Kreis Lörrach Rosinen rar am Ausbildungsmarkt

Peter Ade
Händeringend suchen Handwerksbetriebe auch im Landkreis Lörrach Auszubildende. Für den Neustart ab 1. September gibt es noch große Chancen für Spätentschlossene. Foto: Peter Ade/Peter Ade

Das Rekordhoch bei der Nachfrage nach Arbeitskräften bereitet auch der regionalen Wirtschaft Sorge. Spätentschlossene haben große Chancen, einen Ausbildungsplatz zu ergattern.

Der Fachkräftemangel ist groß. Umso wichtiger sei es, Beschäftigte zu qualifizieren und junge Menschen für duale Ausbildungsberufe zu begeistern, erklärt Horst Eckert, Geschäftsführer der Arbeitsagentur Lörrach-Waldshut.

Auf dem Ausbildungsmarkt im Kreis Lörrach herrscht derzeit viel Bewegung. Wenige Wochen vor dem Beginn des neuen Ausbildungsjahres sind noch 826 Ausbildungsstellen unbesetzt, und 297 gemeldete Jugendliche haben noch keinen Ausbildungsvertrag in der Tasche.

„Für Unentschlossene und Spätentscheider sind die Chancen höher denn je, für den Ausbildungsstart im September doch noch eine Lehrstelle zu ergattern. Auf einen Ausbildungsplatzsuchenden kommen mehr als drei Ausbildungsstellen. Die Berufsberatung bietet kurzfristige Termine an und hilft nicht nur bei der Berufsorientierung, sondern kann auch bei bestehenden Ausbildungsverhältnissen Unterstützungsangebote machen“, erklärt Jenniefer Schmucker, operative Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit Lörrach.

Überall herrscht Mangel

„Azubis verzweifelt gesucht“ – egal ob im Büro oder auf dem Bau, in Gastronomie oder Pflege: Der fehlende Nachwuchs macht sich überall bemerkbar. Deswegen sollten Ausbildungen attraktiver werden. Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert beispielsweise ein besonderes Angebot für das Wohnen während der Lehre. Im Übrigen: Nach der Ausbildung sind Ausbildungsberufe keineswegs automatisch schlechter bezahlt als akademische Beschäftigung. „Wer im Handwerk anfängt, kann von Anfang an durchaus gutes Geld verdienen“, bestätigt Kreishandwerksmeister Martin Ranz.

„Die Suche gestaltet sich schwer. Wir müssen heute den jungen Leuten hinterherlaufen“, beklagt ein Zimmermeister aus dem Markgräflerland. Derzeit habe er eine Bewerbung auf dem Tisch liegen. „Früher haben wir uns die Rosinen unter den Bewerbern rauspicken können, jetzt bin ich über jede Anfrage froh“, so der Handwerker.

Berufe im Wandel

Die Berufe haben sich gewandelt. Neue Zeiten bringen neue Anforderungen und neue Aufgabenbereiche in traditionelle Gewerke ein. Die Ausbildungen werden um neue Inhalte ergänzt, doch viele Schulabgänger wissen das nicht. Auch ihre Eltern sind nicht über Veränderungen in den Berufsbranchen informiert. So kämpft beispielsweise das Handwerk gegen den Ruf der körperlich harten und schlecht bezahlten Arbeit.

Besonders betroffen von der drastischen Entwicklung der vergangenen Jahre sind vor allem kleine Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten. „Meist bewerben sich die wenigen vorhandenen Anwärter bei größeren, bekannten Unternehmen“, beklagt ein Sprecher der Handwerkskammer Südbaden auf Anfrage unserer Zeitung. Und: „Die kleinen Betriebe gehen dann leer aus.“

In zahlreichen Berufssparten fehlen Azubis, während immer mehr junge Menschen studieren und sich für Studiengänge entscheiden, denen es nicht an Absolventen mangelt. Doch tatsächlich gibt es auch im Dreiländereck weniger Bewerber für Ausbildungsplätze als freie Lehrstellen. So kommen im Schnitt auf 100 freie Ausbildungsplätze nur 55 Bewerber.

Handwerk ist krisensicher

Etwa 130 Berufe zählen zum Handwerk, dazu gehören auch Friseure und Optiker. Trotzdem gehört der Handwerksberuf nicht zur bevorzugten Ausbildung. „Das ist ein gesellschaftliches Thema. Dabei hat sich in der Corona-Krise gezeigt, dass das Handwerk ein krisensicherer Beruf ist“, unterstreicht Daniel P. Herkommer, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Lörrach.

In Gesprächen mit Stellensuchenden fällt vor allem auf, dass manche Bewerber unsicher sind. „Das ist schade, gerade weil der Bewerbermarkt gut aufgestellt und die Angst unbegründet sein muss“, so ein Vertreter der IHK, der auch empfiehlt: Die Jugendlichen müssen sich trauen, sich zu bewerben. Und die Unternehmen sollten schnell auf eine Bewerbung reagieren, um die Verunsicherung gering zu halten.“

Der Fachkräftemangel betrifft Unternehmen und Branchen in allen Teilen des Landes. Ursachen sind der demografische Wandel, eine steigende Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften wie auch eine sinkende Zahl junger Menschen, die sich für bestimmte Berufe entscheiden.

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