Kreis Lörrach Schopfheim ohne Barrieren

Die Oberbadische

Barrierefreiheit: Behindertenbeirat mit optimistischem Motto

Das freundliche Stadtzentrum von Schopfheim ist bereits am Morgen belebt, vor Öffnung der Geschäfte wuselt es auf dem Markt und und den hinführenden Straßen. In dieser Stunde sind es nur wenige Personen mit Einschränkungen, die vorbei eilen, doch sobald Geschäfte und Rathaus geöffnet sind, gehören auch Rollatoren, Rollstühle und Kinderwagen zum Straßenbild.

Von Rolf Reißmann

Schopfheim. Jetzt wird deutlich, wo die Hemmschwellen im wörtlichen Sinne liegen, zum Beispiel an der Bushaltestelle am Brunnen. Nicht immer kann der Bus gerade anfahren, so dass er glatt an der Kante steht, dann klafft eine Spalte zwischen Bordkante und Einstieg, wenige Zentimeter können mit dem Rollator fast unüberwindlich werden. Sicherlich bemühten sich die Gestalter des Marktplatzes um ein schönes Bild, fiel wohl hier und da die Zweckmäßigkeit der Ästhetik zum Opfer. Die Pflastersteine auf dem Podest am Brunnen sind solch ein Beispiel, für Gehilfen oder Rollstühle schlecht geeignet.

Der Behindertenbeirat der Stadt findet viele Zustände und Themen, bei deren Verbesserung er Anstöße und Hilfe geben kann. Oliver Kröning steht dem erst vor etwa einem Jahr gewählten Beirat vor. Mit 47 Jahren ist er jung genug, um frischen Wind in die Behindertenarbeit zu bringen. Selbst durch eine Krankheit etwas eingeschränkt, steht der Familienvater aber dennoch so fest im Alltagsleben, dass er vieles komplexer sieht, als seine älteren Vorgänger.

„Leider gibt es nur wenige genaue Angaben über Einwohner mit Einschränkungen, das erschwert uns derzeit noch an manchen Stellen die zielgerichtete Arbeit“, beschreibt er. „Ich verstehe schon, dass manche nicht gerne über ihre Behinderung reden, aber ohne genaue Formulierung der Bedürfnisse und Hinweis auf Mängel, können wir eben auch nur unzureichend Veränderungen auf den Weg bringen.“ Es sei schwer, Kontakt zu den Betroffenen zu finden.

Die gute Zusammenarbeit mit dem Stadtseniorenrat hilft dabei, eben so regelmäßige Kontakte zur IG Velo und zum Arbeitskreis Innenstadt. Oftmals seien es nur Kleinigkeiten, die verändert werden müssten, jedoch summierten sich solche kleinen Hindernisse für Betroffene zu einem wahren Hindernislauf.

Das im Vojahr eingerichtete barrierefreie Kino ist beliebt, derzeit kommen bis zu 20 Zuschauer in die Sozialstation. Sehr erfreut ist Kröning über die gute Zusammenarbeit mit Bürgermeister Dirk Harscher, ebenfalls erst seit Jahresanfang im Amt. Alle drei Monate treffen sie sich. Dennoch müsse die gesamte Verwaltung den Blick auf Einwohner mit Einschränkungen bei der gesamten Arbeit stärker berücksichtigen. So war er ziemlich unzufrieden darüber, dass er von der Verkehrsschau erst aus der Zeitung erfuhr, dabei sei doch gerade bei diesem Thema die beratende Funktion des Behindertenbeirats unverzichtbar.

Oliver Krönings Anliegen ist es, bei allen, die Entscheidungen für das städtische Leben vorbereiten oder beschließen, den Beirat als Ratgeber und Helfer fest zu verankern.

Der Beirat muss aber auch von sich aus aktiv werden. Früher sei es nicht immer so gewesen, da hätte wohl der Behindertenbeirat mehr darauf gewartet, bis er gefragt würde. Als Beispiel für rechtzeitige Mitarbeit nennt er den neuen Schulcampus. Frühzeitig kam der Beirat mit den Architekten ins Gespräch und siehe da, schnell fand sich ein sehr praktischer Hinweis. Das aus Österreich stammende Architektenbüro plante mit den dort geltenden Normen für behindertengerechte Zuwege, doch in Deutschland sind sie eben etwas anders. So konnten rechtzeitig die notwendigen Korrekturen für Rampen und Toiletten eingearbeitet werden.

Auch für die Stadt zählt Oliver Kröning etliche Erfordernisse auf. Da sind zum Beispiel die Fußgängerwege am Kreisverkehr in der Hebelstraße. Schön sollten sie aussehen, deswegen wurden die Querungshilfen in der Fahrbahnmitte gepflastert. Doch die bis zwölf Zentimeter hohen Wölbungen erweisen sich für Rollatoren nahezu unbenutzbar, nun gehen Passanten mit Gehhilfen daneben über die Straße.

„Alle unsere Einwohner mit Einschränkungen sollten etwas aktiver ihre Ansprüche vertreten, diese sind doch überwiegend berechtigt und sollten klar formuliert werden,“ meinte Kröger. Vielfach verursache es kaum Mehrkosten, wenn Bauprojekte durchdacht für diesen Personenkreis ausgestattet werden. Und noch einen Aspekt bringt er ein: Behindertengerechte Anlagen fördern den Tourismus. Wenn Gäste wissen, dass sie in Schopfheim günstige Bedingungen finden, kommen sie auch gern. So könnte das Freibad für diesen Zweck besser ausgestattet werden und wenn Sitzbänke repariert oder neu aufgestellt werden, sollten die Bedürfnisse von weniger mobilen Passanten mit bedacht werden. Der Behindertenbeirat wird sich schon nachdrücklich zu Wort melden.

„Behinderung“ lautet das Schwerpunktthema der Aktion „Leser helfen Not leidenden Menschen“ in diesem Jahr. Neben der Unterstützung von Einrichtungen und Projekten für „Menschen mit Behinderung“ geht es auch darum, mit redaktionellen Beiträgen und Reportagen die Themen Behinderung und Inklusion ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu tragen.

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