Kreis Lörrach Nöte von Kindern in den Fokus rücken

Michael Werndorff
In Deutschland leben heute schätzungsweise 2,65 Millionen Kinder mit alkoholkranken Eltern unter einem Dach. Foto:  

Eine Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien richtet sich an die Öffentlichkeit.

Die Aktionswoche, die in diesem Jahr vom 18. bis 24. Februar stattfindet, lenkt seit vielen Jahren die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Medien auf Kinder, die unter Suchtproblemen der Eltern leiden. In Deutschland leben heute schätzungsweise 2,65 Millionen Kinder mit alkoholkranken Eltern unter einem Dach. Noch einmal 40 000 bis 60 000 Kinder haben Eltern, die von illegalen Suchtmitteln abhängig sind. Fast jedes sechste Kind kommt aus einer Suchtfamilie. Kinder suchtkranker Eltern sind die größte bekannte Sucht-Risikogruppe. Ihr Risiko, als Erwachsene selbst suchtkrank zu werden, ist laut Experten im Vergleich zu Kindern aus nichtsüchtigen Familien bis zu sechsfach erhöht.

„Kisel“, ein Projekt für Kinder und Jugendliche suchtkranker Eltern von der Drogen- und Jugendberatungsstelle des Arbeitskreises Rauschmittel, lädt gemeinsam mit „Direct help, better future“ die Öffentlichkeit und Netzwerkpartner ins Lörracher Cineplex ein, um im Rahmen zweier Filmvorführungen auf das Problem aufmerksam zu machen.

Es bestünden zahlreiche Angebote für Suchtkranke, die Situation von Kindern sei aber lange Zeit ein weißer Fleck gewesen, berichtet Frank Meißner, Leiter der Drogen- und Jugendberatungsstelle im Landkreis Lörrach. Kurzum: „Kinder werden oft übersehen.“ Dass sie eine große Last tragen und bisweilen in die Rolle eines Elternteils rutschen, ließ Meißner im Rahmen eines Mediengesprächs nicht unerwähnt. So würden zum Beispiel Geschwister versorgt oder die Wäsche gewaschen, um den Schein nach außen zu wahren und keine Angriffsflächen für die Familie zu bieten. Oft würden die Kinder auch glauben, dass sie Schuld am elterlichen Verhalten trügen oder sich für das schämten, was bei ihnen zuhause passiert. Sie hätten Angst davor, über ihr häusliches Erleben zu sprechen, weil sie über ihre Eltern nicht schlecht reden wollen, weiß der Leiter. „Sie verhalten sich loyal und bleiben mit ihren Ängsten und Sorgen allein.“

Die diesjährige Kisel-Aktion am Donnerstag, 22. Februar, richtet sich einerseits an Fachkräfte und andererseits an die interessierte Öffentlichkeit. Über Kinofilme wollen die Akteure einen Einblick in die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen geben. Am Vormittag laden die Verantwortlichen alle Netzwerkpartner zur Filmvorstellung „Zoey“ ein. Der Film bietet laut Meißner einen ehrlichen und schonungslosen Einblick in die Lebenswelt betroffener Kinder. Die Veranstaltung startet um 10 Uhr. Der Vorstellung schließt sich ein fachlicher Austausch zum Thema Loyalitätskonflikte mit den Mitarbeitern des Kisel-Teams an. Über den gemeinsamen Austausch hinaus sollen Schritte der Kooperation besprochen werden.

Für die allgemeine Öffentlichkeit findet am Abend des 22. Februars die Vorstellung des Spielfilms „Die beste aller Welten“ statt. Gegen einen Kostenbeitrag von fünf Euro erhalten Interessierte hierbei die Möglichkeit, einen Einblick in die wahre Geschichte einer drogenabhängigen Mutter und ihres siebenjährigen Sohnes zu erhalten. Die Filmvorstellung startet um 17.45 Uhr. Im Anschluss besteht die Möglichkeit in den Räumen des Cineplex Lörrach bei einem Apéro mit dem Kisel-Team ins Gespräch zu kommen.

Für Meißner und sein Team steht eine gesunde Entwicklung von Kindern im Zentrum. Mit der Arbeit verfolgt Kisel das Ziel, frühzeitig einer psychischen Störung – einschließlich einer eigenen Suchterkrankung – der Kinder und Jugendlichen präventiv zu begegnen. Im Kern der Arbeit gehe es darum, Gefahren von den Kindern abzuwenden und Resilienzen zu stärken beziehungsweise aufzubauen, erklärt Meißner. Zusätzlich bietet Kisel Eltern und Bezugspersonen Beratung und Unterstützung an, damit sie ihrer Erziehungsverantwortung bestmöglich gerecht werden können.

Infos erhalten Interessierte unter www.drogenberatung-loerrach.de/kisel.

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