Kreis Lörrach Schneller, besser, kostengünstiger

Michael Werndorff
Die Kreiskliniken befinden sich in einem Umstrukturierungsprozess. Foto: Michael Werndorff

Startschuss für die Neuausrichtung der Kreiskliniken Lörrach ist gefallen: Der Restrukturierungsplan zeigt Einsparpotenzial von 16 Millionen Euro auf.

Die Kliniken des Landkreises befinden sich in einer wirtschaftlichen Schieflage: Nach der Coronapandemie haben sich die Patientenzahlen nicht mehr erholt, darüber hinaus stellen die Abwanderung von Fachkräften und die finanzielle Mehrbelastung durch den Einsatz teurer Honorarkräfte ein enormes Problem dar. Das sagte der neue Kliniken-Geschäftsführer Udo Lavendel im Rahmen eines Pressegesprächs am Montag, bei dem die Eckpunkte der Restrukturierung vorgestellt wurden, für deren Umsetzung der Aufsichtsrat am Freitag grünes Licht gegeben hatte.

Startschuss gefallen

„Die Situation ist ernst, aber in den Griff zu bekommen“, machte Lavendel deutlich. Man habe aber keine Zeit zu verlieren, denn die Klinikgesellschaft könne nicht dauerhaft auf finanzielle Unterstützung des Landkreises bauen.

Nun ist der Startschuss zur Restrukturierung gefallen – der wirtschaftliche Effekt soll im Jahr 2024 voll zum Tragen kommen. Lavendel erwartet im Rahmen von 32 Teilprojekten Einsparungen von mindestens 16 Millionen Euro.

Ebenso wichtig wie eine schnelle Ergebnisverbesserung sei ihm, dass die Kreiskliniken jetzt vorwärts in eine sichere Zukunft marschieren. „Unsere mehr als 2000 Mitarbeiter brauchen eine klare Vision und eine Perspektive, damit sie uns langfristig erhalten bleiben.“ Zuletzt hatte es eine erhebliche Abwanderung von Fachkräften in den Kreiskliniken gegeben, führte Lavendel aus. Um die Dienstpläne dennoch besetzen zu können, musste verstärkt auf teures Fremdpersonal gesetzt werden. Im Mai verzeichneten die Kreiskliniken mit 130 Leiharbeiten einen bisherigen Höchststand. Im ärztlichen Bereich ist ein Leiharbeitern 3,6 Mal teurer als ein festangestellter Mediziner, im Pflegebereich 2,8 Mal teurer. In diesem Bereich bestehe der Hebel mit der größten Wirkung auf die Finanzen, wie weiter zu erfahren war. „Wir werden nur dann einen nachhaltigen Turnaround erreichen, wenn wir diesen Kostenblock deutlich reduzieren“, machte Lavendel deutlich. Allein über die Reduktion der Fremdpersonalkosten könne man rund 60 Prozent des Ergebnisverbesserungspotenzials erzielen.

Mitarbeiter halten

„Nun geht es darum, Mitarbeiter zu halten und die Strukturen so zu verdichten, dass wir bei voller Aufrechterhaltung unseres Leistungsangebots die Dienstpläne mit unseren festangestellten Beschäftigten besetzen können.“ Damit das möglich wird, sollen die Kliniken strukturelle Anpassungen vornehmen. „Wir haben den bereits vorliegenden Umstrukturierungsplan geprüft. Vieles in dieser Grobplanung ist zweckmäßig und wird jetzt von uns für die Umsetzung detailliert ausgearbeitet“, erläutert Lavendel.

Strukturen verdichten

Doppelvorhaltungen sollen laut Restrukturierungsplan kurzfristig reduziert und die Patientenversorgung verdichtet werden. Künftig will man, wo möglich, Eingriffe ambulant durchführen. Die Verweildauer, die im Vergleich zu anderen Kliniken hoch ist, soll zudem gesenkt werden.

Kürzungen gibt es auch bei der Bettenzahl, kündigte Lavendel an: Die Betten würden durch ein optimiertes Bettenmanagement besser ausgelastet. So sei über alle Standorte hinweg eine weitere Reduktion des Bedarfs um 40 bis 50 Betten möglich.

Nur noch drei Standorte

„Der Aufsichtsrat hatte bereits Ende vergangenen Jahres beschlossen, sich bei der akut-somatischen Patientenversorgung künftig auf drei Standorte zu konzentrieren“, erinnerte Lavendel. Dieser Schritt sei richtig und wichtig, denn um das derzeitige Patientenaufkommen unterzubringen, reichten die Bettenkapazitäten an drei Standorten aus. „Eine eigens für diese Strukturmaßnahme einberufene Sonderkommission überprüft derzeit in einem Sprint-Vorgehen alle denkbaren Umzugsszenarien und wird bis Mitte August dem Aufsichtsrat einen Entscheidungsvorschlag für die wirtschaftlich tragfähigste Struktur vorlegen.“ Erst dann wird es laut Geschäftsführer Klarheit darüber geben, in welcher Form die Umzüge stattfinden werden.

Dass die Prüfung Sinn mache und nochmals alle Schnittstellen betrachtet würden, betonte Landrätin Marion Dammann. Sie erklärte, dass sich Kreistag und Aufsichtsrat der Kliniken zuversichtlich zeigten, denn konkrete Maßnahmen und Zeitplan lägen jetzt vor. „Es reicht nicht aus, nur an kleinen Stellschrauben zu drehen“, kommentierte sie den ambitionierten Restrukturierungsplan. „Gerade jetzt ist es wichtig, dass wir Zusammenhalt und konsequentes Handeln im Landkreis zeigen.“ Dass der Kreistag jetzt einstimmig zusätzliche finanzielle Unterstützung für das laufende Jahr und den Start des Restrukturierungsprogramms beschlossen habe, sei ein klares Signal dafür, dass man geschlossen hinter dem Geschäftsführer und seinem Team stehe.

Flankierend ist eine Reihe von Sofortmaßnahmen vorgesehen, wie weiter zu erfahren war. So soll ein standortübergreifendes Ressourcenmanagement etabliert werden, das Betten- und OP-Kapazitäten umfasst. Und auch im nicht-medizinischen Bereich wollen die Verantwortlichen die Prozesse angehen. Das betrifft alle administrativen Verwaltungsbereiche, unter anderem das Medizin-Controlling inklusive der Codierung und Abrechnung sowie den Einkauf. Ein Fokus liegt dabei auf den medizinischen Sachkosten, beim Personalbereich und der IT. „Es wird erhebliche Veränderungen geben. Für sanfte Korrekturen und ein schrittweises Vorgehen bleibt keine Zeit“, sagte Lavendel.

Unterstützung anbieten

Und weiter: „Wir brauchen jeden Einzelnen und werden mit allen, die vielleicht künftig an einem anderen Standort arbeiten werden, persönlich sprechen, Unterstützung anbieten und individuelle Lösungen finden“, wandte er sich an die Belegschaft. Zustimmung und Hoffnung äußerten die Pflegemanagerin Dubravka Kavur und Betriebsratsvorsitzende Katharina Merkofer. Letztere freute sich, dass es wieder eine Mitarbeiterbefragung geben soll. Zudem kündigte Lavendel an, die Mitarbeiter regelmäßig über die neuesten Entwicklungen zu informieren.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading