Kreis Lörrach Herdenschutz geht vor Abschuss

Adrian Steineck
Dieses Schild an der Fischerhütte in Neuenweg, einem Ortsteil der Gemeinde Kleines Wiesental, warnt vor den Folgen eines Wolfsangriffs für die Weidetierhalter. Foto: Alexandra Günzschel

Der Wolf treibt die Menschen um.

In Todtnau sind kürzlich fünf Schafe von einer Wölfin gerissen worden. Auch andernorts ist es zu Sichtungen von Wölfen gekommen. Wie steht der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zu diesem Thema? Unsere Zeitung hat mit Hartmut Weinrebe, Regionalgeschäftsführer des BUND-Regionalverbands Mittlerer Oberrhein, gesprochen.

Erfolg des Artenschutzes

„Die Rückkehr des Wolfes nach Baden-Württemberg und die Wiederbesiedlung des Schwarzwaldes sehen wir als Erfolg des Artenschutzes“, sagt Weinrebe. Europäisches und nationales Recht stellen den Wolf, wie auch andere gefährdete Tierarten, unter strengen Schutz und ermöglichen die Rückkehr dieser ehemals durch die Verfolgung des Menschen ausgerotteten Art, legt er dar. Nicht zuletzt habe der Wolf auch eine wichtige Funktion für funktionierende Ökosysteme.

Herdenschutz verbessern

Die Ausbreitung von Wölfen in Deutschland und Baden-Württemberg 150 Jahre nach ihrer Ausrottung löst sehr emotional geführte Debatten aus, weiß Weinrebe. Der BUND trete in dieser Diskussion argumentativ und praktisch für eine konfliktarme und bereichernde Koexistenz zwischen den Menschen mit ihren Haus- und Nutztieren und den Wölfen sowie deren wirksamen Schutz ein.

So habe der BUND bereits im Jahr 2013 gemeinsam mit anderen Naturschutz- und Jagdverbänden den „Ausgleichsfonds Wolf“ gegründet, aus dem Wolfsrisse unbürokratisch entschädigt werden.

Gefragt, ob er auch eine Erleichterung des Abschusses der derzeit streng geschützten Wildtiere befürworten würde, wie er von Bundesumweltministerin Steffi Lemke gefordert wurde, sagt Weinrebe: „Aus Sicht des BUND liegen mit den Vollzugshinweisen zur Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen des Bundesministeriums für Umwelt und Naturschutz und dem Managementplan Wolf in Baden-Württemberg auf der anderen Seite geeignete Regelwerke für den Umgang mit dem Wolf vor. Diese stellen gegebenenfalls erforderliche Abschüsse auf eine rechtssichere Grundlage. Aus Sicht des BUND lenkt die aktuelle Debatte über die Erleichterung des Abschusses von Wölfen von den entscheidenden Lösungsansätzen zur Entschärfung des Konflikts zwischen Wolf und Weidetierhaltung ab.“ Denn es sei fachlich unstrittig, dass der Schlüssel zur Vermeidung von Nutztierrissen im Herdenschutz liegt und Risse durch die Jagd weder vermieden noch wesentlich reduziert werden können. Statt einer öffentlichen Diskussion um Rechtsfragen, die sich einzig auf die Bejagung von Wölfen konzentriert, trüge aus Sicht des BUND eine Stärkung des Herdenschutzes und eine bessere Unterstützung der Weidetierhaltung im Allgemeinen konkret zur Entschärfung der schwierigen Situation für Weidetierhalter bei.

Im Einzelfall entscheiden

Gleichwohl könnte sich Weinrebe unter bestimmten Umständen den Abschuss einzelner Tiere vorstellen. „Die im 2022 veröffentlichten Managementplan Wolf genannten Kriterien für den Abschuss einzelner Tiere werden vom BUND mitgetragen und bedürfen keiner Überarbeitung. Danach dürfen verhaltensauffällige Wölfe, die sich beispielsweise mehrfach Menschen auf unter 30 Meter nähern, und unter bestimmten Umständen sogenannte schadstiftende Wölfe getötet werden.“

Verhaltensauffällige Wölfe

Letzteres ist dann der Fall, wenn ein Wolf mehrfach Weidetiere tötet oder verletzt und dabei wiederholt in engem zeitlichen Abstand die Einzäunung von Nutztieren oder andere geeignete Herdenschutzmaßnahmen überwindet. Klarzustellen sei aber, dass es sich hier um Einzelfallentscheidungen handeln muss, die sich auf einzelne Tiere beziehen.

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