Kreis Lörrach Schicksale bekommen ein Gesicht

Die Oberbadische
Historikerin Martina Voigt neben eine der Ausstellungstafeln, die Auskunft über das Schicksal von Fluchthelfern geben, die am Stacheldrahtzaun zur Schweiz Menschenleben retten wollten. Foto: Gottfried Driesch Foto: Die Oberbadische

Ausstellung: Im Landratsamt Lörrach geht es grenzüberschreitend um die „Endstation Grenzzaun“

Von Gottfried Driesch

Fluchthelfer gibt es nicht nur in unserer Zeit. Sie hat es auch während des „Dritten Reiches“ gegeben. Damals haben aufrichtige Deutsche jüdischen Mitbürgern zur Flucht in die Schweiz verholfen. Ein regelrechtes „Netzwerk“ zwischen Berlin und dem Dreiländereck verhalf in den Jahren 1942 bis 1944 mehreren Menschen zur Flucht.

Kreis Lörrach. Um dieses besondere Kapitel des Widerstands gegen das NS-Regime zu beleuchten, wurde jüngst die Ausstellung „Endstation Grenzzaun?“ im Landratsamt Lörrach eröffnet. In dieser Gemeinschaftsausstellung des Kreisarchivs Lörrach und der Dokumentationsstelle Riehen wird den Fluchthelfern und den Flüchtlingen gedacht.

Vor 75 Jahren wurde im Sommer 1942 durch jugendliche Mitglieder des Reichsarbeitsdienstes über Nacht der Stacheldrahtzaun zur Schweiz errichtet. Der Zweck des Grenzzaunes war eindeutig die Vereitelung der Flucht von Menschen in die Schweiz.

Es gab aber zwei Schwachstellen des Grenzzaunes. Die eine war die „Eiserne Hand“ südlich des heutigen Ortsteils Salzert im Wald von Lörrach. Die zweite durchlässige Stelle war der Bahndamm am Grenzacher Hörnle. Um die Züge durchzulassen, konnte der Zaun hier nicht geschlossen werden.

Zur Ausstellungseröffnung hielt die Historikerin Martina Voigt von der Gedenkstätte „Stille Helden“ in Berlin einen Vortrag. Zusammen mit dem Kurator Ulrich Tromm hat sie die Ausstellung maßgeblich gestaltet. Durch ihren Vortrag erhielten die Fluchthelfer Kurt und Margit Pieper sowie Margarethe Demme aus Berlin oder Adelheid Suger und Luzia Schaub aus Weil am Rhein sowie Xaver Beck, Zollgrenzwächter in Grenzach, ein Gesicht. Die Schicksale der jüdischen Mitbürger, des Ehepaars Grüneberger, von Georg Bier oder Maria Schelobizak, wurden bekannt gemacht. Nicht alle Fluchten gelangen. So wurde die Ehefrau Grüneberger im letzten Moment von Grenzsoldaten festgehalten und inhaftiert. An Heiligabend im Jahr 1942 nahm sie sich in ihrer Zelle das Leben.

Mitte 1943 ebbte die Fluchthilfe ab, weil sich die Fluchthelfer in Berlin zum größten Teil selber in die Schweiz abgesetzt hatten. Danach begann die Zeit der kommerziellen Fluchthilfe. Ab Anfang 1944 verhalf ein Berliner Ehepaar gegen Zahlung von 6000 Reichsmark je Person mehreren Menschen zu Flucht. Die Summe entsprach damals dem Jahreslohn eines Facharbeiters.

Im Juli 1944 muss ein Flüchtling der Gestapo in die Hände gefallen sein. Näheres ist nicht bekannt. Auffällig ist nur, dass am 7. und 10. Juli 1944 sechs Fluchthelfer verhaftet wurden. Neben dem Berliner Ehepaar drei Fluchthelferinnen aus Weil am Rhein und Xaver Beck in Grenzach. Im November 1944 zog der berüchtigte Volksgerichtshof die Verfahren an sich. Durch den vorrückenden Krieg auf Berlin ist es aber nicht mehr zu Verfahren gekommen. Alle Fluchthelfer haben den Krieg lebend überstanden.

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