Kreis Lörrach Hebesatz sinkt auf 30,66 Prozent

Die Oberbadische

Kreistag: Haushalt 2019 verabschiedet. Grüne: „Senkung ist weder zielführend noch nachhaltig.“

Kreis Lörrach - Erfreuliche Ergebnisse der Novembersteuerschätzung, höhere Schlüsselzuweisungen und eine Beteiligung des Landes an den Kosten der Unterbringung von Flüchtlingen sowie eine insgesamt florierende Konjunktur mit sprudelnden Steuereinnahmen: Mehrere Faktoren haben dazu beigetragen, den Hebesatz der Kreisumlage für das Haushaltsjahr 2019 zu senken, und zwar von derzeit 32 auf 30,66 Prozent.

31 Prozent lautete die erste Wasserstandsmeldung von Landrätin Marion Dammann Ende Oktober bei der Einbringung des gestern verabschiedeten Kreishaushalts 2019. Für diesen hätte das einen Betrag in Höhe von insgesamt 105,2 Millionen Euro bedeutet, den Städte und Gemeinden an den Kreis zu bezahlen gehabt hätten. Im Rahmen der Vorberatungen des Haushalts in den vergangenen Wochen sank der Pegelstand unter anderem dank eines höheren Ansatzes bei der Grunderwerbsteuer weiter auf 30,68 Prozent. Gestern hat sich der Kreistag nach den Haushaltsreden der Fraktionssprecher bei einer Enthaltung und einer Gegenstimme auf einen Hebesatz von 30,66 Prozent geeinigt.

Die kleine Veränderung, die letztlich eine Kreisumlage von rund 104 Millionen Euro bedeutet (dank Steuerkraftsumme plus vier Millionen im Vergleich zum Vorjahr), kam zustande, weil 100 000 Euro weniger an die Straßenmeisterei fließen soll, gleichzeitig aber auf Antrag von SPD und Grüne 50 000 Euro für die sprachliche Förderung geflüchteter Frauen mit Kindern in den Haushalt eingestellt wurden.

„Dies ist der letzte Haushalt, den der Kreistag in dieser Zusammensetzung beschließt“, startete Paul Renz (CDU) eine Bilanz der vergangenen fünf Jahre. In dieser Zeit stieg das Haushaltsvolumen um 19 Prozent von 230 auf 273,5 Millionen Euro, gleichzeitig stieg auch die Summe der Kreisumlage um 17 Prozent und die Transferleistungen von 102 auf 122,5 Millionen Euro.

Im Haushalt 2019 spiegele sich die günstige gesamtwirtschaftliche Sicht wieder, verwies Renz auf die im Landesvergleich deutlich gestiegene Steuerkraftsumme im heimischen Landkreis. Gleichwohl warnte er: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass sich die lange wirtschaftliche Schönwetterphase auch einmal ändern kann.“ CDU, FDP, Freie Wähler und SPD folgten dem Vorschlag der Verwaltung, den Hebesatz zu senken.

Die Grünen stellten indes erfolglos den Antrag, den Hebesatz beim aktuellen Stand zu belassen: Eine Senkung sei weder zielführend noch nachhaltig, verwies Fraktionssprecher Bernd Martin auf anstehende Investitionen (67 Millionen bis 2022), eine mögliche Abschwächung der Konjunktur und den Finanzhaushalt der Gemeinden: „Die Zukunftsinvestitionen sind viel zu wichtig, als dass wir uns erlauben könnten, kurzfristig die Kreisumlage zu senken.“ Es wäre ein grober handwerklicher Fehler, wenn die gegenwärtig gute Finanzlage der Städte und Gemeinden nicht genutzt würde, um die Finanzen des Kreises zu stärken. Denn: Der Schuldenstand des Kreises werde von heute 15 auf 50 Millionen im Jahr 2022 „explodieren“. Es wäre sinnvoll, die 32 Prozent beizubehalten, um mehr Rücklagen zu bilden.

Für die SPD erklärte Klaus Eberhardt, dass eine weitere Senkung des Hebesatzes zwar angebracht sei – im Vorjahr war der Kreis einer von nur sechs Landkreisen in Baden-Württemberg, der den Umlagesatz erhöht hat –, die SPD sehe aber Grenzen im Hinblick auf künftige Herausforderungen im investiven Bereich. Doch stehe bei der Beurteilung des Haushaltsplans, der sich mit vier Millionen unter dem des Vorjahres bewegt, nicht die Frage des Kreisumlagehebesatzes im Vordergrund: „Es geht jetzt – wie immer – darum, dass der Landkreis seine Aufgaben gut erfüllt und dies ressourcenschonend schafft.“

Die auf lange Sicht finanziell bedeutendste Aufgabe stellt die Gesundheitsversorgung mit dem geplanten Zentralklinikum dar: „Wir rechnen beim zukünftigen Klinikbau mit erheblichen Kostensteigerungen“, nannte der SPD-Chef die Entwicklung im Bausektor und Leistungskürzungen der Versicherungen, die das Jahresergebnis der Kliniken belasten würden. SPD und Grüne sehen hier weiteren Vorsorgebedarf: „In unseren Augen muss ein Szenario zulässig sein, das nicht allein dem Klinikbetrieb die Finanzierung der erwartbaren Mehrkosten aufbürdet.“ Laut Martin müsse mit Kosten in Höhe von 350 Millionen und mehr rechnen. Ein Betrag, welcher der Eigenbetrieb im Verlauf zweier Jahrzehnte kaum aus seinen Gewinnen refinanzieren könne.

Angesichts der guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erteilten auch die Freien Wähler grünes Licht für einen niedrigeren Hebesatz. Fraktionssprecher Ulrich May gab einen Überblick über die anstehenden Vorhaben – Neubau Landratsamt II, Schulentwicklung (hier fließen bis 2022 insgesamt 31 Millionen Euro), Verkehr und Mobilität, Klimaschutzkonzept, Sozialstrategie und Digitalisierung – und vergaß nicht zu betonen, hohe Fixkosten zu haben, und zwar nicht nur im Sozialbereich, sondern auch bei den Personalausgaben. „Wir müssen auf ein ständiges Wachstum hoffen“, kommentierte er den Gesamthaushalt 2019, der Aufwendungen von insgesamt 272 Millionen Euro vorsieht. „Mit den beschlossenen Investitionen haben wir einen mutigen Weg eingeschlagen, der aber dringend notwendig ist“, sagte May.

Auch Wolfgang Roth-Greiner (FDP) befand, auf dem richtigen und erfolgversprechenden Weg zu sein – auch wenn dieser mitunter mühsam, zeitraubend und in vielen Bereichen nicht gerade günstig sei. Das zeige sich unter anderem an etlichen Erfolgen der Sozialstrategie des Kreises. Hier liege die SGB II-Quote deutlich unter dem Landesschnitt. Gleiches gelte für die Ambulantisierung der Eingliederungshilfe. Aber: „Die anstehenden Investitionen stellen eine gewaltige Herausforderung dar, wobei man nur hoffen kann, dass das Weltwirtschaftsklima nicht zunehmend belastet wird und unsere Konjunktur weiter prosperiert.“ Zu denken geben müsse auch der soziale Zuschussbedarf, der mittlerweile bei 81,8 Millionen Euro liege. Ohne Landesmittel für die Flüchtlingskosten wäre dieser um 4,4 Millionen höher ausgefallen.

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