Kreis Lörrach Rückschlag für das Frauenhaus

Michael Werndorff
Annette Perschke und Carolin Throm vom Lörracher Frauenhaus freuen sich über das Engagement des Café Kirche. Der Kuchenverkauf spülte 600 Euro in die Kasse des Vereins „Frauen helfen Frauen“. Foto: Michael Werndorff

Aufstockung: Land lehnt Antrag auf Förderung ab / Plan B: Spenden sollen Immobilienkauf ermöglichen

Kreis Lörrach - Eine Eilentscheidung von Landrätin Marion Dammann sollte es ermöglichen: Die Schaffung zehn weiterer Plätze für das Lörracher Frauenhaus. Doch daraus wird vorerst nichts – der Antrag auf Erwerb und Umbau einer zweiten Immobilie im Rahmen des Bundesinvestitionsprogrammes „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ wurde abgelehnt.

Die Enttäuschung ist groß bei Annette Perschke und Carolin Throm vom Leitungsteam des Frauenhauses. Gestern ließen sie das Geschehen im Rahmen eines Pressegesprächs Revue passieren und kündigten an, weiter für die Aufstockung der Plätze im Frauenhaus zu kämpfen. Schließlich sei die Region weiterhin unterversorgt. Nun gehe es darum, über Spenden die Mittel für den Kauf einer Immobilie zu sammeln.

Zur Vorgeschichte: Angesichts des steigenden Bedarfs hatte der Trägerverein „Frauen helfen Frauen“ schon im Jahr 2020 einen Anlauf unternommen, die Zahl der Plätze in der Einrichtung von zwölf auf 24 zu verdoppeln. Er blitzte damit aber bei Kreistag und Verwaltung ab. Diese verwies auf die angespannte Finanzlage des Landkreises. Grünes Licht gab es lediglich für zwei zusätzliche Plätze, die bei einem Umbau des Frauenhauses entstehen. Dementsprechend fehlte dem Verein die befürwortende Stellungnahme des Kreises, den der Antrag auf Fördermittel vorsah.

Der Verein ließ derweil nicht locker und überzeugte die Kreispolitik. So stimmte der vorberatende Sozialausschuss im April weiteren zehn Plätzen zu, die in einer zweiten Immobilie geschaffen werden sollen. Die Fördermittel hätten dann in den Immobilienkauf und den Ausbau der Plätze fließen sollen.

Als das 30 Millionen Euro starke Förderprogramm für die Jahre 2020 bis 2023 vorgestellt wurde, handelte der Verein so schnell wie möglich, wie beim Pressegespräch zu erfahren war, denn auf das Land entfielen lediglich 3,7 Millionen Euro.

„Wir sind gescheitert, weil uns die Stellungnahme des Landkreises für die Folgekosten fehlte“, meinte Perschke. Gleichwohl sprach sie vor dem Hintergrund der Eilentscheidung auf Erweiterung der Plätze von einer guten Zusammenarbeit mit der Kreispolitik. Ärgerlich sei gewesen, dass anfangs nicht klar kommuniziert wurde, dass es seitens der Kreisverwaltung besagte Stellungnahme brauchte. „Diese Forderung wurde nachgereicht, und wir fühlten uns regelrecht überrannt. Zusätzlich erschwerten kurze Fristen die Situation“, berichtete Perschke. Zudem mangele es an Transparenz, monierten Perschke und Throm. Es sei nicht bekannt, welche Institutionen finanziell bedacht würden.

Zum Programm: Das Bundesinvestitionsprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ fördert die Schaffung von Frauenhausplätzen. Mit dem Bundesförderprogramm sollen Versorgungslücken geschlossen werden, indem neue räumliche Kapazitäten und innovative Wohnformen für Frauen geschaffen werden, die von Gewalt betroffen sind und gemeinsam mit ihren Kindern Schutz suchen. Das Bundesförderprogramm formuliert dabei folgende Ziele: Innovativer Ausbau der Einrichtung des Hilfesystems, Verbesserung der Erreichbarkeit und Zugänglichkeit des Hilfesystems, Erprobung von innovativen Schutz- und Unterstützungsmodellen sowie das Schließen der dringendsten Lücken des Schutz- und Hilfesystems. Die Landeskonzeption – die Länder sind verpflichtet, Projektanträge nach Erfüllung der Zielvorgaben und unter Berücksichtigung des Innovationsgrades zu bewerten – umfasst ebenfalls diese Ziele und hat diese noch erweitert um das Ziel „Schließen von weißen Flecken im Land“.

„Wir verstehen uns immer noch als einen weißen Fleck“, kommentierte Throm die Kriterien. Die Regio sei unterversorgt, eigentlich bräuchte es 59 Plätze.

Wie das Landratsamt erklärte, treffe die Entscheidung über die Priorisierung der Förderanfragen ein Fachbeirat auf Landesebene. In der Förderrunde für 2022 konnte das Projekt des Frauenhauses Lörrach leider nicht berücksichtigt werden, da unter anderem sehr innovative Projekte in bisher komplett unversorgten „weißen Flecken“ eingereicht wurden, heißt es weiter.

„Ob eine Förderung des Projektes im vergangenen Jahr hätte erfolgen können, kann nach Aussage des Landes nicht pauschal gesagt werden, da auch im Jahr 2020 eine Vielzahl von Kriterien Grundlage für die zu treffenden Entscheidungen waren“, schreibt die Behörde. Derweil ist Throm der Ansicht: „Die Wahrscheinlichkeit, die Fördermittel zu erhalten, wäre hoch gewesen, hätte der Kreistag dem Gesamtpaket damals zugestimmt.“

Plan B: Die Ablehnung des Antrags stellt für den Verein einen Rückschlag dar. Aufgeben sei aber keine Option, machten Perschke und Throm deutlich. Nun verfolge der Verein Plan B. Dieser sieht vor, Geld einzuwerben, um eine geeignete Immobilie zur Schaffung dringend benötigter weiterer Plätze erwerben zu können. „Wir müssen jetzt eine andere Finanzierung auf die Beine stellen“, so Throm, zum Beispiel über Spenden, die Aktion Mensch oder das Deutsche Hilfswerk, wobei es auch Eigenmittel brauche.

Das Geld einzuwerben sei mühselig und kräfteraubend, schließlich liefe dies neben der eigentlichen Arbeit für das Frauenhaus. „Aber wir bleiben dran, denn der Bedarf ist nach wie vor sehr groß“, verwies sie auf die hohe Zahl abgewiesener Frauen. Alleine im vergangenen Jahr konnten 87 Frauen und 105 Kinder nicht aufgenommen werden.

Umfrage

Was darf was kosten?

Der Vorschlag, dass Langzeitarbeitslose, die ein Jahr gearbeitet haben, eine 1000-Euro-Prämie bekommen sollen, ist umstritten. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading