Kreis Lörrach Kein Wandel ohne die Wirtschaft

Die Oberbadische
Diskutierten über die Energiewende (von links): Hans Friedrichkeit, Präsident Sektion Südbaden des CDU-Wirtschaftsrats, Referent Michael Ziesemer sowie Klaus Jost. Foto: Denis Bozbag Foto: Die Oberbadische

Vortrag: Präsident des Elektroindustrieverbands ZVEI, Michael Ziesemer, referiert über Energiewende

Lässt sich der Klimawandel ohne die Wirtschaft aufhalten? Kann Deutschland zum globalen Vorreiter bei der Energiewende werden und die Ziele des Pariser Abkommens erreichen? Diesen Fragen ist am Donnerstagabend im Lörracher Sparkassen-Forum Michael Ziesemer, Präsident des Elektroindustrieverbands ZVEI, in seinem Vortrag „Klimaschutz braucht Wirtschaft“ nachgegangen.

Von Denis Bozbag

Kreis Lörrach. „Mit dem Klima kann man keinen Aufschub verhandeln. Unternehmergeist und Tatendrang sind jetzt verlangt.“ Mit diesen Worten leitete Klaus Jost, Vorstandsmitglied der Sparkasse Lörrach-Rheinfelden, die vom regionalen CDU-Wirtschaftrat organisierte Veranstaltung ein. „Der Staat muss beim komplexen Thema Energiewandel den gesetzlichen Basisrahmen schaffen. Dies verlangt die Gesellschaft, und nach diesem Aspekt werden heutzutage Wahlen gewonnen.“

Energiewende muss schneller vorangehen

Wie steht Deutschland bislang im internationalen Vergleich bei der CO 2-Reduktion dar. Der gelernte Diplom-Ingenieur Ziesemer legte dazu die Fakten auf den Tisch: Der deutsche Pro-Kopf-Ausstoß beträgt im Jahr immer noch stattliche 11,3 Tonnen. Die Schweiz kommt dagegen mit nur 6,3 Tonnen aus und Frankreich mit seiner Atomenergie mit 7,2 Tonnen. Der EU-Durchschnitt liegt bei 8,8 Tonnen. „Dies belegt, dass die Energiewende im Land schneller vorangehen muss“, postulierte der Referent.

Frage man indes den örtlichen Bäcker oder den Eigenheimbesitzer, werde deutlich, dass jeder denke, er leiste genug für den Klimaschutz. Der Bäcker zahle durch die EEG-Umlage mehr für den Strom und für erneuerbare Energien. Der Hausbesitzer glaube, mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach seinen Beitrag zu leisten. Laut Ziesemer geht es aber nicht darum, nur die eine Wahrheit darzustellen. Denn die gebe es nicht.

Weitere Fakten, die er präsentierte: Im Jahr 2018 wurden bundesweit ein Drittel der Stromerzeugung aus der Stein- und Braunkohleverbrennung, ein Drittel aus Gas- und Kernkraft und lediglich ein Drittel aus erneuerbaren Energien wie Sonnen-, Wind- und Wasserkraft gewonnen.

Anteil der erneuerbaren Energien ist angestiegen

In den beiden vergangenen Quartalen ist dieser Anteil jedoch auf gut 42 Prozent angestiegen. Dies sei eine erfreuliche Entwicklung, die vor allem durch das Umdenken in der Wirtschaft und Industrie vorangetrieben werde, betonte der ZVEI-Präsident. BASF sei dabei, von Gas- auf Ökostrom aus Methan umzustellen. Die Chemie wolle bis 2050 klimaneutral werden. Der Automobilkonzern VW setze auf den Ausbau der E-Mobilität mit der Produktion von 220 000 E-Fahrzeugen im Jahr und Thyssen-Krupp betreibt eine Wasserstoff-Pilotanlage für die Gewinnung von „grünem Stahl“. Man dürfe die deutsche Wirtschaft daher nicht verteufeln, auch wenn derzeit die USA und China weltweit beim Energiewandel führend seien.

Vollständiger Kohleausstieg bis 2038 geplant

Bis zum Jahr 2038 werde Deutschland ganz aus der Kohleverbrennung aussteigen, führte der Fachmann weiter an. Dies sei ein ambitioniertes Ziel, das die berechtigte Frage aufwerfe, wie man es erreiche. Ziesemer war der Meinung, dass die technischen Möglichkeiten bereits dafür vorhanden seien und es keinen Technologiesprung mehr brauche.

Auch sei die gesellschaftliche Akzeptanz nur, wie Umfragen zum Einsatz erneuerbarer Energien belegen, dann vorhanden, wenn deren bauliche Auswirkungen nicht vor der eigenen Hautür stattfänden. Zahlreiche Bürgerinitiativen stellten sich gegen das Errichten von Windkraftanlagen sowie Verlegen von Erdverkabelungen, beklagte der Experte.

Die CO 2-Bepreisung sei ein sehr effizientes Mittel, auch die hinterherhinkenden Sektoren Agrar, Verkehr und Gebäude zu mehr Klimaschutz zu bewegen. Allerdings müsse der geplante Tonnenpreis von zehn Euro in den kommenden sieben Jahren deutlich auf das Dreifache steigen, um eine marktwirtschaftliche Steuerungswirkung und einen Anreiz zu erzielen.

Laut Ziesemer sei die Verringerung des CO 2-Ausstoßes auf 80 Prozent bis zum Jahr 2050 ein realistisches Vorhaben. Es brauche einen Energiemix mit Ausgewogenheit sowie mit einer sozial verträglichen Komponente, um die Klimaziele hierzulande umzusetzen, fasste er zusammen.

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