Kandidateninterview: Christof Nitz (CDU) Für eine moderne Bildungspolitik

Die Oberbadische
Begonnene Infrastrukturprojekte sollten erst einmal zügig fertiggestellt werden, sagt Christof Nitz. Foto: zVg

Frage: Herr Nitz, „die CDU kann Krise“, haben Sie jüngst bei einem Pressegespräch mit unserer Zeitung erklärt. Stimmen aus der coronagebeutelten Wirtschaft behaupten das Gegenteil. Finanzielle Hilfen fließen zu langsam oder kommen gar nicht erst an, ganz zu schweigen vom bürokratischen Aufwand bei der Antragsstellung. Halten Sie dennoch an Ihrer Aussage fest?

In der Gesamtbetrachtung schon. Die Hilfen aus der ersten Welle haben gezeigt, dass eine schnelle und unbürokratische Ausschüttung leider zu vielen Missbrauchsfällen geführt hat. In der Folge wurde sehr genau geprüft, auf Kosten der schnellen Umsetzung. Der Bund prüft und gibt dann bekannt, dass die Zahlungen erfolgen können. Dass aber zunächst die Landes-Bank in Baden-Württemberg die tatsächlichen Überweisungen tätigen muss, sagt niemand.

Und wenn sie tausend von Anträgen auf einmal erhalten, muss jedem klar sein, dass diese erst bearbeitet werden müssen. Im Klartext, dieses Prinzip dauert im Einzelfall. Mit dem Ergebnis, dass wiederum einige Tage oder Wochen ins Land ziehen. Den Mitarbeitern kann man jedoch deswegen nichts vorwerfen. Die tun ihr Bestes!

Administrativ kann man aus meiner Sicht allerdings noch vieles verbessern. Warum schüttet man nicht einen hohen Prozentsatz der beantragten Mittel ohne Prüfung aus? Damit bleiben die Unternehmen liquide. Eine genaue Prüfung kann man immer noch nachrangig durchführen.

Frage: Was waren Ihrer Ansicht nach die größten Fehler im Krisenmanagement der grün-schwarzen Landesregierung?

Die Umsetzung der Impfstrategie in Baden-Württemberg. Regional gibt es zu große Differenzen und zu lange Wartezeiten.

Frage: Bei der vergangenen Landtagswahl hat die CDU einen erdrutschartigen Niedergang erlebt. Aktuelle Umfragen zeigen, dass die Partei ihren damals erzielten Stimmenanteil von 27 Prozent allenfalls halten kann. Warum hat es Ihre Partei seither nicht geschafft, verlorene Wähler zurückzugewinnen?

Seien wir mal ehrlich: die guten Umfragewerte haben die Grünen einzig und allein ihrem charismatischen Ministerpräsidenten zu verdanken. Wer ihm nachfolgen soll, ist aus meiner Sicht offener denn je, zumal sich einige führende Grünen-Politiker zurückziehen.

Frage: Was hat die CDU als kleiner Koalitionspartner in der nun endenden Legislaturperiode bewirken können? Wo hat sie prägende Akzente gesetzt?

Die CDU hat in der Landesregierung die Sicherheitspolitik wieder in den Vordergrund gebracht. Mehr Sicherheitskräfte und konsequente Kriminalitätsbekämpfung zeigen im Sicherheitsgefühl bei den Bürgern Wirkung. Als Zweites wurden die ersten Schritte zurück zu einer geordneten und modernen Bildungspolitik gemacht. Das von Grün-Rot geschaffene Chaos mit der Einführung von personalintensiven Schularten unter Absenkung der Lehrkräfte konnte von der Kultusministerin Susanne Eisenmann abgefedert werden. Trotzdem stehen wir noch vor einem langen Weg, bis wir genügend Lehrer vor Ort haben.

Frage: Wenn wir uns inhaltlich mit der Landespolitik beschäftigen: Wie bewerten Sie die gemeinsame Umweltpolitik von Grün-Rot?

Die CDU hat die Grünen wieder von dem kostenträchtigen Prestigeprojekt zu einer pragmatischen Umweltpolitik für Mensch, Wirtschaft und Natur zurückgeführt. Der von uns eingeschlagene Weg für die Nutzung erneuerbarer Energien und Technologien, ohne Bewährtes sofort über Bord zu werfen, findet auch bei der Wirtschaft hohe Anerkennung.

Frage: Die Koalition hat sich einer ökologisch orientierten Politik als zentralem Leitmotiv verschrieben. Beim Ausbau regenerativer Energien, insbesondere der Windkraft, sehen Sie allerdings auch Grenzen, wie in Gesprächen deutlich wurde. Wo ziehen Sie diese in unserer Region?

Ich sehe die Windkraft als einen kleinen Teil in unserer Region, um die Energiewende zu stemmen. Windhöffige Regionen nutzen, aber die Menschen und Natur nur mit einem vertretbaren Maß belasten. Deshalb bin ich klar für eine 1000-Meter-Abstandsregel zur Bebauung. Aus meiner Sicht sollte die Entscheidungsbefugnis wieder auf die Regionalverbände übertragen werden.

Frage: Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ist weiterhin ein wichtiges Anliegen. Welches Projekt im Landkreis sollte unter einer Regierungsbeteiligung der Christdemokraten vorrangig in Angriff genommen werden?

