Kreis Lörrach „Jetzt darf nichts mehr passieren“

Michael Werndorff
Die Kreiskliniken befinden sich in finanzieller Schieflage. Foto: Archiv

Verwaltungsausschuss: Kreis soll Kliniken einen Betriebskostenzuschuss von sechs Millionen Euro zahlen

Die Kreiskliniken haben nicht zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie finanzielle Schlagseite. Um keinen Schiffbruch zu erleiden, hat der Verwaltungsausschuss dem Kreistag einstimmig empfohlen, einen Betriebskostenzuschuss von sechs Millionen Euro zu genehmigen.

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. Wie viele andere Krankenhäuser in Deutschland auch seien die Kreiskliniken wegen der Corona-Pandemie und pandemiebedingten Erlösrückgänge finanziell stark belastet, erklärte Finanzdezernent Alexander Willi. Hinzu kämen auch strukturelle Probleme der Kliniken.

Letztere verzeichnen für das Jahr 2021 ein Defizit von rund 5,3 Millionen Euro. Und auch für das laufende Jahr ist laut Wirtschaftsplan ein Defizit von rund acht Millionen zu erwarten, sodass sich der betriebliche Verlust auf über 13,3 Millionen Euro beläuft. Vor der Corona-Pandemie sei dies nicht vorhersehbar gewesen, machte Willi deutlich.

Bauen wird deutlich teurer

Ein weiteres Problem, vor der die Kreiskliniken stehen, ist die Entwicklung des Baupreisindexes (BPI), was wiederum zu höheren Investitionen für das im Bau befindliche Zentralklinikum führt. Allein seit dem Quartal 2021 ist der Index um 15,3 Prozent gestiegen. Zwar geht die Klinikleitung davon aus, dass sich die Entwicklung des BPI wieder auf sechs Prozent reduzieren wird, aber selbst das würde bedeuten, dass sich die Gesamtkosten für das Zentralklinikum auf etwa 380 Millionen Euro belaufen werden.

Damit müssten auch die Kredite um rund 17 Millionen erhöht werden. Diese Größenordnung wäre noch durch die vom Kreistag bereits beschlossene Bürgschaft in Höhe von insgesamt 180 Millionen abgedeckt, so der Finanzdezernent.

In diesem Zusammenhang verwies Landrätin Marion Dammann an das Sozialministerium. Dort überlege man, wie dem steigenden Trend des BPI begegnet werden könne.

Interne Probleme

Doch nicht nur in Sachen Finanzen drückt der Schuh: Personalmangel, Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit sowie Umstrukturierungsprozesse sind Dauerbrenner.

So gebe es Teilbereiche, die für Mitarbeiter unattraktiv seien, berichtete Klinikenchef Armin Müller. Aber auch die Tatsache, dass für bestimmte Untersuchungen (Stichwort MRT/CT) die Patienten nach Lörrach gefahren werden müssten, sorge bei diesen für Unzufriedenheit. Das werde sich mit dem Zentralklinikum, das im Jahr 2025 seinen Dienst aufnehmen soll, aber ändern, betonte Müller. Und weiter: „Es gibt Probleme, die wir bis dahin nicht lösen können. Ich habe immer gebetet, dass die Zeit bis zum Neubau nicht zu lang wird.“

Die durch die drei Standorte bedingten strukturellen Probleme seien ein Grund gewesen, den Bau des Zentralklinikums aufzugleisen, erinnerte Dammann. Zwar hätten die Kliniken mit dem Umstrukturierungsprozess für das ZKL schon vor Corona begonnen. Die Pandemie habe aber für Verzögerungen in der Umsetzung gesorgt. Nicht zuletzt hätten dadurch verursachte Unsicherheiten und die Pandemie selbst bei Mitarbeitern Unzufriedenheit verursacht.“ Dem wirken wir entgegen“, betonte die Landrätin.

"Finanzierung am Anschlag"

Die Fraktionschefs sprachen sich unisono für den Betriebskostenzuschuss aus. Allerdings sei man bei der Finanzierung jetzt am Anschlag, betonte Klaus Eberhardt (SPD). „Jetzt darf nichts mehr passieren.“ Weitere Kostensteigerungen würden richtig wehtun. Nicht zu handeln, wäre aber unverantwortlich.

Daran, dass Betriebskostenzuschüsse bislang nie ein Thema gewesen seien, erinnerte Paul Renz (CDU). Kapitalhilfen dürften nicht zur Regel werden. Jetzt aber sei die Unterstützung notwendig. Die weitere Entwicklung des BPI, der durch den Ukrainekrieg, Materialknappheit und steigende Energiepreise beeinflusst wird, betrachte er mit Sorge.

„Maßnahmen zur Neuausrichtung müssen sofort angegangen werden“, erklärte Ulrich May (FW) mit Blick auf die strukturellen Probleme. Und für Eberhardt war klar, betriebsbedingte Themen aufzugleisen und in der Kommunikation wieder näher an die Patienten zu kommen.

"Auf Probleme zeitnah reagieren"

Bei Problemen gelte es zeitnah zu reagieren, und nicht erst, wenn sie in der Zeitung breitgetreten werden, sagte der SPD-Chef. Laut May muss Vertrauen zurückzugewonnen werden. Corona sei nämlich nicht der einzige Grund für die Schieflage, in der sich die Kreiskliniken nun befänden. „Wir vertrauen der Geschäftsführung, dass die Maßnahmen zum Erfolg führen werden“, zeigte er sich optimistisch.

Dass die Grünen-Fraktion über die Begründung des Antrags teilweise erzürnt gewesen sei, bekundete Bernd Martin. Er sah eine Vermischung der schlechten Finanzlage mit den Kosten für den Bau des ZKL, dem Dammann widersprach. Darüber hinaus erinnerte Martin an die Forderung von Grünen und SPD, einen Risikopuffer für Baukostensteigerungen in die Finanzkalkulation aufzunehmen. Dieser habe jedoch damals keine Zustimmung erfahren.

Derweil richtete Freie Wähler-Kreisrat Willibald Kerscher den Blick auf die Eröffnung des Zentralklinikums: „Ein Umzug in den Neubau ohne positive Veränderungen wäre fatal.“

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