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Kreis Lörrach Klimaziele im Blick behalten

Denis Bozbag
Hans Joachim Schellnhuber gab nach seinem Referat eine Signierstunde. Foto: Denis Bozbag

Kreishandwerkerschaft lud hochkarätigen Klima-Experten zum 21. Tag des Handwerks ein.

Kreis Lörrach - Fachkundig, faktenbasiert und nichts beschönigend: So hat der renommierte Klimaexperte Hans Joachim Schellnhuber anlässlich des 21. Tags des Handwerks in einem Vortrag die globale Erderwärmung und ihre Folgen für die Menschheit aufgezeigt. Er forderte dabei nachhaltige Lösungen des Klimaproblems und zeigte Chancen für das Handwerk auf, zum Transformationsprozess hin zu einer CO2 -neutralen Energiewirtschaft zu beizutragen.

„Irgend etwas gerät ins Rutschen.“ Mit dieser Feststellung eröffnete Schellnhuber sein Referat mit dem Titel „Was hält unsere Erde aus?“. Ein Blick in seine Jugend reiche dazu aus. Früher habe man bei Temperaturen um die 27 Grad hitzefrei bekommen. Eine Zahl, die angesichts der deutlich höheren Sommertemperaturen in den vergangenen Jahren geradezu lächerlich erscheint, meinte der Gründungsdirektor und ehemalige Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Er fungierte als wissenschaftlicher Berater für eine Vielzahl von Politikern, darunter auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel, für den EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso sowie für Papst Franziskus.

Schellnhuber untermauerte seine Anekdote sogleich mit Fakten: Seit dem Jahr 1850 steige die globale Durchschnittstemperatur stetig an. Forschern sei es gelungen, diese bis zur letzten Eiszeit vor rund 10 000 Jahren zu rekonstruieren. „Von der Neolithischen Revolution, als eine Weltbevölkerung von etwa einer Million Menschen das Nomadendasein aufgab und Landwirtschaft betrieb, bis zur Industriellen im 19. Jahrhundert blieb die durchschnittliche globale Temperatur stabil. Erst ab dem Zeitalter der fossilen Brennstoffe fing diese kontinuierlich an, zu steigen“, schilderte Schellnhuber anhand von Grafiken den Zusammenhang von CO2-Ausstößen und Klimaerwärmung.

Faktenbasierte Entwicklung

Aus dieser faktenbasierten Entwicklung lasse sich ableiten, dass diese Temperaturreaktion keine natürliche Schwankung sei, sondern durch Menschenhand zustande kam, folgerte der gelernte Physiker. Trotz dieser Daten versuchen viele Skeptiker diesen Fakt in den Wind zu schlagen. In den USA gebe es unter der Bevölkerung Bestrebungen, den Klimawandel weiterhin zu leugnen.

In Schutt und Asche gelegt

Seit dem katastrophalen Waldbrand vergangenen November in Kalifornien, der mit einer 80 Kilometer pro Stunde schnellen Feuerwand die Kleinstadt Paradise in Schutt und Asche legte, beginne auch dort langsam ein Umdenken, meinte Schellnhuber. „Solche extremen Wetterphänomene öffnen uns Menschen die Augen. Und das, obwohl Forscher wie ich bereits seit 30 Jahren vor den möglichen Konsequenzen des Temperaturanstiegs eindringlich warnen“, beklagte das Mitglied des Weltklimarats.

Laut einer Umfrage des Pew Research Center aus dem Jahr 2018 unter 27 000 Personen aus 26 Ländern gilt der Klimawandel mit 67 Prozent Zustimmung als Größte Bedrohung für die Menschheit – noch vor Cyber-Attacken und Terror.

Das festgelegte Ziel der Unterzeichnerstaaten des Pariser Abkommens, die globale Erderwärmung auf bis zu zwei Grad einzudämmen, sieht Schellnhuber kritisch. Die Mitteltemperatur sei durch jahrtausendalte ökologische Ausgleichprozesse stabil gehalten worden.

Öko-Systeme erhalten

Es reiche deshalb nicht aus, nur an der Reduzierung des CO2-Ausstoßes zu arbeiten. Man müsse ebenso die Ökosysteme erhalten, erklärte der Klima-Fachmann. „Der Golfstrom, die Korallenriffe, die Tropenwälder sowie der indische Sommermonsun kollabieren ab einem bestimmten ,Kipp-Punkt’, ab dem Grad Erderwärmung, den das System noch aushält, bevor es umkippt.“ Der Eisschild auf Grönland sei bereits am Schmelzen. Dies könne einen Domino-Effekt auf andere meteorologische Begebenheiten auslösen und zu einer Temperaturspirale führen, warnte Schellnhuber.

Aber nicht nur mit Warnungen fesselte er gestern Abend im Burghof seine Zuhörer. Das Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften zeigte einen möglichen Fahrplan auf, wie die Menschheit „noch die Kurve“ kriegen könnte. „Der Verbrennungsmotor muss verschwinden. Weltweite Innovationsprojekte für erneuerbare Energien müssen weiter gefördert und ausgebaut werden. Die Solarenergie davon ist von allen die erfolgsversprechende“, führte Schellnhuber aus.

Interessant für die anwesenden Vertreter und Unterstützer des Handwerks war der Vorschlag für einen nachhaltigen Städtebau. „Der Werkstoff Holz steht vor einer großen Renaissance“, war sich der Experte sicher. Das Material könne durch Fotosynthese 30 bis 40 Prozent zur globalen CO2-Senkung beitragen, würden die Menschen auf Beton und Stahl verzichten und mit technisch aufgewerteten Holz arbeiten. „Dies ist eine große Chance fürs Handwerk, zu einem besseres Weltklima beizutragen“.

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