Kreis Lörrach Tödlicher Leichtsinn

Alexandra Günzschel
 Foto: Von Michael Werndorff

Gefahr: Unglücke an Bahnanlagen sind keine Seltenheit

Von Alexandra Günzschel

Kreis Lörrach. Fast ein Jahr ist es her, als eine 86-jährige Frau an einem Bahnübergang in Schopfheim von einem Zug erfasst und getötet wurde. Die Seniorin überquerte die Schienen bei geschlossenen Halbschranken. Den einfahrenden Zug, der durch akustische Signale auf sich aufmerksam machte, hat sie offenbar nicht bemerkt. Eine Notbremsung konnte ihn nicht mehr rechtzeitig stoppen. Die Fußgängerin starb noch am Unfallort.

Unglücke wie dieses sind kein Einzelfall. Auch wenn es Ende November gerade noch einmal gut ging, als ein 16-Jähriger trotz Rotlicht und geschlossener Schranke den Bahnübergang zwischen der Zeppelinstraße und Basler Straße überquerte. Dabei wurde er von der Polizei beobachtet. Nun erwartet ihn ein Bußgeld in Höhe von 350 Euro.

„Die Gefahren, die beim Betreten von Gleis- und Bahnanlagen sowie Bahnübergängen bestehen, werden zumeist unterschätzt“, spricht die Bundespolizei aus Erfahrung. Leichtsinn, Unaufmerksamkeit und Unkenntnis seien die Ursachen. Kommt es dann zu Unfällen, endeten diese zumeist mit schwersten Verletzungen oder sogar tödlich.

Gefahr nicht unterschätzen

„Züge haben einen langen Bremsweg und nähern sich fast lautlos“, warnt die Bundespolizei. Bahnübergänge sind deshalb mit dem Andreaskreuz gekennzeichnet, das anzeigt, dass der Zug hier immer Vorrang hat – auch an Fuß-, Feld- oder Radwegen.

Sobald an einem Bahnübergang das Lichtzeichen rot blinkt oder rot leuchtet, ist das überqueren untersagt – auch wenn die Schranke noch nicht geschlossen ist. Bereits bei gelben Blinklicht sollte gewartet werden, so die Polizei. Geschlossene Schranken dürfen nie umfahren oder umgangen werden.

An unbeschrankten Bahnübergängen gilt es, sich nach beiden Seiten zu vergewissern, dass kein Zug kommt. Sollte er auch nur am Horizont zu erkennen sein, empfiehlt es sich, die Gleise nicht zu betreten. Ein Zug, der sich mit 160 Stundenkilometern nähert, benötigt für eine Strecke von 100 Metern gerade einmal 2,25 Sekunden, betont die Bundespolizei.

Eingriff in Bahnverkehr

Muss ein Zug eine Schnellbremsung einleiten, weil zum Beispiel Personen die Gleisanlagen als Fotomotiv nutzen, besteht der Verdacht einer Straftat: gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr. Dies könne eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder eine Geldstrafe nach sich ziehen.

So erging es im Oktober zwei 82-jährigen Wanderern, die ihren Weg auf den Gleisen der Gartenbahn in Weil am Rhein fortsetzten, weil der Wanderweg dort geendet haben soll. Eine S-Bahn musste eine Schnellbremsung durchführen. Durch die Bundespolizei wurde ein Strafverfahren eingeleitet.

Eine weitere Gefahr besteht durch den elektrischen Strom in den Oberleitungen. Bereits die Nähe genügt für einen Stromschlag. Aus Abenteuerlust, Unwissenheit oder Leichtsinn auf einen abgestellten Güterwagen zu klettern, endet daher fast immer mit schwersten oder tödlichen Verletzungen.

Im Landkreis Lörrach haben sich in den vergangenen Jahren nur vereinzelt Unfälle im Zusammenhang mit dem Bahnverkehr ereignet, die Suizide nicht mitgerechnet. Doch diese endeten fast ausschließlich tödlich.

Was sagt die SBB

Auch der SBB ist das Problem sehr gut bekannt, wie eine Anfrage ergab. „Die von Ihnen geschilderten Fälle sind leider mehrmals täglich auf unseren beiden Strecken der S5 und S6 der trinationalen S-Bahn Basel zu verzeichnen“, erklärt Daniel König, Leiter Markt der SBB GmbH Deutschland. Unerlaubte Gleisüberschreitungen gibt es ihm zufolge zumeist an Bahnübergängen in der Nähe von Bahnhöfen oder Schulen beziehungsweise anderen belebten Orten – sowie an unbeschrankten Übergängen.

„In Schopfheim haben wir den Fall, dass ein Trampelpfad vielen Reisenden tagtäglich den unerlaubten Weg vom Bahnsteig Gleis 2/3 auf den Bahnübergang am alten Stellwerk weist. Unfälle, meist mit Todesfolge, kommen daher leider immer wieder vor. Für unsere Mitarbeiter sind dabei auch die vielen Beinaheunfälle äußerst belastend, die oftmals nur mit einem Achtungspfiff und der Einleitung einer Schnellbremsung abzuwehren sind“, sagt König.

Was wird getan

„Wir als SBB GmbH zeigen in Gesprächen mit der Deutschen Bahn als Infrastrukturbetreiberin, der Bundespolizei und der Politik diese Gefahren regelmäßig auf und fordern beispielsweise seit Jahren die Schließung des Trampelpfads am Bahnhof Schopfheim“, erklärt König.

Auch beschäftigt die SBB auf eigene Kosten einen Präventionsbeauftragten, der regelmäßig an Schulen über die Gefahren im Bereich des Bahnverkehrs aufklärt.

Um insbesondere Schüler für die Gefahren des Bahnverkehrs und das richtige Verhalten an Bahnanlagen zu sensibilisieren, engagiert sich die Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein bereits seit mehreren Jahren im Projekt „Faires Fahr´n mit Bus und Bahn“ (kurz FFiBB) des Landkreises Lörrach, wie seitens der Bundespolizei mitgeteilt wird. An vielen Schulen im Landkreis finden im Rahmen dieses Projekts Unterrichtsstunden statt.

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