Kreis Lörrach Helfer sind am Anschlag

Michael Werndorff
Viele Ehrenamtliche in den Tafelläden sind angesichts der großen Nachfrage am Anschlag. Foto: Alexander Anlicker

Aufnahmestopp: Tafeln im Landkreis Lörrach verzeichnen stark steigende Nachfrage

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. Viele Tafeln erleben einen Ansturm, den sie kaum noch bewältigen können: Während für die Rheinfelder Tafel ein Aufnahmestopp neuer Kunden derzeit kein Thema ist, hat die Tafel Dreiländereck Lörrach – Weil am Rhein bereits die Notbremse gezogen. Und in Schopfheim droht ein Aufnahmestopp.

Der Ansturm neuer Kunden ist vielerorts kaum noch zu bewältigen, wie Udo Engelhardt, Mitglied des Vorstands der baden-württembergischen Tafeln, im Gespräch mit unserer Zeitung sagte (wir berichteten). Das veranlasst einige Tafeln dazu, einen Aufnahmestopp für neue Kunden zu verhängen, auch im Landkreis Lörrach.

„Die Nachfrage durch Krieg und Flüchtlinge hat enorm zugenommen“, kommentiert Bernhard Ihl, Vorsitzender der Tafel Dreiländereck Lörrach – Weil am Rhein die aktuelle Lage. Während vor dem Krieg 1400 Haushalte bei der Tafel registriert waren, sind es mittlerweile 1900. „Um das zu verdeutlichen: Pro Tag kommen 160 bis 180 Kunden zum Einkaufen, vor dem Krieg waren es 100“, erklärt der Vorsitzende.

Aufgrund der seit Monaten rasant steigenden Zahlen hat die Tafel Dreiländereck am 22. November einen Aufnahmestopp verhängt. Jegliche Neuaufnahmen seien bis auf Weiteres eingestellt. „Wir schauen, wie sich die Lage entwickelt. Wenn wir wieder Luft haben, fällt der Stopp“, kündigt Ihl an. Der Aufnahmestopp tue weh. „Wir würden lieber ohne auskommen und haben es schweren Herzens gemacht“, hofft Ihl, dass sich die Situation bald wieder entspannt.

Läden sind autonom

Derweil sind die ehrenamtlichen Helfer am Anschlag. Noch komme man gut klar: Um den Kundenandrang besser steuern zu können, wurden weitere Maßnahmen ergriffen. Kunden können nur noch einmal pro Woche im Laden einkaufen. Zudem wird mit Zeitkarten gearbeitet, sodass Kunden zu verschiedenen Uhrzeiten Zugang haben. „So erhält jeder einmal die Möglichkeit, vor vollen Regalen zu stehen“, erklärt Ihl das Prozedere.

Gleichwohl müssten bestimmte Produkte kontingentiert werden. „Von Molkereiprodukten haben wir nie zu viel, und Fleisch sowie Wurst sind eher begrenzt vorhanden.“

Mit Blick auf Warenspenden komme die Tafel gerade noch über die Runden: Zwar sei die Spendenbereitschaft nach wie vor gegeben, bei den Lebensmittelhändlern merke man aber, dass diese besser planten und es weniger Überhang gebe, der letztlich der Tafel zugute kommen. „Für uns ist das schlecht“, stellt Ihl fest.

Schwierige Situation

Wie Engelhardt darlegt, gebe es eine Autonomie der einzelnen Läden. Die Helfer seien in einer wirklich schwierigen Situation, was auch Sonja Steiger, zuständig für die Schopfheimer Tafel, bestätigt. „Auch uns droht der Aufnahmestopp“, macht sie im Gespräch mit unserer Zeitung deutlich. Das Jahr startete in einem coronabedingten Tief mit 300 Kunden, nun zähle man 1000 Personen mit einem Tafelausweis. „Das ist ein massiver Zuwachs.“ So sah sich die Schopfheimer Tafel zu Maßnahmen gezwungen: Der Einkauf wurde von dreimal pro Woche auf einmal begrenzt. Der stetig wachsende Bedarf trifft gleichzeitig auf weniger werdende Lebensmittel, die der Tafel vom Lebensmitteleinzelhandel zur Verfügung gestellt werden. Der Wareneingang sei seit Jahren rückläufig. „Rationierung ist bei uns immer ein Thema.“ Die Mitarbeiter kennen die Kunden und die Bedarfe, kommentiert sie das Vorgehen an der Kasse. „Manchmal muss man dann auch etwas aussortieren.“

Angesprochen auf den sich abzeichnenden Aufnahmestopp, werde es zu Einzelfallentscheidungen kommen. „Wir müssen bei jedem Fall genau hinschauen, wo ein Stopp noch halbwegs verträglich ist.“ Da komme man schon ins Grübeln, so Steiger, schließlich seien die Bedarfe nicht von der Hand zu weisen.

Mehr Unterstützung

Derweil zeichnet sich eine entspanntere Lage in Rheinfelden ab, wie der Ladenleiter und zweite Vorsitzende Harald Höhn auf Nachfrage mitteilt. Ein Stopp sei nicht geplant, und auch der Wareneingang stimmt ihn zufrieden.

Für Engelhardt ist klar, dass es zuallererst mehr Unterstützung für die Berechtigten brauche, und zwar von lokaler, von Landes- und Bundesebene wie etwa höhere Regelsätze. Die jetzt geplante Erhöhung mit dem Bürgergeld gleiche nicht einmal die Inflation aus.

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