Kreis Lörrach „Frauen sind besonders gute Projektmanagerinnen“

Die Oberbadische

Interview: Maria Dietz spricht über Karriereaussichten von Frauen im Rahmen der Digitalisierung

Kreis Lörrach. Die einen verteufeln Digitalisierung, die anderen loben sie in den Himmel. Maria Dietz gehört zu jenen, welche die Chancen sehen. Für sie gibt es vor allem Vorteile für Frauen. Diesem Thema nimmt sie sich an mit ihrem Vortrag mit der Überschrift „Digitalisierung als Chance – besonders für Frauen!“ im Rahmen der Reihe Studium Generale der DHBW heute ab 18 Uhr im Forum der Sparkasse Lörrach, Haagener Straße 2. Adrian Steineck sprach mit der Referentin im Vorfeld der Veranstaltung.

Frage: Ihr Vortrag trägt den Titel „Digitalisierung als Chance – besonders für Frauen“. Warum sollen Frauen von der Digitalisierung besonders profitieren?

Mit dem ersten Teil meines Titels möchte ich meine ganz grundlegende Überzeugung zum Ausdruck bringen: Wir müssen die Digitalisierung als Chance verstehen. Im zweiten Teil weise ich darauf hin, warum insbesondere Frauen einen positiven Nutzen aus daraus ziehen können.

Ich persönlich komme aus einem Arbeitsumfeld, das sehr stark von den Auswirkungen der Digitalisierung profitiert und denke dabei beispielsweise an globale IT-Projekte, bei denen Mitarbeiter standort- und zeitzonenübergreifend zusammenarbeiten.

Frage: Warum überhaupt diese Differenzierung? Männer sind doch von den Auswirkungen der Digitalisierung genauso betroffen.

Zunächst einmal gilt: Die Digitalisierung ist bereits in vollem Gange und hat Auswirkungen auf unser aller Leben. Insofern ist Ihre Frage durchaus berechtigt. Die Digitalisierung kann vor allem aber auch Frauen dabei helfen, klassische Rollenbilder zu durchbrechen.

Sie ermöglicht ihnen das gewisse Maß an Flexibilität, das für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf essenziell ist. Eine Frau, die Mutter ist, kann gleichzeitig erfolgreich in einem Projekt arbeiten – denn Präsenzzeiten werden sich verkürzen, der digitale Austausch steht im Vordergrund. Das erlaubt Frauen, öfter in Vollzeit und qualifizierterer Rolle zu arbeiten und sich stärker einzubringen als in einem Teilzeitjob.

Frage: Beim Basel Economic Forum im vergangenen Herbst wurde eine Studie zitiert, nach der vor allem kreative Berufe und solche, die Empathie verlangen, die Digitalisierung überstehen, da Computer das nicht leisten können. Das sind Eigenschaften, die Frauen häufig nachgesagt werden. Spielt das auch eine Rolle für Ihre Theorie, dass Frauen zu den Gewinnern der Digitalisierung gehören können?

In der Tat. Denken Sie nur an die bereits erwähnten, ganz essenziellen Führungsaufgaben, wie die Zusammenstellung und Leitung von Teams. Dabei geht es darum, mit viel Fingerspitzengefühl die richtigen Leute zu finden und kontinuierlich zu motivieren – Empathie und Menschenkenntnis sind gefragt. Diese Fähigkeiten werden noch viel wichtiger, wenn Teams nicht mehr an einem Ort sind und sich vielleicht noch nie persönlich getroffen haben. Selbstverständlich können auch Männer das hervorragend leisten, aber ich bin durchaus der Meinung: Frauen sind besonders gute Projektmanagerinnen, denn sie sind in der Lage, hierarchische Denkweisen in Netzwerke umzuwandeln und das Miteinander zu fördern.

Frage: Woran liegt es, dass Frauen es in der IT-Branche eher schwer haben beziehungsweise sich von vornherein nicht dafür interessieren?

Bei der Berufswahl spielen Rollenvorbilder und Medien eine wichtige Rolle. Von der IT-Branche wird aber oft ein verzerrtes Bild gezeichnet. Das Klischee des bleichgesichtigen Nerds hält sich hartnäckig. Die coolen Frauen in den Fernsehserien sind Ärztin, Anwältin, Forensikerin – aber nicht Software-Entwicklerin. Dazu kommt, dass der Nutzen von Informationstechnologie oft zu abstrakt und nicht greifbar ist. Junge Mädchen werden somit nicht ermuntert, technische Berufe zu ergreifen. Nur 20 Prozent aller Absolventinnen in Mint-Studiengängen sind Frauen!

Frage: Wie können die Mint-Berufe für Frauen interessanter werden?

Entscheidend ist, dass junge Mädchen offen sind und sich kritisch mit der digitalen Welt auseinandersetzen. Da geht es nicht nur ums reine Konsumieren, sondern auch ums Hinterfragen von möglichen Zukunftschancen. Ist die Art und Weise, wie wir in der Schule und im Studium Naturwissenschaften unterrichten, passend sowohl für Jungs als auch Mädchen? Mädchen interessieren sich sehr für Kommunikation und wollen in ihrem Beruf gerne mit Menschen arbeiten.

Man muss ihnen zeigen, dass man in der IT nicht nur alleine vor seinem Bildschirm sitzt und programmiert, sondern den ganzen Tag mit Menschen, Sprachen und unterschiedlichen Kulturen und zu tun hat – und die Mint Berufe beziehungsweise IT-Industrie eine große Karrierechance darstellen, die viele der Wünsche, die sie berechtigterweise haben möglich macht.

Frage: Sind Frauenquoten hilfreich, und bräuchte es Ihrer Meinung nach auch im IT-Bereich eine solche Quote?

Ich halte sie nicht für sinnvoll. Gerade die IT-Branche ist sehr offen für neue Arbeits-, Zeit- und Rollenmodelle, da die meisten Unternehmen noch recht „jung“ und viele Strukturen noch nicht so festgefahren sind. Der schon immer bestehende Mangel an qualifizierten Fachkräften zwingt Unternehmen hier seit jeher immer in alle möglichen Richtungen zu denken.

Frage: Warum sollten auch Männer ihren Vortrag an der DHBW besuchen? Es ist doch ein Thema für Frauen.

Weil auch Männer sich anpassen werden müssen und wir voneinander lernen können. Außerdem hat jeder Mann in seinem Umfeld Mitarbeiterinnen, Partnerinnen oder Töchter, die diese Entwicklungen betreffen – so kann man sich direkt informieren, was da auf uns alle zukommt.

 Maria Dietz ist „Leiterin weltweiter Einkauf“ des Unternehmens GFT Technologies.

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