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Kreis Lörrach Kreistag beschließt Aus für Rheinfelden

Michael Werndorff
Die stationäre Versorgung in Rheinfelden wird in wenigen Monaten enden. Für ambulante Notfälle soll ein medizinisches Versorgungszentrum eröffnet werden. Foto: Tim Nagengast/Tim Nagengast

Gremium bringt Umstrukturierung auf den Weg.

Der Kreistag hat in seiner Sitzung am Mittwoch mit fünf Gegenstimmen und vier Enthaltungen die Schließung der stationären Versorgung am Kreiskrankenhaus Rheinfelden beschlossen. Die stationäre Versorgung soll an den Standorten Schopfheim und Lörrach – Kreiskliniken und St. Elisabethenkrankenhaus – konzentriert werden. Ziel sei eine wirtschaftlich und personell positive Entwicklung der medizinischen Versorgung im Vorgriff auf die Eröffnung des Zentralklinikums Ende 2025, erklären die Verantwortlichen.

Szenarien geprüft

Nach der Prüfung verschiedener Umstrukturierungs- und Schließungsszenarien hat sich laut Verwaltung diese Variante als am wirtschaftlichsten für die Kreiskliniken herausgestellt.

Deren wirtschaftliche Situation ist dramatisch. Damit steht die Kliniken GmbH aber nicht alleine da: „Demografie, Personalnöte, Finanznöte“ – mit diesen drei Schlagworten hatte jüngst Michael Weber, Präsident des Verbandes leitender Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK), „die riesigen Herausforderungen“ der Krankenhauslandschaft umrissen. Insbesondere die Inflation und die Tarifsteigerungen setzten den Krankenhäusern gerade zu, betonte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Ingo Morell. So hieß es seitens der Kreiskliniken zuletzt, dass diese wegen Inflation, weiter steigenden Kosten für Honorarkräfte und rückläufigen Patientenzahlen für dieses Jahr von einem Fehlbetrag von voraussichtlich 34 Millionen Euro ausgingen.

MVZ etablieren

Auf der Agenda steht bei der beschlossenen Umstrukturierung auch die Notfallversorgung: Diese soll durch ein Modell mit drei Komponenten als Vorreitermodell für zukünftige Versorgungsstrukturen organisiert werden, wie Kliniken-Geschäftsführer Udo Lavendel ausführte. Nach dem Willen des Gremiums sollen auf Vorschlag des Kliniken-Aufsichtsrats die Notarztstandorte in Lörrach, Rheinfelden und Schopfheim erhalten bleiben. Die Zentrale Notaufnahme in Lörrach (ZNA) wird den Plänen zufolge ausgebaut, und in Rheinfelden ist vorgesehen, eine Anlaufstelle für die ambulante Notfallversorgung an zentraler Stelle zu schaffen. Die Besetzung eines freien Hausarztsitzes in Rheinfelden soll durch das MVZ der Klinik erfolgen. Allerdings muss die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg mitspielen. Man habe bereits positive Rückmeldung erhalten, so die Klinikleitung. Derweil wollten die Kreisräte die Anforderung mit einem Zeitstempel versehen wissen.

10,7 Millionen Euro

In der Sitzungsvorlage heißt es: „Durch die Neuorganisation der Versorgung bis Ende April tragen die Kliniken des Landkreises den wirtschaftlichen Herausforderungen Rechnung und stellen die gute Versorgung der Bevölkerung im Landkreis sicher.“ In Zahlen ausgedrückt sieht der Aufsichtsrat ein Einsparpotenzial von 10,7 Millionen Euro.

Der Umzug von Rheinfelden und Schopfheim mit dem Umzug der somatischen Betten nach Lörrach als ein zuletzt angedachtes Szenario hätte einen geringeren Einspareffekt (9,2 Millionen) und höhere Umstrukturierungskosten aufgrund notwendiger Umbaumaßnahmen zur Folge, so Lavendel. Aus der Gesamtbewertung aller Vor- und Nachteile hat man sich letztlich für die Schließung von Rheinfelden entschlossen, da die Umbauarbeiten geringer ausfallen und die Umsetzung einfacher sowie schneller möglich sein soll, wie der Präsentation zu entnehmen war.

Vorgesehen ist im beschlossenen „Szenario 3+“ die Verringerung der Bettenzahl, um das größtmögliche Potenzial bei der Einsparung der Leiharbeiter zu haben. Dadurch erhöhe sich der Anteil an angestellten Beschäftigten. Hierbei sei zudem das Wachstums- und Erlöspotenzial für die Behandlung von Patienten vorhanden, heißt es in der Vorlage.

Stellungnahmen

Von einer sinnvollen und passenden Lösung sprach Christian Renkert (CDU). Die Vorgabe, die Rettungsfristen einzuhalten, werde im beschlossenen Szenario erfüllt. Und in der Erhaltung der Notarztstandorte bleibe Kontinuität gewahrt. „Die Risiken sind zu Chancen geworden.“

Martin Bühler (FW) betonte, dass man nun versuchen müsse, die Kliniken GmbH wieder in finanziell vernünftiges Fahrwasser zu bekommen. „Entscheidend ist, dass der Klinikbetrieb in kommunaler Hand bleibt.“ Dass eine emotionale Achterbahnfahrt ein Ende habe, stellte Fraktionskollege Ulrich May fest, der von einer überzeugenden Lösung sprach. Größten Wert legte er auf die Sicherstellung der Notfallversorgung in Rheinfelden. Zustimmung kam auch von den Grünen: Margarete Kurfeß legte den Fokus auf die Sicherstellung der medizinischen Versorgung.

Den Beschluss nicht mittragen konnte Rheinfeldens OB Klaus Eberhardt (SPD): Er verwies auf eine Clinotel-Auswertung, die den Standort Rheinfelden gut bewertete, dann kam es zur Verschlechterung, unter anderem aufgrund der längeren Vakanz der Orthopädie-Chefarztstelle. Und weiter: Nun müsse Lavendel einen Scherbenhaufen zusammenkehren. Zudem seien die wirtschaftlichen Annahmen des Szenarios 3+ mit vielen Unbekannten behaftet. Nicht zuletzt könne sich die Größenordnung des Abbaus von Leiharbeitskräften nicht kalkulieren. Indes sprach Kevin Brändlin (FDP) in Anbetracht der schwierigen Lage von einem guten Konzept. Fraglich sei aber, ob in der Realität alles leistbar sei.

Für die AfD stellte Wolfgang Fuhl fest, dass die wirtschaftlichen Probleme und der Rückgang von Patientenzahlen bereits vor der Corona-Pandemie festzustellen gewesen seien.

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