Kreis Lörrach Keinen jungen Menschen verlieren

Die Oberbadische
 Foto: Archiv

Perspektiven: Jugendberufsagentur in Rheinfelden bündelt Leistungen und Kompetenzen zum Wohle ihrer Klienten

Eine junge Mutter will über ein Berufsorientierungsjahr den Hauptschulabschluss nachholen. Ein 20-Jähriger bleibt nach seinem Abschluss bei den Eltern und zockt die Nacht durch Computerspiele, und ein weiterer Jugendlicher ohne Arbeit wird von den Eltern zur Jugendberufsberatung geschickt, damit die Familie weiter Kindergeld bekommt.

Von Denis Bozbag

Kreis Lörrach. Die Gründe, warum junge Klienten bei der Jugendberufsagentur in Rheinfelden vorstellig werden und dringend Perspektiven brauchen, können nicht unterschiedlicher sein. Unter dem Motto „Kein junger Mensch darf verloren gehen“ arbeiten Berufsberaterin Sabine Barde-Rütschlin und Arbeitsvermittlerin Angelika Walliser seit einem Jahr erfolgreich mit Jugendamt, Sozialdienst, Jugendgericht und psychologischer Fachstelle daran, junge Menschen in ihrer Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu unterstützen.

Dass fast alle Kooperationspartner in demselben Gebäude arbeiten, ermöglicht eine Kommunikation der kurzen Wege und trägt laut der beiden Fachfrauen maßgeblich zum Gelingen der verschiedenen Jugendbiografien bei: „Oft werden uns Fälle vom Jugendamt weitervermittelt. So wie eine junge Mutter, die bereits mit 16 Jahren schwanger wurde und ohne familiären Rückhalt derart mit der Erziehung des Nachwuchs vereinnahmt war, dass die schulische Ausbildung darunter zu leiden hatte“, schildert die Berufsberaterin das Schicksal einer Klientin, die ihr im Laufe der Beratung sehr ans Herz gewachsen war.

Für junge Frauen mit Kind sei es generell nicht leicht, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Oftmals seien die Zeiten der Kinderbetreuung sehr unflexibel und nicht auf die Bedürfnisse von arbeitenden Müttern ausgerichtet. Derweil zeigten sich viele Unternehmen immer aufgeschlossener gegenüber jungen Arbeitskräften ohne geradlinigen Lebenslauf, Einser-Schulabschluss oder psychische Auffälligkeiten wie Sucht oder Legasthenie.

Nach rund einem Jahr Zusammenarbeit mit den Sozialen Diensten vom Fachbereich Jugend & Familie, der Arbeitsagentur Lörrach im Bereich Berufsberatung und den Mitarbeitern des Jobcenters U 25 trägt die individuelle Förderung der jungen Klienten erste Früchte.

„Viele Jugendliche kommen aus zerrütteten Verhältnissen, wo das Familienumfeld sehr zur Belastung wird und keinen Raum für Entfaltung persönlicher Fähigkeiten lässt“, verdeutlicht Walliser im Gespräch mit unserer Zeitung. Stellt sie bei einer arbeitssuchenden Person dann fest, dass die privaten Umstände die Chancen auf einen Beruf verhindern, wird das Übel an der Wurzel gepackt: „In einem Fall musste eine junge Frau erst aus dem alten Wohnumfeld gebracht und bei der Suche nach einer eigenen Bleibe unterstützt werden. Andere Jugendliche müssen vorher ein Suchtproblem in einer Klinik behandeln lassen.“

Einen jungen Mann, der ohne Sozialkontakte in seinem Zimmer nur Computerspiele zockte, habe man mit berufsvorbereitenden Maßnahmen aus der virtuellen Welt zurückgeholt. Geleitet von Ausbildern, Lehrkräften und Sozialpädagogen bekam er an fünf Tagen in der Woche sowohl theoretisches als auch praktisches Wissen vermittelt.

„Dieser schüchterne Mann hat uns wirklich alle überrascht. Ich dachte erst, das wird schwierig mit ihm“, gesteht Barde-Rütschlin. Aber gleich vom ersten Tag an habe er sein berufsvorbereitendes Jahr ernstgenommen, war engagiert, pünktlich und kommunikativ. Er wurde sogar Kursbester und ergatterte anschließend einen Ausbildungsplatz zum Lackierer.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading