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Kreis Lörrach Feilen, schleifen und polieren

Jürgen Scharf
Gruppenbild vor der Stadtbibliothek Schopfheim (von links): Catharina Müller, Sonja Wunderlin, Gundi Egger, Evelyne Troxler, Gabriel Kramer, Markus Manfred Jung und Volker Habermaier bei der Mundart-Literaturwerkstatt. Foto:  

Zu drei Lesungen in der Region und einer internen Literaturwerkstatt haben sich jüngst sechs Mundartautoren aus vier Ländern getroffen.

Es ist eine Art alemannischer Poetry Slam: Die Teilnehmer tragen ihre eigenen Texte vor; ja, und es ist auch etwas vom modern gewordenen Science Slam, denn die Texte kommen frisch aus dem Sprachlabor.

Das Publikum, das die öffentlichen Lesungen der Mundart-Literaturwerkstatt verfolgt, macht sich oft gar kein Bild, wie es bei der eigentlichen Werkstattarbeit zugeht. Nämlich ein bisschen wie in einem Künstleratelier, wo an dem Kunstwerk gefeilt, geschliffen, gehämmert und poliert wird, bis es vollendet ist.

Es ist Samstag und die Autoren sitzen in der Schopfheimer Stadtbibliothek, umrundet von Bücherregalen – die richtige Umgebung für diese „Kopfarbeit“. Vor sich eine Tasse dampfenden Kaffee, neben sich die Kollegen, besprechen die Teilnehmer gegenseitig ihre eingereichten Werkstatttexte.

Da rauchen die Köpfe, gibt es tiefschürfende Reflexion, intensive Textgespräche, konstruktive Kritik, aber auch Selbstkritik. Gedichte werden klug analysiert und durchleuchtet, schräge Bilder zurechtgerückt, Sätze umgedreht, Textbausteine verschoben, Worte ausgetauscht.

Die Werkstatt ist das eigentliche Zentrum, das Herz und der Nabel dieser Mundartliteraturwelt. Die Frage ist dann nur, ob der Text für wert befunden wird, bei der literarischen Nachlese am Abend in St. Agathe in Fahrnau oder am Sonntagmorgen in der Bibliothek der Allgemeinen Lesegesellschaft zu Basel vorgetragen zu werden.

Evelyne Troxler weiß schon am Nachmittag, dass sie ihr Werkstattgedicht über das Elsässische und die Standardsprache lesen wird. Die Mulhouserin ist die Tochter des bekannten elsässischen Dichters und Schauspielers Tony Troxler und setzt das Erbe ihres Vaters fort, will auch eines seiner Gedichte vortragen. Schon bei der Auftaktlesung im Gewölbekeller des Alten Rathauses in Weil am Rhein am Freitag las sie die Geschichte aus ihrem zweisprachigen (elsässisch-französischen) Kinderbuch über einen Apfelbaum, der ein wahres Wunder ist, weil er umgestürzt noch Früchte trägt. Das Thema zur diesjährigen Werkstatt „kalt – wärmer - heiß“ hat Markus Manfred Jung als Spiritus rector vorgegeben, der seit vielen Jahren diese Reihe im Tandem mit dem befreundeten Moderator Volker Habermaier organisiert. Troxler etwa bezeichnete den Hass als „heiß“. Die Runde gab noch einen „Input“ dazu und regte an, ob man nicht auch die Liebe als heiß einfügen sollte. Doch Troxlers Sprache wird beeinflusst vom Reim, und so sind Änderungen nicht ganz einfach.

Der Schweizer Liedermacher Gabriel Kramer, der männliche Teil des Duos „WunderKram“, das die Lesungen mit vier Liedern auflockerte, interpretierte das Thema mit einem Kurzgedicht, in dem sich nach 50 Jahren Leute am gleichen Ort wieder treffen und alte Geschichten aufwärmen.

Markus Manfred Jung beeindruckte mit einem sehr persönlichen Gedicht über seinen früh verstorbenen „Göttibub“ (Patenkind). „Jakob“ ist eine fast alttestamentarische Geschichte vom Leben zum Tod. Berührend, weil es kein „normaler“ Tod war, und er für den Autor einen „Riss in der Welt“ darstellt. In seiner Einladung hatte der bekannte alemannische Lyriker zum Thema gesagt, dass man es politisch auffassen könnte, sozial oder spielerisch. Und diese Bandbreite schöpften die Autorinnen Gundi Egger aus dem Salzburger Land, Catharina Müller aus Freiburg, die Jüngste in der Runde, und die Musikerin Sonja Wunderlin aus dem schweizerischen Laufenburg jede auf ihre Art kreativ aus. Die einen ließen sich von dem gleichnamigen Versteckspiel inspirieren, die anderen fassten das von „kalt bis heiß“ eher auf der Beziehungs- und Gefühlsebene auf. Alle beschäftigten sich im weitesten Sinne mit dem zur Diskussion gestellten Thema.

Darüber hinaus gab es bei den Lesungen noch viel mehr an Lyrik und Prosa zu hören als „nur“ das fertig gestellte Werkstück. Wieder war für Vielfalt der Dialekte gesorgt, dieses Mal verschiedene Facetten des Alemannischen vom Hochalemannisch über Schwyzerdütsch bis Elsässerditsch, und einer nicht so vertrauten Regionalsprache, dem Pinzgauer Dialekt.

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