge Ausgabendisziplin.

Dass sich im Gegensatz zu den Beratungen in den Vorjahren die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtert haben, ließ Klaus Eberhardt (SPD) nicht unerwähnt. Er kritisierte die unklaren Finanzbeziehungen mit dem Land Baden-Württemberg und erklärte, dass es gut sei, dass der Haushalt des Landkreises nicht alle möglicherweise eintretenden Risiken auf die Kreisumlage umrechne. „Es ist jedoch schlecht, dass die Quote der Erhöhung der Kreisumlage um acht Prozent gegenüber dem Vorjahr deutlich über der Zunahme der Steuerkraftsumme liegt“, sagte der Fraktionschef. Wenn nicht jetzt die notwendigen Anpassungen in den öffentlichen Haushalten erfolgen, bliebe den Kommunen am Ende der Kette letztlich keine Alternative zur Anhebung von Grund- und Gewerbesteuer in Städten und Gemeinden. Mit Blick auf den Teilhaushalt Soziales sehe man nach wie vor erhebliche Risiken, insbesondere wenn die Konjunktur lahme. Beim zweitgrößten Block, dem Personalhaushalt mit mehr als 64 Millionen Euro, fordert die SPD angesichts der steigenden Ausgaben eine Aufgaben- und Strukturkritik. Denn: „Schreiben wir diese Entwicklung fort, werden wir keine Mittel für neue Aufgaben haben, wenn nicht das Wort Kreisumlage wieder bemüht werden soll.“

Dass man angesichts des Stellenwachstums und hoher Fixkosten im Sozialbereich nicht auf ein ständiges Wachstum hoffen und bauen könne, meinte FDP-Chef Manuel Karcher.

Im kommenden Jahr wolle man an maßvollen Bemessungen arbeiten. „Eine 1,0-Stelle kann auch mit 0,7 besetzt werden.“ Auch gelte es, Kosten für die externen Gutachten und die Erstellung von Konzepten zu beleuchten und ab 2020 zu reduzieren. Dass die Personalstellen jedes Jahr kritisch hinterfragt werden müssten, forderte die AfD. Sie wolle jeden Antrag auf Sinnhaftigkeit und Kosten prüfen. „Wir laufen sonst Gefahr, dass der Kreistag keinen politischen Spielraum mehr hat und nur noch zu einem Abnickgremium von Ausgaben wird, die gesetzlich vorgeschrieben sind“, sagte Wolfgang Fuhl. Dabei sei das Entscheidungskriterium der Fraktion der Nutzen für die Bürger in Relation der Kosten. Vor dem Hintergrund der steigenden Sozialausgaben attestierte er der Bundesregierung eine „aus dem Ruder gelaufene illegale Einwanderungspolitik“.

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