Ja. Die Evangelische Landeskirche Baden und das Erzbistum Freiburg weichen mit dieser Sicht von der Haltung der Kirchen in anderen Bundesländern wie Berlin, Thüringen oder Sachsen ab. Dort orientieren sich die Regeln für Weihnachtsgottesdienste an den Corona-Verordnungen der jeweiligen Bundesländer. Das heißt, dass Ungeimpfte entweder ganz ausgeschlossen sind oder einen Testnachweis vorlegen müssen.
Frage: Welche Rückmeldungen erhalten Sie von den Menschen in Ihrer Kirchengemeinde? Ist die Sehnsucht nach Gemeinschaft groß oder scheuen sich viele eher vor dem Kirchgang, aus Angst davor, sich mit Covid-19 anzustecken?
Die Sehnsucht nach Gemeinschaft und generell nach Normalität ist definitiv da. Gerade bei Senioren ist der Bedarf groß. Viele Weihnachtsgottesdienste sind bereits ausgebucht, und auch ein Konzert zur Adventszeit bei uns in der Christuskirche war ausgebucht. Dort ist eine Frau sogar wieder gegangen, weil ihr die ausgewählten Advents- und Weihnachtslieder nicht fröhlich genug waren und sie sich von dem Konzert noch mehr Ermutigung erwartet hat. Es ist da auch eine Möglichkeit der Kirche, zu zeigen, dass es im Leben auch noch andere Aspekte gibt als 2G oder 3G. Mitunter muss man bei Veranstaltungen auch einmal nach anderen Lösungen suchen.
Frage: Wie können diese aussehen?
Wir haben dieses Jahr etwa das traditionelle Musical der Christuskirche mit 50 Kindern vorbereitet. Da haben sich Kinder wie Eltern sehr darüber gefreut, dass endlich wieder etwas gemeinsam auf die Beine gestellt wurde. Schlussendlich mussten wir das Musical aufgrund der sich verschärfenden Situation dann doch absagen. Aber bei den Krippenspielen etwa wird es dieses Jahr so sein, dass vieles im Freien stattfindet und damit auch für alle Menschen zugänglich ist.
Frage: Wenn jemand dieses Jahr an Weihnachten partout nicht in die Kirche gehen will, aber dennoch Kraft aus dem Glauben schöpft: Welche Möglichkeiten gibt es, sich für zuhause ein wenig Zuversicht und Wärme zu verschaffen?
Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, auch für Menschen, die nicht im Internet unterwegs sind. Eine Telefonandacht etwa mit Weihnachtsmusik und geistlichen Impulsen etwa. Im Netz gibt es die Initiative „24 X – Weihnachten neu erleben“, die sich schon im vergangenen Jahr gegründet hat und unter anderem Online-Videos anbietet. Im Kirchenbezirk Markgräflerland wird an Heiligabend ab 15 Uhr ein Sofa-Gottesdienst angeboten. Zu guter Letzt gibt es natürlich für jeden Menschen die Möglichkeit, sich zu sagen: Ich bin selbst Christ und brauche keinen Pfarrer. Da kann jeder seine Bibel oder sein Gesangbuch mit Weihnachtsliedern zur Hand nehmen.
Frage: Noch einmal zurück zur Grundstimmung. Im vergangenen Jahr wurden kurz vor Weihnachten die ersten Impfstoffe zugelassen, es herrschte trotz der Kontaktbeschränkungen doch bei vielen die Zuversicht: Im nächsten Jahr wird es wieder besser, sprich: normaler. Welche Stimmung erleben Sie dieses Jahr im Gespräch mit den Menschen?
Die Einsamkeit ist für viele Menschen ein wesentlicher Faktor. Viele unserer Kirchengemeindemitglieder haben ihre Familie nicht vor Ort. Da spielt die Dankbarkeit für funktionierende Beziehungen eine große Rolle. So haben etwa unsere regelmäßigen Angebote wie etwa die verschiedenen Gruppen und Kreise eine große Bedeutung gewonnen, da diese für manche auch wie eine Familie sind.
Frage: Als Pfarrer herrscht bei Ihnen in der Advents- und Weihnachtszeit Hochsaison. Welche Möglichkeiten nutzen Sie selbst, um einfach einmal für sich zu sein?
Es ist durchaus so, dass auch ich die derzeitige Situation als harte Zeit und als ziemlich stressig erlebe. Denn für uns Pfarrer bedeutet die Corona-Lage, dass wir uns vielmehr mit den Begleitumständen einer Predigt beschäftigen müssen als nur mit deren Inhalt. Da spielt für mich die Stille eine große Rolle. Ich schaffe mir immer wieder Zeitfenster für das Beten, in denen ich den ganzen Trubel aussperre.
Frage: Und wie feiern Sie selbst Weihnachten?
Mit meiner Familie. Das tut mir einfach gut. An Heiligabend halte ich einen Gottesdienst ab, aber am 25. Dezember habe ich dann frei und freue mich auf die Zeit gemeinsam mit meiner Frau und meinen fünf Kindern.
Weitere Informationen: Die Telefonandacht des Missionswerks Karlsruhe ist unter 0180 / 11 777 11 zu erreichen. Näheres zu den Gottesdiensten und kirchlichen Angeboten im Internet unter www.christus-kirche.org.
teilt sich mit seiner Frau die Pfarrstelle an der Christuskirche in Lörrach und ist Stellvertreter von Dekanin Bärbel Schäfer. Er stammt aus Nordrhein-Westfalen, ist Vater von fünf Kindern und treibt in seiner Freizeit gerne Sport wie etwa Langlaufen.