Kreis Lörrach Kliniken in schwierigem Fahrwasser

Michael Werndorff
Die Kreiskliniken erwarten auch für das laufende Jahr einen Fehlbetrag in Millionenhöhe. Foto: Michael Werndorff

Finanzen: Kreistagsfraktionen zu Kliniken / Fertigstellung des Zentralklinikums soll gesichert werden

Die Kreiskliniken im Landkreis Lörrach verbuchen für das Jahr 2021 einen Verlust von fünf Millionen Euro. Im laufenden Jahr dürfte das Defizit noch höher ausfallen, wie im Rahmen der jüngsten Kreistagssitzung zu erfahren war. Mit Blick auf die steigenden Baukosten für das Zentralklinikum zeigten sich die Fraktionen besorgt.

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. Über Jahre hinweg haben die Kreiskliniken schwarze Zahlen geschrieben. Doch mit der Coronapandemie verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage vieler Krankenhäuser dramatisch. Hinzu kamen hausgemachte Probleme (wir berichteten mehrfach). So kam der Kreistag nicht umhin, dem Eigenbetrieb eine Betriebsliquiditätshilfe in Höhe von sechs Millionen Euro zuzuschießen.

Höhepunkt der Pandemie

Das Jahr 2021 war der Höhepunkt der Corona-Pandemie, was zu einer deutlichen Reduzierung des gewöhnlichen Krankenhausbetriebes geführt habe, wie CDU-Fraktionschef Paul Renz erinnerte. Belegbetten mussten für Corona-Patienten freigehalten, planbare Operationen verschoben werden. Dies habe zu einem Rückgang der Fallzahlen geführt und somit auch der Erlöse aus Krankenhausleistungen. Aufgefangen wurden diese aus dem Rettungsschirm des Bundes unter anderem mit 21,5 Millionen Euro. „Auch der Landkreistag spricht in einer aktuellen Stellungnahme von enormen Mehrbelastungen und düsteren Zukunftserwartungen in der Kliniklandschaft“, erklärte Renz. Den Blick richte man nun nach vorne: „Wir hoffen, dass die positiven Ergebnisse zurückliegender Jahre künftig wieder erreicht werden.“ Ulrich May (FW) erklärte, dass im Plan 2022 bereits ein Defizit von acht Millionen Euro veranschlagt sei. Nach einer aktuellen Prognose liege man schon bei einem Defizit von elf Millionen. „Da hilft unser verlorener Zuschuss zu den Betriebskosten in Höhe von sechs Millionen nur wenig“, zeigte sich der FW-Chef besorgt. „Noch größere Sorgen bereiten die ständig steigenden Baukosten beim neuen Zentralklinikum, für die wir nichts können, die wir aber zu tragen haben“, erklärte May. Das sei schmerzlich und tue weh, „denn das Projekt war und ist richtig gut aufgegleist“. Bevor weitere größere Baumaßnahmen angegangen werden, müsse die Fertigstellung des Zentralklinikums gesichert und das Betriebsergebnis der Kliniken wieder positiv sein, forderte May. Die Kliniken mit dem Großprojekt Zentralklinikum hätten jetzt absoluten Vorrang vor anderen Vorhaben. Laut May muss schnell überlegt werden, wie die rasant steigenden Kosten gegenfinanziert werden können. Bis 380 Millionen sei die Finanzierung gesichert, jetzt liege man in den Hochrechnungen durch den stark gestiegenen Baukostenindex schon bei rund 400 Millionen Euro. „Da ist eine Nachfinanzierung erforderlich – über den Landkreis oder die Kliniken, was letztlich auch wieder beim Landkreis landen würde.“

Jahresfehlbetrag wächst weiter

Der Jahresfehlbetrag werde sich 2022 noch vergrößern und nur durch den Betriebskostenzuschuss des Landkreises abmildern lassen, kommentierte Bernd Martin (Grüne) den Jahresabschluss. Alarmierend sei, dass der Cash-Flow im Jahre 2020 noch bei 7,6 Millionen gelegen hatte und dieser im abgelaufenen Geschäftsjahr sich auf minus 16,8 Millionen Euro verschlechtert habe. „Die Kündigung unseres Geschäftsführers macht die Situation nicht einfacher.“

Nun werde es darauf ankommen, dass alle Mitarbeiter, Betriebsrat, Geschäftsleitung, Aufsichtsrat und Kreistag an einem Strang ziehen und kluge Entscheidungen treffen, stellte Martin fest. Aber: Diese schwierige Phase sei auch eine Chance für frischen Wind und neue Ideen zur Bewältigung der derzeitigen und zukünftigen Umbrüche in der Gesundheitsversorgung.

Auch für Klaus Eberhardt (SPD) ist eine Nachfinanzierung notwendig. Über 100 Millionen Euro Kostensteigerung werden den aktuellen Einflüssen aus Veränderungen bei den Lieferketten der Materialversorgung, der Ungewissheit der Energiefragen und der Personalverfügbarkeit zugeschrieben. „Dies wird ein nachträgliches Finanzierungskonzept erfordern, selbst wenn das Land seinen Zuschuss erhöhen sollte“, sagte Eberhardt. Die SPD-Fraktion erwartet zum Haushalt 2023 eine Reaktion für den Kreishaushalt, „um nicht erst am bitteren Ende 2025 in die Fragestellung der Nachfinanzierung zu geraten.“

Eberhardt machte auch klar, dass es ein Vorstandsteam brauche, das sorgfältig gemeinsam notwendige Eintscheidungen im finanziellen wie auch im ärztlichen Bereich diskutiert und festlegen kann und sich gut auf die Neuordnung in einem Zentralklinikum vorbereiten kann.

Rettungsschirme reichen nicht aus

Die wirtschaftlichen und personellen Rahmenbedingungen würden für die Kliniken bundesweit nicht leichter, sagte Manuel Karcher (FDP). Die Bundesrettungsschirme seien im dritten Pandemiejahr bei weitem nicht ausreichend. Der Übergang zum Zentralklinikum werde herausfordernd für alle Beteiligten werden. „Nutzen wir diese Übergangsphase als Chance für strukturelle Optimierungen und personelles Engagement durch vorhandene und neue Köpfe“, zeigte sich Karcher optimistisch.

Wie die anderen Fraktionen geht auch die AfD davon aus, dass die Kreiskliniken auch im nächsten Jahr einen Zuschuss des Landkreises benötigen werden. Laut Wolfgang Fuhl werden die Kreiskliniken alle Unterstützung erhalten hin zu einem Klinikum, in dem sich Mitarbeiter, Patienten und Besucher gut aufgehoben fühlen.

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