In der Tat. Denken Sie nur an die bereits erwähnten, ganz essenziellen Führungsaufgaben, wie die Zusammenstellung und Leitung von Teams. Dabei geht es darum, mit viel Fingerspitzengefühl die richtigen Leute zu finden und kontinuierlich zu motivieren – Empathie und Menschenkenntnis sind gefragt. Diese Fähigkeiten werden noch viel wichtiger, wenn Teams nicht mehr an einem Ort sind und sich vielleicht noch nie persönlich getroffen haben. Selbstverständlich können auch Männer das hervorragend leisten, aber ich bin durchaus der Meinung: Frauen sind besonders gute Projektmanagerinnen, denn sie sind in der Lage, hierarchische Denkweisen in Netzwerke umzuwandeln und das Miteinander zu fördern.
Frage: Woran liegt es, dass Frauen es in der IT-Branche eher schwer haben beziehungsweise sich von vornherein nicht dafür interessieren?
Bei der Berufswahl spielen Rollenvorbilder und Medien eine wichtige Rolle. Von der IT-Branche wird aber oft ein verzerrtes Bild gezeichnet. Das Klischee des bleichgesichtigen Nerds hält sich hartnäckig. Die coolen Frauen in den Fernsehserien sind Ärztin, Anwältin, Forensikerin – aber nicht Software-Entwicklerin. Dazu kommt, dass der Nutzen von Informationstechnologie oft zu abstrakt und nicht greifbar ist. Junge Mädchen werden somit nicht ermuntert, technische Berufe zu ergreifen. Nur 20 Prozent aller Absolventinnen in Mint-Studiengängen sind Frauen!
Frage: Wie können die Mint-Berufe für Frauen interessanter werden?
Entscheidend ist, dass junge Mädchen offen sind und sich kritisch mit der digitalen Welt auseinandersetzen. Da geht es nicht nur ums reine Konsumieren, sondern auch ums Hinterfragen von möglichen Zukunftschancen. Ist die Art und Weise, wie wir in der Schule und im Studium Naturwissenschaften unterrichten, passend sowohl für Jungs als auch Mädchen? Mädchen interessieren sich sehr für Kommunikation und wollen in ihrem Beruf gerne mit Menschen arbeiten.
Man muss ihnen zeigen, dass man in der IT nicht nur alleine vor seinem Bildschirm sitzt und programmiert, sondern den ganzen Tag mit Menschen, Sprachen und unterschiedlichen Kulturen und zu tun hat – und die Mint Berufe beziehungsweise IT-Industrie eine große Karrierechance darstellen, die viele der Wünsche, die sie berechtigterweise haben möglich macht.
Frage: Sind Frauenquoten hilfreich, und bräuchte es Ihrer Meinung nach auch im IT-Bereich eine solche Quote?
Ich halte sie nicht für sinnvoll. Gerade die IT-Branche ist sehr offen für neue Arbeits-, Zeit- und Rollenmodelle, da die meisten Unternehmen noch recht „jung“ und viele Strukturen noch nicht so festgefahren sind. Der schon immer bestehende Mangel an qualifizierten Fachkräften zwingt Unternehmen hier seit jeher immer in alle möglichen Richtungen zu denken.
Frage: Warum sollten auch Männer ihren Vortrag an der DHBW besuchen? Es ist doch ein Thema für Frauen.
Weil auch Männer sich anpassen werden müssen und wir voneinander lernen können. Außerdem hat jeder Mann in seinem Umfeld Mitarbeiterinnen, Partnerinnen oder Töchter, die diese Entwicklungen betreffen – so kann man sich direkt informieren, was da auf uns alle zukommt.
Maria Dietz ist „Leiterin weltweiter Einkauf“ des Unternehmens GFT Technologies.