Kreis Lörrach Kein Grund für Euphorie

Michael Werndorff
Die Corona-Krise führt zu klaffenden Löchern in den Haushalten von Kommunen und Städten. Foto: Archiv

Corona-Krise: Konjunkturpaket soll Kommunen unterstützen. Noch viele offene Fragen.

Kreis Lörrach - Die Corona-Krise trifft die Wirtschaft hart, was unmittelbare Folgen für die Haushalte von Städten, Kommunen und Landkreisen mit sich bringt. So rechnet der Landkreis Lörrach mit einem Defizit von zehn Millionen Euro. Das Konjunkturpaket der Bundesregierung soll die Haushalte entlasten, Beschäftigte und Familien unterstützen sowie die Abwärtsspirale der Wirtschaft stoppen.

Die Bundesregierung will insgesamt 130 Millionen Euro in die Hand nehmen, damit Deutschland wieder gestärkt aus der pandemiebedingten Krise hervorgeht. „Entscheidend ist nun, dass die Gelder zügig bei den Landkreisen, Städten und Gemeinden ankommen, die durch erhebliche Mindereinnahmen bei Gewerbe- und Einkommenssteuer sowie erhöhte Sozialkosten belastet sind“, wie Paul Renz, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion, in einer Mitteilung schreibt. Grundsätzlich begrüßt er das Paket, so habe die Große Koalition in dieser Krisensituation ihre Handlungsfähigkeit bewiesen.

Ein Blick auf die drei großen Kreisstädte:

Rheinfelden

Derweil gibt es aber noch zahlreiche offene Fragen, wie Rheinfeldens Stadtkämmerer Udo Düssel auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt. „Das Programm ist ein gutes Zeichen, aber kein Grund für Euphorie. Es bleibt bei einer kritischen Belastung für Rheinfelden. Die Auswirkungen für die Stadt in Bezug auf den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer ist durch die angedachten Erleichterungen noch ungewiss. Ebenso gibt es bisher keine Kompensation für die Ausfälle beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, der Vergnügungssteuer und den weiteren Gebührenausfällen.“

Auch die zusätzlichen Aufwendungen der Stadt Rheinfelden für die Überwindung der Corona-Pandemie würden hier nicht aufgeführt. Und nach dem Hilfspaket werde die Stadt noch eine erhebliche Last zu tragen haben. Rheinfeldens Oberbürgermeister bezifferte den Fehlbetrag bei den Einnahmen dieser Tage zwischen sieben und neun Millionen Euro (wir berichteten).

Weil am Rhein

Oberbürgermeister Wolfgang Dietz hat bereits frühzeitig bei Bund und Land einen „Masterplan für Kommunen“ angeregt, er begrüßt deshalb das Konjunkturpaket. Für eine konkrete Bewertung ist es laut Weiler Stadtverwaltung noch zu früh. Das gehe erst, wenn die konkreten Zahlen bekannt seien, sagte Sprecherin Junia Folk.

Der Stadt ist durch die Corona-Pandemie ein Minus von 13,5 Millionen Euro entstanden. Bei der Gewerbesteuer liegt Weil am Rhein aktuell um rund acht Millionen unter dem Ansatz. Bei der Aufstellung des Haushaltsplans 2020 ist man noch von einem Minus von 1,5 Millionen ausgegangen. „Aufgrund ihrer Liquidität und unter Berücksichtigung der Projekte, die der Gemeinderat verschoben hat, sind die Investitionen für 2020 jedoch gesichert“, so Folk. Hier zahle sich aus, dass die Einhaltung der Ausgabendisziplin bei der Stadt nun seit zwei Jahrzehnten einen sehr hohen Stellenwert aufweise, der sich auf die Entwicklung der städtischen Finanzen nachhaltig positiv ausgewirkt habe. Dass von einer allgemeinen Erlassung von Alt-Schulden im Wege der Akuthilfe Abstand genommen wurde, werde daher ebenfalls begrüßt.

