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Kreis Lörrach Lockdown deckt Defizite auf

Michael Werndorff

Bildung: GEW-Vorsitzende über Lockdown und Fernunterricht / Erkennbare Konzepte fehlen

Kreis Lörrach - Quasi über Nacht wurden im März die Schulen coronabedingt geschlossen. Schüler, Eltern und Lehrer standen vor enormen Herausforderungen. Mit Onlineplattformen beziehungsweise Fernunterricht und Arbeitsblättern sollten sich die Schüler den Lernstoff aneignen. Eine Ifo-Studie zeigt nun, dass dies nur mangelhaft gelang. Kritik gibt es auch von der GEW im Landkreis Lörrach.

Anja Hanke, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Kreis Lörrach, will derweil mangels Erfahrungswerten keine generelle Kritik an den Maßnahmen und dem Vorgehen des Kultusministeriums formulieren, aber: „Vor allem zu Beginn haben Schulleitungen manchmal sehr kurzfristig oder aus der Presse von neuen Maßnahmen erfahren. Hier hätten sich viele zu Beginn eine direktere Kommunikation gewünscht.“ Das sei nun besser, erklärt die Gewerkschafterin gegenüber unserer Zeitung.

Basierend auf der Annahme, dass Kinder von Infektionen wenig betroffen sind, sei bald wieder der Präsenzunterricht im Grundschulbereich aufgenommen worden, berichtet Hanke. Offen sei die Frage geblieben, ob Kinder das Coronavirus trotzdem übertragen können. „Da fühlten sich viele Lehrkräfte verunsichert und auch alleine gelassen, denn es gab bis auf das Abstandsgebot keinerlei Schutz an den Schulen.“ Im Gegenteil. Schulen sei es verboten gewesen, eine Maskenpflicht einzuführen.

Lernbrücken

Die Lernbrücken, also der Nachhilfeunterricht für einzelne Schüler in den letzten beiden Wochen der Sommerferien, seien aus Sicht der GEW kein geeignetes Instrument, um Defizite aufzuarbeiten. „Aufwand und Wirkung stehen hier in keinem Verhältnis“, betont Hanke. Aus Sicht der Schulen wäre es besser gewesen, die Kinder mit zusätzlichen Angeboten während des kommenden Schuljahres zu fördern. Und: „Wir befürchten, dass die Kinder, die schon während des Fernlernens nicht zu motivieren waren, auch nicht an die Lernbrücken kommen werden.“

Licht und Schatten

Wie Hanke darlegt, gab es in der außergewöhnlichen Zeit des Lockdowns Licht und Schatten: „Manche Schulen waren gut vorbereitet – insbesondere jene, an denen Individualisierung schon vor Corona großgeschrieben wurde, verweist sie auf Gemeinschaftsschulen. „Hier gab es viele positive Rückmeldungen von Elternseite.

Gleichwohl gab es auch in Form von Briefen ein regelrechtes Lehrerbashing, das zum Teil von Unkenntnis der Sachlage geprägt war“, berichtet Hanke, welche die negativen Aspekte nicht unerwähnt lässt: Nach wie vor gebe es keine einheitliche Lernplattform. Demnach seien viele Lehrkräfte schlecht vorbereitet.

„Das Konzept des digitalen Lernens ist ein völlig anderes als das des Präsenzunterrichtes.“ So habe es teilweise gedauert, bis die Kollegen „fit“ im Umgang mit der Technik und mit der veränderten Unterrichtssituation gewesen seien. Laut der GEW-Vorsitzenden blieben viele Schulen auf sich gestellt. Gearbeitet wurde vor allem mit „Moodle“ und schuleigenen Plattformen wie „DiLer“, die teilweise aber erst aus dem Boden gestampft werden mussten.

Zentrale Plattform fehlt

Mittlerweile gibt es an den Schulen viele individuelle Konzepte. „Das kann man positiv sehen, da die Konzepte auf die Schule zugeschnitten sind, aber wir haben nun einen enormen Wildwuchs an den Schulen.“

Eigentlich wollte die Landesregierung bereits vergangenes Jahr eine zentrale Bildungsplattform („Ella“) einführen, die krachend schon in der Planungsphase gescheitert sei, moniert die GEW-Vorsitzende. „Solch eine zentrale Lösung wurde während des Lockdowns schmerzlich vermisst.“ Von solchen Bestrebungen höre man nun gar nichts mehr. Im Gegenteil. „Nachdem nun alle Schulen irgendwie selbst etwas auf die Beine gestellt haben, scheint man von einem zentralen Konzept weiter entfernt denn je.“

Im Falle eines erneuten Lockdowns gebe es bisher von Seiten des Kultusministeriums keine erkennbaren Konzepte oder Fortschritte bezüglich der Software, kritisiert Hanke. Kurzum: Der Lockdown habe der Digitalisierung definitiv einen Schub verliehen, aber auch die Versäumnisse der vergangenen Jahre aufgezeigt.

Stabiles Internet

Auf die Frage, wie Lehrer und Schüler mit der Ausnahmesituation umgegangen sind, verweist Hanke auf Rückmeldungen, die belegen, dass der Fernunterricht den Präsenzunterricht nicht ersetzen könne. „Er kann ihn allenfalls ergänzen.“ Längere Phasen des Fernlernens seien mühsam für alle.

Erschwerend komme hinzu, dass viele Schüler und Schulen nicht über die technischen Voraussetzungen zur Umsetzung des Fernlernens verfügen. Es mangele an stabilen Internetverbindungen und an Endgeräten. Diese seien aber Grundvoraussetzung für erfolgreichen Fernunterricht. „Wenn bei jeder Fernlernarbeit immer wieder Teilnehmer aus der Besprechung fallen, weil das Netz nicht hält, ist dies sehr mühsam.“ In Folge der Koronakrise sei die Schere zwischen Kindern, die es durch fehlende Ausstattung und Motivationsschwäche noch schwerer haben, und jenen mit viel Unterstützung von zu Hause noch weiter auseinander gegangen.

Für Handke ist klar, dass Schüler und Lehrer mit Endgeräten ausgestattet sein müssen, die den technischen Voraussetzungen entsprechen. „Man kann nicht erwarten, dass in allen Familien ausreichend PCs vorhanden sind.“

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