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Kreis Lörrach Schulabgänger oftmals orientierungslos

Michael Werndorff
In einigen Handwerksberufen werden noch Azubis gesucht. Foto: pixabay/pixabay

Im Agenturbezirk Lörrach gibt es zum 12. Mal in Folge mehr Ausbildungsstellen als Bewerber.

Bei Kreishandwerksmeister Martin Ranz schrillen die Alarmglocken: Manche Berufsbilder drohen auszusterben, weil sie keine Nachwuchskräfte anziehen: Dieses Jahr würde sich nur ein Azubi zum Raumausstatter ausbilden. Und den Beruf des Glasers wolle niemand erlernen. Dabei brauche man das Gewerk unbedingt. Und: „Wir brauchen Leute, die Betriebe übernehmen oder gründen“, sagte Ranz im Rahmen der diesjährigen Ausbildungsmarktkonferenz.

Die Chancen auf eine Ausbildungsstelle sind sehr gut. Für Unternehmen ist die Situation dafür weiterhin angespannt, lautete die Botschaft der Agentur für Arbeit im Rahmen eines Pressegesprächs. 58 Bewerber seien derzeit noch auf der Suche, während rund 500 Ausbildungsstellen unbesetzt seien, sagte Horst Eckert, Leiter der Lörracher Arbeitsagentur am Donnerstag vor Medienvertretern.

Weniger Bewerber

Im Agenturbezirk Lörrach gab es zum 12. Mal in Folge mehr Ausbildungsstellen als Bewerber, dabei ist in diesem Jahr die Bewerber-Stellen-Relation mit 62 Bewerbern auf 100 Ausbildungsstellen wieder etwas günstiger als im Vorjahr, wie weiter zu erfahren war. „Mit 3069 gemeldeten Ausbildungsverträgen liegen wir mit 270 Ausbildungsstellen unter dem Niveau des Vorjahres, aber im Mittel der vergangenen Jahre“, erklärte Eckert. Der Bestand des vergangenen Jahres sei wegen Corona-Nachholeffekten besonders hoch gewesen, kommentierte er die Vergleichszahlen. Leicht unter dem Vorjahr (minus zwölf) liege man auch mit den Bewerbern (1895).

Schon vor der Pandemie hatte das Interesse der Jugendlichen, direkt nach Abschluss der allgemeinbildenden Schule eine Ausbildung zu starten, abgenommen. So sei ein verzögerter Einstieg ins Berufsleben zu beobachten – das Durchschnittsalter der Azubis liegt laut Eckert bei 20 Jahren. Ein Überangebot an Informationen überfordere zunehmend und fördere Tatenlosigkeit sowie abwartendes Verhalten, erklärte der Agentur-Chef. Kurzum: „Vielen Schulabgängern fällt es schwer, eine Entscheidung zu treffen.“ Die Anzahl der unversorgten Bewerber sei seit Jahren ähnlich hoch und liege zwischen zwei und dreieinhalb Prozent. Die Zahl der unbesetzten Stellen stieg in den vergangenen Jahren sprunghaft an und liegt derzeit bei 18 Prozent. Besonders das Baugewerbe, Hotellerie und Gastronomie sowie Berufe in der Lebensmittelbranche leiden unter akutem Nachwuchskräftemangel. Immerhin: Zwei Drittel der gemeldeten Bewerber haben in diesem Jahr eine Ausbildungsstelle gefunden, jeder sechste geht weiter zur Schule.

Beliebte Berufe

Bei den beliebtesten Ausbildungsberufen gibt es kaum Veränderungen: Hoch im Kurs bei den Bewerbern stehen unter anderem Verkäufer, Kfz-Mechatroniker und Kaufmann für Büromanagement. Bei der Berufswahl ist Kompromissbereitschaft gefragt – so kommen zum Beispiel auf eine Ausbildung zum Softwareentwickler im Schnitt 382 Bewerbungen auf 100 Stellen.

Banken im Hintertreffen

Die Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee meldete zum Stichtag am 30. Oktober insgesamt 1417 eingegangenen Ausbildungsverträge. Davon entfallen 422 Verträge auf den Bereich Handel. „Wirklich schlecht“, so Alexandra Thoß Leiterin Ausbildung IHK Hochrhein-Bodensee, laufe es bei den Bankberufen mit 63 neuen Verträgen, kommentierte sie den Strukturwandel im Bankensektor. Wegen eines Cyberangriffs konnte Thoß aber keine Vergleichszahlen zu 2022 liefern.

Für das Handwerk zeigte sich Ranz mit 394 neuen Azubis recht zufrieden. Im Bausektor seien es sechs weniger, was verkraftbar sei.

Derweil verbucht die Handwerkskammer Freiburg, deren Bezirk von der Ortenau bis nach Lörrach reicht, bei neuen Verträgen ein Plus von 3,2 Prozent. Geschäftsleitungsmitglied Handirk von Ungern-Sternberg berichtete, dass der Anteil der ausländischen Nachwuchskräfte steige. Das bestätigte Thoß: Insgesamt 20 Prozent der bei der IHK registrierten Azubis seien Ausländer, zehn Prozent hätten einen Fluchthintergrund.

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