Kreis Lörrach Für eine bessere Patientenversorgung

Michael Werndorff
Fehlentwicklungen im Gesundheitssystem sorgen für Kritik. Foto: pixabay

Gesundheit: Telenotarztsystem für den Landkreis Lörrach gefordert / Zusammenarbeit über Grenze

Ob schwere Unfälle oder akute Schmerzen: Notärzte sind schnell vor Ort, doch es fehlt an Personal. Das sogenannte Telenotarztsystem soll unter anderem verhindern, dass Notärzte weiterhin wegen Bagatellen ausrücken müssen und deshalb bei den wirklich dringenden Fällen fehlen. Wenn es nach dem früheren SPD-Vorsitzenden in Grenzach-Wyhlen, Robert Blum, geht, soll das Telenotarztsystem im Landkreis Lörrach für Abhilfe sorgen.

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. In einem Schreiben, das auch unserer Redaktion vorliegt, moniert Blum, der auch im SPD-Kreisvorstand aktiv war, Fehlentwicklungen im Gesundheitssystem. Neben dem Telenotarztsystem fordert er auch, dass in grenznahen Bereichen des Kreises in Notfällen auf die Schweizer Rettungsdienste zurückgegriffen werden kann. Nicht zuletzt kreidet er Versäumnisse an bei der Erschließung des im Bau befindlichen Zentralklinikums mit dem ÖPNV.

Situation spitzt sich zu

„Die Situation spitzt sich immer mehr zu, und das Thema muss in die Öffentlichkeit“, kommentiert Blum sein Schreiben im Gespräch mit unserer Zeitung. Er erkennt ein zunehmend dysfunktionales Gesundheitssystem, was aber nicht dazu führe, Teile dieses Systems zu hinterfragen und nach Alternativen zu suchen.

Angesichts des Ärztemangels, der zunehmenden Anzahl angestellter Ärzte in den Praxen sowie nur noch in Teilzeit Tätigen sei das Notarztsystem in seiner jetzigen Form nicht mehr zukunftsfähig, ist Blum überzeugt.

Telenotarztsystem

In Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und anderen Bundesländern wie auch in der Schweiz und den Niederlanden werde seit Jahren ein Telenotarztsystem praktiziert. Hierbei seien alle Rettungsfahrzeuge mit einem kompletten Übertragungssystem ausgerüstet und das Personal entsprechend geschult.

„So kann der Arzt online, ohne Zeitverzug, ständig alle Behandlungsschritte und Patientendaten mitverfolgen und auch Behandlungsschritte freigeben, die nur dem Arzt vorbehalten sind“, erklärt Blum. Der Arzt sitze dabei im Klinikum, und es entstünden keine durch Fahrten „tote“ Kontaktzeiten, entsprechende Behandlungsschritte könnten vor dem Eintreffen des Patienten bedarfsgenau vorbereitet werden. Doch hierzu müsse das Rettungspersonal entsprechend geschult sein und erweiterte Behandlungskompetenzen haben. Im Landkreis Lörrach tue sich dahingehend nichts, weshalb Blum eine sofortige Planung zur Einführung des Telenotarztsystems fordert, das bei Inbetriebnahme des Zentralklinikums starten soll.

Mittelfristig soll das Telenotarztsystem aber in ganz Baden-Württemberg etabliert werden, wie Johannes Warth, Referent Rettungsdienst beim DRK Baden, im Gespräch mit unserer Zeitung erklärte. Man befinde sich in der Projektphase. „Sicher ist, dass auch der Landkreis Lörrach berücksichtigt werden wird“, betonte Warth.

Kritisch sieht der SPD-Politiker auch die Verkürzung der Reaktionszeiten des Rettungsdiensts auf zwölf Minuten. „Dies ist nach Berichten aus Grenzach-Wyhlen nicht realistisch, besonders, wenn lebensrettende Alternativen existieren und zum Teil praktiziert werden.“ Für den grenznahen Bereich des Landkreises sei es daher dringend erforderlich, dass im Notfall auf die Schweizer Rettungsdienste zurückgegriffen werden kann. Daher fordert er umgehende Verhandlungen zur Schaffung eines regionalen Kooperationsabkommens mit der Schweiz.

Während der Rettungsdienst im Landkreis Lörrach beim Ausrücken positiv abschneidet, besteht beim rechtzeitigen Ankommen Verbesserungsbedarf. Zudem gibt es zu viele Einsätze für den ärztlichen Bereitschaftsdienst, zu weite Strecken zu überbrücken, da zu wenige Standorte und auch zu wenige Fahrzeuge vorhanden sind.

Kritik an Verwaltung

Deutliche Kritik übt Blum an den Planungen zur verkehrlichen Erschließung des Zentralklinikums, das im Jahr 2025 seine Pforten öffnen soll. „Über Jahre fiel es offensichtlich keinem Verantwortlichen auf, dass dieses Zukunftsprojekt nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sein wird. Und als es dann allen klar wurde, da war eigentlich niemand bereit, die Verantwortung zu übernehmen“, schreibt der Politiker. „Die Verantwortung liegt bei uns, wir hätten es wissen müssen, oder nicht?“, so Blum weiter.

Das Landratsamt, das Regierungspräsidium als Kontrollbehörde, das Land als Zuschussgeber: Keinem scheint es aufgefallen zu sein, dass Kranke, Angehörige, Besucher nicht mit dem eigenen PKW oder dem Dienstwagen vorfahren. Nun sei das Kind im Brunnen, und alle Beteiligten bemühten sich, das Beste aus der Situation zu machen, meint Blum, der eine externe Evaluierung möglicher Versäumnisse bei der Verkehrsanbindung, aber auch bei Fragen rund um die Planung des Einsatzes alternativer Energie und Umweltschutz fordert.

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