Kreis Lörrach Kindswohl steht im Vordergrund

Die Oberbadische
In Sachen Gefährdungseinschätzungen rechnet die Psychologische Beratungsstelle für dieses Jahr mit etwa 60 Anfragen. Diese kommen von Kitas, Schulen und Ärzten. Foto: Archiv Foto: Die Oberbadische

Jugendhilfe: Psychologische Beratungsstelle sieht steigende Tendenz bei Gefährdungseinschätzungen

In Sachen Kinderschutz hat die Psychologische Beratungsstelle des Landkreises Lörrach im vergangenen Jahr deutlich mehr zu tun gehabt. Insbesondere bei Anfragen zur Einschätzung von Kindswohlgefährdungen seitens Kitas, Schulen, Ärzten und anderer Fachkräfte verzeichneten die Verantwortlichen eine steigende Tendenz, wie Leiter Günter Koenemund in der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses berichtete.

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. „Die Nachfrage nach Gefährdungseinschätzungen nimmt Jahr für Jahr zu“, sagte Koenemund im Rahmen der Vorstellung des Tätigkeitsberichts für das vergangene Jahr. Der Trend hält an, so rechne man nach dem ersten Quartal für 2018 mit mehr Anfragen als prognostiziert. „Unser Sachgebiet ist dabei gefordert, gemeinsam mit Fachkräften anderer Träger eine wichtige Aufgabe für den Landkreis zu leisten.“ Waren es im vergangenen Jahr noch 41 Anfragen von Kitas, Schulen und Ärzten, so könnten es nun 60 werden. „Die Gefährdungseinschätzung bindet eine Menge Zeit, die personell noch nicht bemessen ist“, führte Koenemund weiter aus. Zudem habe die Psychologische Beratungsstelle (PB) mit der neuen Konzeption für Kinderschutzkräfte und der Gründung einer kreisweiten Interventionsgruppe im vergangenen Jahr die Qualität weiterentwickelt.

Insgesamt haben 1592 Familien (1627 waren es im Vorjahr) die Erziehungs- und Familienberatung der PB in Anspruch genommen, die im vergangenen Jahr als eine der ältesten in Baden-Württemberg ihr 60-jähriges Bestehen feierte und als erste Beratungsstelle Deutschlands zum 5. Mal in Folge das Qualitätssiegel für gute Beratung erhielt. Das sei etwa die Hälfte aller 2017 im heimischen Kreis in Anspruch genommenen Hilfen zur Erziehung, wie es weiter hieß. Von jeweils 1000 minderjährigen Kreiseinwohnern und ihren Familien haben 39 im vergangenen Jahr die Beratung genutzt, 62 Prozent der beratenen Familien waren Neuanmeldungen, 38 Prozent wurden aus dem Jahr 2016 übernommen.

Familien kommen auch aus eigenem Antrieb

Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der begonnenen Beratungen um zwei Prozent gesunken, was sich aufgrund von Vakanzen durch Mutterschutz-Zeiten und Elternzeit mehrerer Mitarbeiter nicht vermeiden ließ, wie Koenemund berichtete.

Der Tätigkeitsbericht zeigt, dass sich die Inanspruchnahme zu fast gleichen Teilen auf die Einzugsbereiche der vier Standorte Lörrach, Weil am Rhein, Rheinfelden und Schopfheim verteilt.

Bei 70 Prozent der Fälle ging die Initiative zur Erziehungsberatung von der Familie selbst aus, konkret 60 Prozent von den Eltern und elf Prozent von Kindern und Jugendlichen. Laut Bericht ist die Erziehungsberatung demnach eine Hilfe, die überwiegend aus eigener Initiative aufgesucht wird. In 23 Prozent der Fälle kamen die Klienten indes auf Anraten von Schulen, Ärzten, Kitas und dem Familiengericht.

Bei der Beratung standen in sechs von zehn Fällen Kinder unter zwölf Jahren im Mittelpunkt, der Anteil der Unter-Dreijährigen lag wie in den beiden Vorjahren bei zwölf Prozent aller Beratungen, und der Anteil der Jungen und Mädchen verteilt sich in etwa gleichmäßig.

Wichtige Anlaufstelle

„Besonders für die von Trennung und Scheidung betroffenen Kinder und Jugendlichen sind wir eine wichtige Anlaufstelle“, erklärte Koenemund. 43 Prozent lebten mit einem Elternteil, und bei 34 Prozent der beratenen Familien hat ein Elternteil einen Migrationshintergrund.

Insbesondere aufgrund familiärer Konflikte wird die Beratung aufgesucht, in fünf von 100 Fällen ging es um eine Gefährdung des Kindswohls, bei acht Prozent war eine eingeschränkte Erziehungskompetenz der Eltern der Auslöser, und Entwicklungsauffälligkeiten beziehungsweise seelische Probleme schlugen mit 33 Prozent zu Buche. Weiter zurück ging die Beratung zu schulischen Problemen.

Laut Koenemund müssen die Ratsuchenden rund zwei bis drei Wochen auf einen Termin warten. Zusätzlich gibt es seit zwei Jahren in Lörrach jeden Donnerstagnachmittag eine offene Sprechstunde, die sich bewährt habe. Versuchsweise wurde vor drei Monaten eine offene Sprechstunde in Schopfheim eingerichtet, Interesse bestehe auch für Rheinfelden und Weil am Rhein, sagte der Leiter auf Nachfrage. „In die offene Sprechstunde kommen auch Kinder und Jugendliche alleine. Das ist eine prima Sache“, freute sich der Leiter der Beratungsstelle.

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