Erst einmal sollten wir alles Begonnene zügig fertigstellen. Parallel hierzu sind die bekannten Knotenpunkte, wie zum Beispiel „Kreisel Steinen“, endlich zu bereinigen. Alle verkehrsrechtlich relevanten Themen, wie S-Bahn, ÖPNV und Straßen im Zusammenhang mit dem Neubau des Kreisklinikums, müssen schnellstmöglich gelöst werden.

Frage: Lassen Sie uns Farbenspiele betreiben: Was ist Ihnen lieber, Grün-Schwarz oder doch lieber eine Deutschlandkoalition?

Ich befürworte Schwarz-Grün.

Frage: Ihre Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann ist unter Dauerbeschuss: Der Kultusministerin werden schlechtes Krisenmanagement und Konzeptlosigkeit vorgeworfen: Anfänglich nicht funktionierende Online-Lernplattformen, überforderte Schüler und Eltern im Homeschooling sowie Lehrer, die auf sich alleine gestellt waren. Da sind Zweifel an Eisenmanns Aussage „Wer Kultusministerin kann, der kann auch Ministerpräsident“ angebracht, oder?

Das Gute daran ist, dass sich alle beschweren. Danach hat sie einen ausgleichenden Weg für die Eltern, Lehrer, Schüler und Berufsverbände gefunden. Die Probleme waren auch regional sehr unterschiedlich. Wichtig ist doch, dass sie die Zügel fest in der Hand hat und nicht ständig die Fahne im Wind dreht. Deshalb wird sie auch eine gute Ministerpräsidentin. Und übrigens: Kultusminister/in zu sein, war noch nie sexy!

Frage: Eisenmann hat laut Kritikern den Sommer nicht effektiv genutzt, um Perspektiven für die Schulen nach einer Öffnung aufzuzeigen. Fortbildungs- und Digitalisierungskonzepte sowie Lösungen für den massiven Lehrermangel fehlten. Wo sehen Sie dringenden Handlungsbedarf, damit Schüler nicht den Anschluss verlieren und Eltern entlastet werden?

Der Mensch benötigt soziale Kontakte. Mit einer schnellstmöglichen Aufnahme des Regelbetriebs an Schulen werden viele Schwierigkeiten von heute schnell vergessen sein. Das grün geführte Sozialministerium hatte hier die Voraussetzungen zu schaffen. Leider stimmen die bisherigen Impulse nicht gerade hoffnungsvoll.

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass Fortbildungs- und Digitalisierungskonzepte lange vor der Corona-Pandemie zu wenig Beachtung fanden. Übrigens in einer Regierungskoalition zwischen Grünen und SPD!

Frage: Die Politik fährt in der Krise nach wie vor auf Sicht. CDU-Minister Guido Wolf verteidigte das Vorgehen im Rahmen eines Pressegesprächs. Unternehmer aus der Region fordern derweil schon lange ein konkretes Öffnungskonzept. Wie kann die Politik den Spagat zwischen Pandemie-Eindämmung und wirtschaftlicher Notwendigkeit meistern?

Hauptaufgabe der Politik ist es, die Wirtschaft wieder auf gesunde Beine zu stellen. Kein bislang gesundes Unternehmen darf in die Insolvenz. Die überwiegende Anzahl der Unternehmer leistet hier einen wesentlichen Beitrag hinzu. Ihnen muss an dieser Stelle auch besonders gedankt werden.

Wir sind bisher gut damit gefahren, die Schutzmaßnahmen immer auf das jeweilige Infektionsgeschehen abzustimmen. Dabei schauen wir nicht nur auf das Gestern und das Heute, sondern auch auf mögliche Entwicklungen in der Zukunft. Die Vernunft der Menschen vorausgesetzt, denke ich, dass jetzt der Gastronomie, den Hoteliers und dem Einzelhandel die Schlüssel zur Öffnung ihrer Geschäfte wieder überreicht werden müssen. Selbstverständlich unter Einhaltung der notwendigen Hygienemaßnahmen. Darüber hinaus gilt: schützen, testen, impfen.

Frage: Werfen wir einen Blick nach vorne. Uns erwartet eine Pleitewelle, wie Ökonomen erklären. Welchen Beitrag kann die Landesregierung leisten, damit es gar nicht erst soweit kommt oder gravierende Folgen zumindest abgemildert werden?

Leider sind die gesamten Auswirkungen nicht vollends absehbar. In Krisen haben sich Beschäftigungs- und Konjunkturprogramme immer bewährt. Gerade heute sehen wir enorme Potenziale in Umwelttechnologien. Ich glaube fest daran, dass Baden-Württemberg hier in Kürze zu den großen weltweiten Playern gehört. Die Überbrückungshilfen leisten hier einen ersten, wesentlichen Beitrag.

Frage: Für welche Ziele setzen Sie sich konkret ein, und wie wollen Sie sicherstellen, dass die Belange unserer Region in Stuttgart Gehör finden?

Mit langem Atem werben und überzeugen. Klinikum. ÖPNV. Digitalisierung. Ärztliche Versorgung. Landwirtschaft. Wasserstofftechnologien. Schulsanierungsförderung.

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