^ Kreis Lörrach: Handwerk hat goldenen Boden - Kreis Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Kreis Lörrach Handwerk hat goldenen Boden

Michael Werndorff
Nach einem Rückgang im vergangenen Jahr ist die Nachfrage nach einer Ausbildung im Handwerk wieder gestiegen. Foto: Archiv

Beruf: Kreishandwerkerschaft zählt mehr Ausbildungsverträge als im Vorjahr. Positiver Imagewandel.

Kreis Lörrach - Die Kreishandwerkerschaft Lörrach verzeichnet in diesem Jahr bisher 364 neue Ausbildungsverträge und ist damit Spitzenreiter in den Stadt- und Landkreisen im Bezirk der Handwerkskammer Freiburg. In der Pandemie habe sich gezeigt, dass das Handwerk krisenfest und attraktiv sei, betonen Kreishandwerksmeister Martin Ranz und Geschäftsführer Daniel P. Herkommer.

Die Auftragsbücher sind voll, die Lage dementsprechend gut, berichtet Herkommer im Gespräch mit unserer Zeitung. Nach einem pandemiebedingten Einbruch bei den Ausbildungsverträgen zeige die Statistik für dieses Jahr ein Plus von 12,7 Prozent, nach einem Rückgang im Vorjahr von minus 16,9 Prozent, freut sich Herkommer.

„Das ist großartig. Wir sind gut unterwegs und haben aufgeholt.“ Allein im Bereich Elektro- und Metall werden 165 neue Verträge verbucht. Darunter ist auch der Beruf des Kraftfahrzeugmechatronikers, der mit einem Zuwachs von 37,2 Prozent hoch im Kurs steht. „Wir stehen auch hier besser als andere Landkreise. Die Nachfrage in den Betrieben ist aber nicht gedeckt, wie Umfragen zeigen“, erklärt Herkommer. Insgesamt könnten noch 20 bis 30 Prozent mehr Azubis untergebracht werden. Bedarf herrsche unter anderem bei Gipsern und Stuckateuren. Schlecht sehe es auch im Lebensmittelbereich aus, ergänzt Ranz.

Laut Arbeitsagentur Lörrach sind zum Stichtag 12. August insgesamt 521 Ausbildungsstellen unbesetzt. „Aus unserer Sicht bessert sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt, wenn auch sehr langsam und eher verhalten“, teilt Sprecherin Melanie Payer auf Nachfrage unserer Zeitung mit. „Wie bereits im letzten Jahr stellen wir fest, dass ein Teil der jungen Menschen im Zuge der Pandemie auf Alternativen wie einen weiteren Schulbesuch oder ein Studium ausgewichen ist.“ Im Laufe des Beratungsjahres hätten sich weniger junge Menschen bei der Agentur für Arbeit gemeldet als das üblich sei, weil die gewohnten Zugangswege beeinträchtigt waren.

„Digitale Angebote konnten dies nicht vollständig ersetzen.“

Pandemiebedingt ausgefallene oder zu kurze Praktikaangebote bedauert auch Herkommer. Statt Jobbus gab es zum Beispiel digitale Alternativen. Mittlerweile hätten die Öffnungsschritte jedoch ermöglicht, dass Ausbildungssuchende und Betriebe wieder zusammenkommen könnten, so Payer.

„In der Krise hat sich die Stärke des Handwerks gezeigt“, verweisen Ranz und Herkommer auf volle Auftragsbücher vieler Betriebe. Kurzum: Das Handwerk hat goldenen Boden. „Die jungen Menschen haben das erkannt“, berichtet Ranz. Die Branche profitiere mittlerweile von einem besseren Image, und das spiegelten jetzt die neuen Ausbildungszahlen wider. Andere Berufszweige hätten derweil das Nachsehen, während das Handwerk breit aufgestellt sei.

Noch freie Stellen

Mit Blick auf die noch unbesetzten Stellen merkt Payer an, dass zahlreiche Unternehmen noch bis in den Herbst hinein Entscheidungen träfen. Außerdem werde die Agentur für Arbeit mit allen Partnern mindestens bis Jahresende nachvermitteln. „Viele junge Menschen werden noch eine Ausbildungsstelle finden oder auf eine Alternative ausweichen.“ Deshalb würden sich die Zahlen der unbesetzten und der unterversorgten Bewerber, wie in jedem Jahr, noch deutlich reduzieren.

Und weiter: „Wir empfehlen Spätentschlossenen ganz schnell einen Termin in der Berufsberatung zu vereinbaren.“ Freie Ausbildungsstellen gebe es zum Beispiel von Verkauf bis Lagerlogistik, in Büroberufen bis hin zu Bau- und Technikberufen.

Nicht immer bringen die jungen Menschen die optimalen Voraussetzungen mit, verweisen Ranz und Herkommer auf schulische Defizite. Betriebe reagierten darauf mit ergänzenden Schulungen und Angeboten. Deshalb seien Studienabbrecher und Gymnasiasten gern gesehene Bewerber. Selbst in kleinen Betrieben habe die Moderne längst Einzug gehalten, erklärt Ranz am Beispiel von kleinen Schreinereien, in denen computergestützte Werkzeugmaschinen Alltag seien.

Sorge bereitet Ranz und Herkommer der Nahrungsmittelbereich: Bäcker, Fleischer, Konditor: Hier ist hat die Nachfrage bei Ausbildungsplatzsuchenden in den vergangenen Jahren deutlich nachgelassen. Die Berufe haben große Mühe, Nachwuchs zu finden. „Hier müssen wir aktiv werden und gegensteuern“, erklärt der Geschäftsführer auch mit Blick auf die Lage an der Lörracher Gewerbeschule. In diesem Jahr konnten im Landkreis Lörrach bisher zehn Ausbildungsverträge unterzeichnet werden, zwei mehr als im Vorjahr.

Angesichts der sinkenden Ausbildungs- und Schülerzahlen im Lebensmittelhandwerk sei aus Sicht des Regierungspräsidiums Freiburg mittelfristig eine Konzentration von vier auf ein bis zwei Schul-Standorte im Bezirk unumgänglich. Die Gewerbeschule Lörrach könnte demnach Konditoren und Bäcker verlieren. Kreishandwerkerschaft und Landkreis wehren sich dagegen. Sollten die Wege zur Schule weiter werden, führe das nicht zu einer Attraktivitätssteigerung besagter Berufe, sagt Herkommer. „Wir müssen schauen, dass die Ausbildungszahlen stabil bleiben und nicht weiter sinken.“

Umfrage

2adaf948-0d33-11ef-8d09-186c8841fdbe.jpg

Die Kommunal- und Europawahl werfen Ihre Schatten voraus. Werden Sie von Ihrem Wahlrecht Gebrauch machen?

Ergebnis anzeigen
loading