Kreis Lörrach Verhandlungen sind festgefahren

Michael Werndorff
Die Länder der Grenzregion pflegen einen engen wirtschaftlichen und sozialen Austausch. Allerdings gibt es auch Streitpunkte, was sich bei den Bilateralen Verträgen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union zeigt. Foto: Die Oberbadische

Dreiland: Politiker tauschen sich über europapolitische Themen aus / „Mehr Europa ist sinnvoll“

Kreis Lörrach - Das politisch und wirtschaftlich eng miteinander verwobene Dreiland haben die Regierungen in Bern, Paris und Berlin bisweilen zu wenig auf dem Radar. Das zeigt sich zum Beispiel beim Thema Sicherheit. Während mit den angrenzenden Schweizer Kantonen der kurze Dienstweg gepflegt werden kann, sorgt der Zentralismus in Frankreich für Herausforderungen.

Im Rahmen eines europapolitischen Fachgesprächs haben der CDU-Bundestagsabgeordnete Christian Natterer, der ehemalige Polizeipräsident Bernhard Rotzinger und Diana Stöcker, Vizepräsidentin des Districtrats des trinationalen Eurodistricts Basel, den Fokus auf das Dreiländereck gelegt. Auf der Agenda standen die Themen Verkehr, Energie, Sicherheit, Wirtschaft und Gesundheit.

„Die Corona-Pandemie hat Schwächen offengelegt und gemeinsame Strukturen erschüttert“, machte Stöcker deutlich. Nicht nur fehlte eine grenzüberschreitend funktionierende Corona-App, eine nicht vorhandene Institutionalisierung bei grenzüberschreitenden Rettungseinsätzen sei ebenfalls hinderlich, monierte die CDU-Bundestagskandidatin. Vieles sei nicht geregelt, weshalb Stöcker dringenden Handlungsbedarf sehe.

Die Rheinfelder Bürgermeisterin sprach sich zudem für gemeinsame Katastrophenübungen aus. Insgesamt müsse es in Zukunft anders laufen, denn Probleme wie die Corona-Pandemie könnten nur gemeinsam gelöst werden. Der Virus kenne weder Grenzen, noch das Prinzip der nationalstaatlichen Souveränität. Gerade in der Corona-Krise habe sich gezeigt, dass mehr Europa sinnvoll sei, zeigte sich der ehemalige CDU-Landtagskandidat Christof Nitz überzeugt.

Sprachbarriere ein Problem

Mit Blick auf den Arbeitsmarkt verwies Stöcker auf den Fachkräftemangel und das Ziel, grenzüberschreitende Berufskarrieren zu eröffnen. Indes scheitere dies oft an der Sprache. Deutsch-französische Schüleraustausche spielten daher eine wichtige Rolle. „Diskrepanzen werden oft beschrieben, allerdings hapert es an der Umsetzung.“

Das Finanzierungsinstrument Interreg habe viel erreicht, allerdings sei damit viel Bürokratie verbunden. Dass es mit den Bilateralen Verträgen zwischen der Schweiz und der EU bald zu einem positiven Abschluss kommen müsse, sei für das Dreiland enorm wichtig, richtete sich Stöcker an Natterer.

Der Nachrücker für den ehemaligen Abgeordneten Armin Schuster und jetzigen Präsidenten des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe ist Mitglied im Europa-Ausschuss des Bundestags. „Die Verhandlungen sind festgefahren“, konnte er keine frohe Botschaft verkünden.

Zum Thema Sicherheit gab der ehemalige Polizeipräsident Bernhard Rotzinger interessante Einblicke. „Wir pflegen eine gute trinationale Zusammenarbeit“, kommentierte er das Wirken der Polizeien im Dreiland. „In der Krise Köpfe kennen“, laute die Devise. Dies könne mit Frankreich bisweilen zum Problem werden, weil nicht nur alle drei Jahre Führungspersonal ausgetauscht werde, sondern wegen der zentralistischen Struktur längere Dienstwege eingehalten werden müssten. „Das macht die Zusammenarbeit mit unserem französischen Nachbarn schwierig.“

Organisierte Kriminalität

Das Dreiland mache es Kriminellen leicht, staatliche Strukturen auszuhebeln, weshalb sich Rotzinger dafür aussprach, polizeiliche Erkenntnisse europaweit zu bündeln. Und weiter: „Ich glaube, wir brauchen ein europäisches FBI“. Derzeit hätten die Behörden zu wenig Personal, um die organisierte Kriminalität wirkungsvoll bekämpfen zu können. Wie erfolgreich zum Beispiel ein „Joint Investigation Team“ mit der Schweiz und Frankreich sein könne, habe sich in den Jahren 2010 bis 2012 gezeigt, als im albanischen Drogenhandel-Milieu ermittelt wurde.

Wichtige Aufgaben stehen auch in Sachen Verkehr auf der Agenda, wie Natterer berichtete. Schwerpunkte seien der Ausbau der transeuropäischen Verkehrsachsen, verwies Natterer auf die Bahntrasse Karlsruhe Basel, die Hochrheinbahn und den Ausbau der A 98. Bei den Schienenprojekten sei man gut aufgestellt, indes sei Vorsicht geboten. Da Frankreich ein schnelleres Planungsrecht habe, könne die Ausweichstrecke auf französischer Seite schneller umgesetzt werden als die deutschen Abschnitte.

Wie groß die Herausforderungen in der Energiepolitik sind, verdeutlicht das Nichtzustandekommen des Pumpspeicherkraftwerks Atdorf. Im Zuge der Energiewende wird es so schnell nicht möglich sein, wegfallende Energieträger auf nationaler Ebene zu ersetzen, weshalb europäische Energiekooperationen eine wichtige Option darstellten. Die Kapazitäten für weitere Wasserkraftwerke am Oberrhein seinen jedenfalls ausgereizt, erklärte Natterer.

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