Kreis Lörrach Leben lernen in Gemeinschaft

Beatrice Ehrlilch

Schwerpunktthema: Psychosomatische Abteilung am Kreiskrankenhaus Lörrach

In der Psychosomatischen Abteilung am Kreiskrankenhaus Lörrach finden Menschen Hilfe, deren psychische Erkrankung sich auch in körperlichen Leiden zeigt.

Kreis Lörrach. Hell und freundlich ist es im Büro von Thomas Unterbrink, der die Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie im Kreiskrankenhaus Lörrach leitet. Hier in dem westlichen Gebäudeflügel, ist 2011 eine Anlaufstelle geschaffen worden für Menschen mit psychischen Erkrankungen, die oft auch mit körperlichen Beschwerden einhergehen.

Einzel- und Gruppentherapien, die zeitlich begrenzte Gemeinschaft in einer festen Patientengruppe, sollen den Menschen wieder auf die Beine helfen und sie dazu befähigen, in ihren Alltag zurückzukehren. Sich auf Hilfe einzulassen, ist auch im Falle einer psychischen Erkrankung essentiell. „Wer hier ist, hat den ersten Schritt schon geschafft“

Unter Psychosomatik versteht man eine ärztliche Psychotherapie als Reaktion auf körperliche Beschwerden, denen kein Befund zugeordnet werden konnte. Depressionen und Angst könnten zu Körperbelastungssymptomen führen, die nicht erklärbar sind, erklärt Thomas Unterbrink.

Hier setzt das Behandlungsmodell in seiner Abteilung an: Für einen beschränkten Zeitraum von zwischen vier und acht Wochen erfahren Patienten sich selbst außerhalb angestammter Beziehungs- und Verhaltensmuster. In Einzel- und Gruppentherapie lernen sie, ihrem Ich im Alltag mehr Raum zu geben und mit ihrer Krankheit umzugehen.

Die Gruppen zu sechs Personen – vor Corona waren es neun – seien für die Patienten wie eine große Familie oder eine kleine Gesellschaft, präzisiert der Arzt. Der Kontakt, der Austausch und die Gespräche würden vor allem bei einer Depression Betroffenen sehr gut tun, auch wenn es zu Beginn manchmal schwerfalle, sich zu öffnen und die anderen „auszuhalten“. Hinzu kommen Körper-, Musik- und Kunsttherapie, aber auch regelmäßige Bewegungsangebote wie etwa Nordic Walking.

Besonders während der zweiten Häfte des Behandlungszeitraums müssen sich die Patienten zudem intensiv damit auseinandersetzen, wie sie die positive Erfahrung auch zu Hause bewahren können.

Die Depression ist eine Krankheit mit vielen Gesichtern. Sie kann sich auch hinter körperlichen Beschwerden zeigen: Schmerzen im Bewegungsapparat, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit. Bei knapp der Hälfte der Patienten der Klinik für Psychosomatische Medizin ist eine Depression die Hauptdiagnose, insgesamt werden bei 80 Prozent der Patienten in der psychosomatischen Abteilung diese Diagnose gestellt, oft neben anderen Krankheitsbildern.

Um ihr zu Leibe zu rücken, ist das Verständnis im Umfeld des Betroffenen ganz zentral. Wenn der Arzt feststellt: „Eine Depression ist oft die Endstrecke einer anhaltenden Überbelastung“, dann schwingt da auch der Wunsch mit, die Familienangehörigen oder den Arbeitgeber zu sensibilisieren für die Leiden der Betroffenen. Der Satz: „Jetzt reiß dich mal zusammen“ wenn sich eine Person im nahen Umfeld auffallend betrübter Stimmung, antriebslos und freudlos zeigt, sei unangebracht, da er den Betroffenen noch zusätzlich verletzen kann. Stattdessen sei es wichtig, der Person seine Sorgen zu kommunizieren und sie darauf hinzuweisen, dass man eine Depression heute sehr wirksam behandeln kann. „Die Psychotherapie wirkt nachweislich“, betont der erfahrene Psychiater und Psychosomatiker, „wer herkommt, wird deutlich entlastet“.

Unterbrink sieht auch große Fortschritte. Viel habe sich bereits geändert in der Gesellschaft im Umgang mit Depressionen, stellt er fest. Betroffene seien heute schneller bereit, sich Hilfe zu suchen. In seine Klinik kommen Menschen aus allen Altersgruppen und aus allen sozialen Schichten.

2017 wurde das Angebot seiner Klinik um acht teilstationäre Behandlungsplätze ergänzt. Damit soll den besonderen Bedürfnissen von Menschen Rechnung getragen werden, die beispielsweise in ihrer Familie unabkömmlich sind. Für die Betroffenen sei dies anstrengend, es erfordere einige Anstrengung Therapie und Alltag unter einen Hut zu bringen, betont der Arzt. Doch dies sei beabsichtigt: Mehr als in einer psychiatrischen Klinik wird in der Psychosomatischen Klinik die aktive Mitwirkung der Patienten eingefordert. Wieder Verantwortung für sein eigenes Leben übernehmen zu können, ist das Ziel aller Anstrengungen.

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