Lörrach

Das Konjunkturpaket wird der Stadt Lörrach auf jeden Fall helfen, sagt Oberbürgermeister Jörg Lutz. „Was es uns konkret bringen wird, ist derzeit nicht abschätzbar.“ Die Stadt sei in Sachen Gewerbesteuerausfälle aufgrund ihrer diversifizierten Struktur weniger stark betroffen als zum Beispiel Weil am Rhein. „Das letzte Wort ist natürlich noch nicht gesprochen.“ Man werde die Coronafolgen erst Ende des Jahres ganz überblicken können. Fest steht, dass Lörrach derzeit Einnahmeausfälle von fünf Millionen Euro verbucht, davon entfällt die Hälfte auf die Gewerbesteuer. Das sei aber nur eine aktuelle Wasserstandsmeldung, so Lutz. Die Stadt geht davon aus, dass sich der Betrag durchaus auf zehn Millionen Euro verdoppeln könnte.

Landkreis Lörrach

Freude herrscht derweil im Lörracher Landratsamt. „Das Paket ist umfangreicher, als wir das erwartet hätten. Es wird hoffentlich dazu beitragen, dass auch die Kommunen und Landkreise finanziell handlungsfähig bleiben, trotz der pandemiebedingten Ausgabensteigerungen und Einnahmeausfälle“, erklärt Landrätin Marion Dammann.

Was das Konjunkturpaket im Einzelnen bedeutet, muss auch hier noch ausgewertet werden. „Die Maßnahmen sind auf jeden Fall ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“ So erhoffe man sich beispielsweise von der angekündigten Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft für Bezieher von Sozialleistungen eine wichtige finanzielle Unterstützung für den Landkreis. Denn allein im Jahr 2020 werde für Bezieher von SGB II-Leistungen im Landkreis Lörrach coronabedingt mit einem rund 4,5 Millionen Euro höheren Zuschussbedarf gerechnet. Auch der zugesagte Ausgleich der Gewerbesteuerausfälle der Jahre 2020 und 2021 könnte positive Auswirkungen auf die Kreisumlagehöhe für die Jahre 2022 und 2023 haben. „Das hängt aber natürlich davon ab, wie dieser Ausgleich schlussendlich gestaltet werden wird“, macht die Landrätin deutlich.

Für Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee, steht fest, dass das Konjunkturpaket der Bundesregierung viele wichtige und richtige Bausteine zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie enthält. Es schaffe mit seinen beiden Bausteinen – dem Krisenbewältigungspaket einerseits und dem Zukunftspaket andererseits – den Übergang von den ihrer Art nach konsumtiven Hilfen zur Bewältigung der Gegenwart hin zu den investiven Impulsen für eine erfolgreiche Zukunft.

Branchenübergreifend

„Gut ist vor allem, dass es bei zentralen Instrumenten einen branchenübergreifenden Ansatz gibt. So unterstützen die Ausweitung des Verlustrücktrags und die zusätzlichen Überbrückungshilfen für besonders stark betroffene Betriebe die Liquidität in der Breite der Wirtschaft. Auch die befristete Senkung der Umsatzsteuer und die Entlastung bei der EEG-Umlage folgen dieser Philosophie.“ Laut Marx kommt mit diesen Erleichterungen bildlich gesprochen „die Karre aus dem Dreck“.

Investive Anreize schaffen

Damit diese aber wieder Fahrt aufnehmen könne und mittelfristig zurück auf die Überholspur findet, bedürfe es investiver Anreize, erklärt Marx. „Dazu zählen die befristete degressive Abschreibung und die ausgeweitete Forschungsförderung, der Ausbau der Ladeinfrastruktur und die Förderung von Elektromobilität, Batteriezellenfertigung und digitaler Infrastruktur. Die flankierende Unterstützung von jungen Menschen und Familien kommt hinzu. Deren vielfach durch die Kurzarbeit geschmälerte Kaufkraft zu stärken, hilft der Binnennachfrage.“

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